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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Aber die ist ja sicher physikalisch nicht auf dem laufenden. Vielleicht etwas ganz Neues, noch geheim.“
    Monika Baatz hob ruckartig den Kopf. „Weißt du, was du da gesagt hast?“
    Der Chefarzt sah sie verständnislos an. Es dauerte eine ganze Weile, bis er ihren Anruf verarbeitet hatte. „Spionage?“ Er lachte ironisch. „Der Spion vergiftet eine halbe Stadt, um einen Mann im Schlaf belauschen zu können – das ist doch Unsinn!“
    „Mag es Unsinn sein. Trotzdem müssen wir die Möglichkeit ausschließen. Aber du hast über etwas anderes nachgedacht?“
    „Ja. Vielleicht haben wir uns bei dem Ragulin-Effekt verhört. Nur ein Buchstabe falsch, schon antwortete die Anlage negativ. Hören wir uns doch noch mal das Original an, ohne Korrekturgerät.“ Sie ließen die betreffende Stelle ein paarmal laufen.
    „Das A ist ganz klar, das U auch, und ebenso LIN“, sagte Monika Baatz.
    „Scheint mir auch so“, stimmte der Chefarzt zu. „Man müßte nach einem -a-ulin-Effekt fragen, aber dazu braucht man schon Spezialkenntnisse. Ich werde unseren Bibliothekar beauftragen.“
    Während der Chefarzt die Bibliothek anrief, sah Monika Baatz durch das Fenster auf den parkähnlichen Hof des Kreiskrankenhauses. Die Hülle der Traglufthalle vibrierte im Wind. Wenn es noch heute möglich wäre, eine Infektion auszuschließen, könnte man die in Quarantäne genommenen Personen entlassen. Sicherlich würde das die Leute beruhigen – auch über das Los ihrer kranken Angehörigen. Ein bißchen wenigstens. Sie selbst freilich war alles andere als beruhigt. Medizinisch waren sie noch keinen Fußbreit weitergekommen.
    „Geht in Ordnung“, sagte der Chefarzt. „In fünf Minuten haben wir Antwort.“
    „Na schön“, sagte Monika Baatz. „Wir teilen uns jetzt die Arbeit, und zwar folgendermaßen: Ich werde mit dem Direktor des Kernkraftwerks sprechen, ob es dort etwas zu spionieren gibt. Du hast doch einen Chiffriervorsatz für dein Video?“
    „Ja, im Safe.“
    „Gib es mir heraus, bevor du gehst. Ich möchte dich nämlich bitten, von einem anderen Video aus den Genossen Lehmann zu suchen. Er möchte sofort hierherkommen.“
    „Den Umweltschützer?“ fragte der Chefarzt.
    Monika Baatz gefiel der Ton nicht, in dem er das sagte. „Ja, den Umweltschützer. Dein alter Fehler – der Mensch fängt für dich beim Arzt an.“
    „Ja, ja, schon gut“, meinte der Chefarzt verdrossen.
    „Nein, nicht gut“, widersprach Monika. „Immerhin verdanken wir ihm die Entdeckung mit der Milch. Und immerhin ist“ – sie blickte auf die Uhr – „seit zweieinhalb Stunden kein Kranker mehr eingeliefert worden, und alle heute früh Eingelieferten schlafen bereits seit gestern abend. Das ist weit mehr, als wir Ärzte bisher erreicht haben.“
    „Also gut, es ist mein alter Fehler. Ich sehe es ein. Weiter.“
    Monika Baatz lächelte. Seine Überheblichkeit war einer der Gründe gewesen, die sie seinerzeit auseinandergebracht hatten. Und Monika hatte nie so deutlich gespürt wie jetzt, daß es nichts mehr gab, was sie an diesen Mann band, daß alle Erinnerungen kraftlos waren wie die Fotos in einem fremden Familienalbum.
    „Genosse Lehmann soll den Oberleutnant mitbringen“, sagte sie, „und auch den Physiker, wie heißt er? Amwald, Leif Amwald.“
    Es polterte in der Ecke des Zimmers. Der Chefarzt holte die Rohrpostpatrone und entnahm ihr einen Zettel. „Matulin-Effekt“, las er vor. „Hyperfeinaufspaltung des Wechselwirkungsspektrums im Quarktriplett. Das dürfte es wohl kaum sein.“ Er blickte sie schräg an. „Wenn du mich auch für einen bornierten Mediziner hältst, soviel weiß ich doch von der Physik, daß diese Quarks nichts mit Milch zu tun haben!“
    „Ich muß mit Ihnen sprechen, chiffriert“, sagte Monika Baatz, als sie endlich den Direktor des Kraftwerks auf dem Schirm hatte. Dann drückte sie den Chiffriersatz in die Buchse.
     
    Wiebke Lehmann und K. O. fuhren mit dem Elektrokarren in Konrads Allerheiligstes: die Rumpelkammer, bei jeder Betriebsbegehung Gegenstand der Kritik und Anlaß zu umfangreichen Erörterungen über die volkswirtschaftliche Bedeutung von Schrott. K. O. pflegte die Belehrung ergeben anzuhören, dem Redner tiefbewegt die Hand zu schütteln und wieder an die Arbeit zu gehen. Er war der Meinung, ein Labor mit Forschungsproduktion brauche eine Rumpelkammer, und zwar eine möglichst große, und die Praxis gab ihm recht: Oft fertigte er aus den abenteuerlichsten Teilen ganz umsonst in zwei, drei

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