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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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hinunterlief. Die Luft war kühl, und er legte die Hände um den Becher, um sie zu wärmen.
    Zwischen zwei Schlucken summte er ein paar Melodien. Zuerst aus Broadway-Musicals, die er nie gesehen hatte, dann, während die Minuten verrannen, anonyme Klänge, die in Tonfolgen unbekannten Ursprungs hinüberglitten. Sie verloren sich im Dunkel und richteten gegen die Einsamkeit seiner Wache wenig aus.
    Die Kälte und die nachtschlafende Zeit verschworen sich gegen ihn, und er musste sich anstrengen, in seiner Aufmerksamkeit nicht nachzulassen. Die Nacht schien Geräusche von sich zu geben; ein Rascheln im Gras und Gebüsch, ein dumpfes Schlagen von Stein an Stein. Gelegentlich schwenkte er das Nachtsichtgerät in alle Richtungen und suchte auch die Umgebungin seinem Rücken ab. Er erhaschte einen Blick auf einen Waschbär und dann ein Opossum – nachtaktive Tiere, welche die letzten Stunden vor dem Morgengrauen nutzten.
    Martin atmete langsam aus, griff mit der Rechten unter sein Jackett, um seine halbautomatische Pistole im Schulterholster zu spüren. Ein-, zweimal fluchte er laut und ließ die Kraftausdrücke wie Streichhölzer in der Dunkelheit zünden. Er wetterte gegen die Zeit, die nicht vergehen wollte, die Einsamkeit und das irritierende Gefühl, wie ein Raubvogel auf der Klippe zu sitzen. Er war ein wenig nervös. Die wilde Natur im neuen Staat war seine Sache nicht. In einer städtischen Umgebung gab es keine Dunkelheit. Er hatte sich nur wenige hundert Meter vom nächsten Wohngebiet entfernt, einen Schritt weit in unbebautes, urwüchsiges Gelände vorgewagt, dennoch wirbelte er bei jedem Klappern oder Knarren herum.
    Agent Martin blickte Richtung Osten. »Komm schon, Morgen, verflucht noch mal, beeil dich.«
    Er war nicht so optimistisch zu glauben, dass seine Zielperson schon in der ersten Nacht auftauchen würde. Das wäre zu schön, um wahr zu sein, sagte er sich. Aber er glaubte auch nicht, lange warten zu müssen, bevor Jeffreys Vater auftauchte. Martin hatte sich all die anderen Fälle genau angesehen und nach einem Zeitmuster gesucht, das er sich zunutze machen konnte, aber nichts gefunden. Die Entführungen hatten sowohl bei Tag als auch bei Nacht, von früh bis spät stattgefunden. Das Wetter hatte von schwülheiß bis kalt und stürmisch gereicht. Auch wenn er wusste, dass die Verbrechen durchaus ein Schema erkennen ließen, so lag dieses weniger in der Art, wie er die Opfer in seine Gewalt brachte, als in der Art, wie er sie tötete. Martin hatte sich einfach auf sein Urteil verlassen. Er beabsichtigte, in der nächsten Nacht wieder am Steilhang zu sein, von Mitternacht bis zum Morgengrauen.
    Natürlich hatte er nicht die Absicht, Jeffrey zu verraten, was er tat.
    Der Detective zog die Schultern nach vorn und nahm sich vor, das nächste Mal eine wärmere Jacke und einen Schlafsack mitzubringen. Und mehr zu essen. Und etwas weniger Klebriges als die Kekse, die seine Finger mit einer geleeartigen Masse überzogen, an der er leckte wie ein Tier. Er trocknete sich die Hände an einem Bausch Papiertücher ab und warf die Reste weg. Er wechselte ständig die unbequeme Stellung, da der harte Fels, an den er sich lehnte, ihm in den Rücken schnitt.
    Ein Blick auf die Armbanduhr sagte ihm, dass es fast halb sechs war. Der Fahrdienst war für zehn vor sechs bestellt. Susan Claytons Flug ging um halb acht. Wie erwartet, sah er im Haus ein Licht angehen.
    Fast im selben Moment kroch der zarteste Hauch von Dämmerlicht über den Hügel. Agent Martin streckte den Arm aus und konnte zum ersten Mal die Narben auf seinem Handrücken erkennen. Er legte das Nachtsichtgerät beiseite und hob das normale Fernglas an die Augen. Er blickte zur Straße hinunter und fluchte über die verschwommene, graue Welt, die er sah. Er merkte, dass ihm in diesem gleitenden Moment kurz vor dem Morgengrauen weder das Nachtsicht- noch das normale Fernglas so recht weiterhelfen konnte.
    Es war ein Schwebezustand, für den er nichts übrighatte.
    Das erste Morgenlicht und der Fahrdienst schienen gleichzeitig einzutreffen, während er angestrengt hinüberstarrte.
    Er sah, wie Susan Clayton mit einer einzigen Tasche in der einen Hand aus der Haustür trat und sich mit der anderen durchs halb getrocknete Haar strich, als der Wagen gerade die Straße entlangkam. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass das Taxi fünf Minuten zu früh dran war. Sie wartete auf dem Bürgersteig, während es langsam näher rollte.
    Robert Martin zuckte zusammen

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