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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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verschwunden. Es war später Winter und das Gelände schwer zugänglich. Selbst eine Hundestaffel war unverrichteter Dinge zurückgekehrt: Daraufhin verhörte die Polizei mehrere Männer, die an jenem Abend in der Bar mit ihr gesprochen hatten, und einer von ihnen wurde verhaftet, nachdem man auf dem Sitz seines Pick-ups Blutspuren gefunden hatte. Sie passten zu Elizabeths Blutgruppe, und die DNA-Analyse bestätigte schließlich, dass es von ihr stammte. Die Durchsuchung des Trucks förderte außerdem unter einer zerbrochenen Bodenplatte ein großes Jagdmesser zutage, das ebenfalls Blutspuren an der Klinge aufwies. Obwohl der Mann beteuerte, an dem Abend betrunken gewesen zu sein und sich deshalb an nichts zu erinnern, geschweige denn an einen Mord, wurde er zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt.
    Jeffrey konnte sich vorstellen, wie viel Spaß sein Vater gehabt haben musste, als er einem Fremden den Wagen mit Blut verschmierte und ihm auch noch das Messer unterjubelte, ein geschickter Schachzug, räumte Jeffrey ein. Er fragte sich, ob sein Vater Elizabeth Wilson vor jenem Abend erklärt hatte, was zu tun sei, bevor er ihr Blut abzapfte: Lenke die Aufmerksamkeit auf dich; flirte ein bisschen, brich einen Streit vom Zaun, dann geh mit einem Mann, der sich kaum noch aufden Beinen halten kann, einem Mann, der sich später an nichts mehr erinnern wird, nach draußen.
    Anschließend hatte sein Vater die junge Frau, deren Tod er inszeniert hatte, um sie neu zu erschaffen, kurzerhand mitgenommen. Sie muss sich in jener Nacht wie ein Baby gefühlt haben, nackt, die Kleider zerrissen und mit ihrem eigenen Blut besudelt, vor Kälte zitternd und voller Angst.
    Jeffrey schloss die Akte und dachte: Sie verdankt ihm alles.
    Er warf einen kurzen Blick auf seine Schwester und dann auf seine Mutter.
    Sie wissen nicht, wie gefährlich diese Frau sein kann, dachte er. Alles in ihrem Leben ist das Werk meines Vaters. Sie wird ihm so hörig sein wie ein bösartiger Wachhund. Vielleicht noch schlimmer.
    Zusammen mit der Akte war ein altes Foto geschickt worden. Darauf war ein junges, wütendes Gesicht mit einem schiefen Grinsen zu sehen, das eine Zahnlücke entblößte; eine gebrochene Nase war schlecht gerichtet worden, und das strähnige blonde Haar hing ihr zerzaust auf die Schulter.
    Im Geist verglich er dieses Bild mit dem auf dem Pass von Caril Ann Curtin. Es war kaum zu glauben, dass die junge Frau, die auf dem Polizeirevier ihre Identifikationsnummer in die Kamera hielt, mit der selbstbewussten Erwachsenen identisch sein sollte, die sich bei so vielen amtlichen Tätigkeiten unentbehrlich gemacht hatte. Die Zähne waren gerichtet, das Kinn weicher modelliert; auch die gebrochene Nase operiert und umgeformt. Sie war von einem Experten neu erschaffen worden – physisch, emotional und psychologisch. Eliza Doolittle und Henry Higgins. Ein mörderischer Henry Higgins.
    Jeffrey steckte die beiden Akten wieder zurück in die Leinentasche, wo sie dem Schuldossier über Geoffrey Curtin und dem Foto von Peter Curtin Gesellschaft leisteten. Über ihngaben die Computer, mit Ausnahme der Querverweise in den Akten seiner Frau und seines Sohnes, keinerlei Informationen her.
    Das Auto verfügte über ein Telefon der Staatssicherheit; Jeffrey nahm es und tippte mehrere Nummern ein. Erst beim dritten Versuch erreichte er endlich den Campus-Wachdienst an der Cornell University. Er nannte seinen Namen und bat darum, mit dem diensthabenden Beamten zu sprechen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Mann gefunden war, doch als er den Hörer abnahm, schien seine Stimme viel näher, als es die große Entfernung vermuten ließ.
    »Hier spricht der Captain des Sicherheitsdienstes, gibt es ein Problem?«
    »Captain, ich müsste in Erfahrung bringen, ob ein Student der Cornell derzeit dort anwesend ist.«
    »Das kann ich überprüfen. Wozu müssen Sie das wissen?«
    »Hier draußen hat es einen Autounfall gegeben«, log Jeffrey, »und wir kämpfen uns immer noch durch einen Haufen brennender Wrackteile hindurch. Könnte sein, dass wir schnellstens die nächsten Angehörigen unterrichten müssen. Aber wir haben auch einige nicht identifizierte Leichen. Es würde uns schon weiterhelfen, wenn wir wenigstens eine Person ausschließen könnten …«
    »Wie heißt der Student?«
    »Geoffrey, mit G, Curtin, schreibt sich C-U-R-T-I-N …«
    »Ich werd das für Sie raussuchen, Mr. …«
    »Clayton. Special Agent Clayton.«
    »Wissen Sie, wir kriegen immer

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