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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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langsam »Sehr alt und kalt. Schnee von gestern, Professor.«
    »Was wollen Sie mir damit sagen?«
    »Das FBI hat alle diese Morde penibel erfasst«, fuhr Martin fort. »In ihrer umfangreichen Falldatei, dem
Violent CriminalsApprehension Program
, kurz VICAP genannt. Man kann so die ungelösten Fälle miteinander abgleichen und interessante Querverweise sowie Verbindungen finden. Darunter auch die Körperstellung der Leichen. Und die Zeigefinger. So was rauszufiltern ist für eine Computerdrohne, die Fälle speichert, ein Kinderspiel, meinen Sie nicht? Meistens hat das FBI oder sonst wer herzlich wenig von all diesen Auswertungen, aber hier und da spuckt so ein Programm interessante Kombinationen aus. Das wissen Sie natürlich alles, nicht wahr, Professor?«
    »Ich bin mit den Verfahrensweisen bei Serienmorden vertraut. Schließlich gibt es das schon seit ein paar Jahrzehnten.«
    Agent Martin hatte sich erhoben und lief eine Weile im Zimmer auf und ab, bis er sich schließlich wieder in den großen Ledersessel warf und Jeffrey Clayton über den Tisch hinweg musterte.
    »Auf diese Weise bin ich auf die Querverbindung gestoßen. Dieser letzte Mord, soll ich Ihnen sagen, wann der passiert ist? Vor über fünfundzwanzig Jahren, verflucht noch mal. Ich meine, in der Steinzeit, richtig, Professor?«
    »Drei Morde in einem Vierteljahrhundert sind ein ungewöhnliches Verhaltensmuster.«
    Der Agent sackte schwer zurück und starrte einen Moment zur Decke, bevor er den Kopf senkte und Clayton fixierte.
    »Das können Sie verdammt noch mal laut sagen«, bekräftigte er, »aber, Prof, dieser letzte da, der ist nun wirklich interessant.«
    »In wiefern?«
    »Hinsichtlich von Ort und Zeit und hinsichtlich eines der Tatverdächtigen, die damals von der Staatspolizei verhört wurden. Man hat den Mistkerl nie festgenommen – er war nur einer von einem halben Dutzend möglichen Tätern, die manin die Mangel genommen hat – aber sein Name und das Befragungsprotokoll waren in der alten Akte. Hätte ebenso gut die Nadel im Heuhaufen suchen können, aber ich hab’s gefunden.«
    »Was war daran so interessant?«, hakte Jeffrey nach.
    Agent Martin wollte erneut aufstehen, überlegte es sich aber anders. Mit einem Ruck beugte er sich vor, so dass sein mächtiger Oberkörper über seine Knie ragte, und zischte leise wie ein Verschwörer, jedoch in heftigem, mühsam beherrschtem Ton:
    »Interessant? Ich will Ihnen sagen, was so interessant war, Professor. Dass die Leiche dieser jungen Frau in Mercer County, New Jersey, entdeckt wurde, ganz in der Nähe einer kleinen Stadt namens Hopewell, und zwar etwa drei Tage nachdem Sie, Ihre Mutter und Ihre kleine Schwester für immer von zu Hause weggegangen waren … und dass der Mann, den die Polizei ein paar Tage, nachdem dieses Mädchen verschwunden war und nachdem Sie und Ihre Familie sich verzogen hatten, so erfolglos verhört hat, Ihr gottverdammter Vater war.«
    Jeffrey antwortete nicht. Ihm wurde heiß, als stünde der Raum, in dem er saß, urplötzlich in Flammen. Seine Kehle fühlte sich trocken an, ihm drehte sich der Kopf. Er hielt sich an der Tischkante fest, während ihm der Gedanke durch den Schädel hallte:
Du hast es gewusst, nicht wahr? Du hast es die ganze Zeit gewusst, all die Jahre. Du hast gewusst, dass eines Tages jemand zu dir kommen würde, um dir zu sagen, was du gerade erfahren hast.
    Er hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen, als schnürten ihm die Worte des Agenten die Kehle zu.
    Der Polizist sah dies alles durch seine zusammengekniffenen Augen, die den Professor unablässig musterten.
    »Also«, meinte er ruhig, »fangen wir an. Ich sagte Ihnen ja, uns bleibt nicht viel Zeit.«
    »Wieso?«, brachte Jeffrey atemlos heraus.
    »Weil vor weniger als achtundvierzig Stunden noch ein Mädchen im Westlichen Territorium verschwunden ist. Während wir hier reden, sitzen in einem Büro, das Sicherheit und Behaglichkeit verströmt, verdammt noch mal, ein Mann und eine Frau sowie ein kleiner Bruder und eine ältere Schwester, die versuchen, das Unfassbare zu verstehen. Eine Erklärung für etwas zu bekommen, das unerklärlich ist. Und zwar nachdem man ihnen gesagt hat, dass ihnen genau das zugestoßen ist, was ihnen nie und nimmer hätte zustoßen sollen.«
    Agent Martin verzog das Gesicht, als würde ihm bei dem bloßen Gedanken übel.
    »Sie, Professor, Sie werden mir dabei helfen, Ihren Vater zu finden.«

3. KAPITEL
Unsinnige Fragen
     
    Jeffrey Clayton dröhnte der Kopf, und

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