Das Rätsel
nicht.«
Jeffrey schüttelte den Kopf. »Nehmen Sie Ihre verdammten Akten. Ich wünsche Ihnen viel Glück.«
Der Professor war drauf und dran, sich umzudrehen, da packte ihn der Agent am Arm. Martin war ein kräftiger Mann, und sein eiserner Griff schien zu sagen, er sei zu weitaus mehr imstande, als Jeffreys Muskeln zusammenzudrücken, und der Schmerz, den er ihm jetzt zufügte, sei lediglich dem derzeitigen Stand der Dinge angemessen. Jeffrey versuchte, sich loszureißen, konnte es aber nicht. Agent Martin zog ihn näher an sich heran und zischte ihm ins Gesicht.
»Schluss mit den Diskussionen, Professor. Hören wir auf, uns zu streiten. Sie werden ganz einfach tun, was ich Ihnen sage, denn ich glaube, Sie sind in diesem Scheißland der einzige Mensch, von dem ich kriegen kann, was ich brauche. Also werde ich Sie nicht länger bitten, sondern Ihnen sagen, wo ’s langgeht. Und jetzt hören Sie mir erst mal gut zu. Haben Sie verstanden, Professor?«
Die Drohung ätzte sich in Jeffreys Haut wie ein Sonnenbrand an einem heißen Sommertag. Er riss sich zusammen und rang um Fassung.
»Na schön«, gab er zögerlich nach. »Dann erzählen Sie mir alles, was ich Ihrer Meinung nach wissen muss.«
Der Agent trat zurück und deutete auf einen Lesetisch neben seinem Sessel. Jeffrey ging an ihm vorbei und zog sich einenStuhl heran. Er setzte sich und sagte kurz angebunden: »Schießen Sie los.«
Martin ließ sich ihm gegenüber auf einem Stuhl mit Holzlehne nieder, öffnete die Aktentasche und zog die drei Mappen heraus. Er warf Jeffrey einen finsteren Blick zu und schob dem Professor den ersten Schnellhefter hin.
»Das ist der laufende Fall«, erklärte er in bitterem Ton. »Geht abends nach dem Babysitten bei einer Nachbarsfamilie heim. Zwei Wochen später entdeckt man ihre Leiche.«
»Fahren Sie fort.«
»Nein, lassen wir die erst mal beiseite. Sehen Sie dieses Mädchen?« Er schob Jeffrey das zweite Dossier hin. »Die schon mal gesehen, Professor?«
Jeffrey starrte auf die junge Frau. Woher soll ich die kennen?, überlegte er. »Nein«, antwortete er.
»Vielleicht sagt Ihnen der Name etwas.«
Der Mann atmete schwer, als müsse er einen gewaltigen Ärger unter Kontrolle halten, der sich in seinem Innern zusammenbraute. Er nahm einen Stift und schrieb den Namen
Martha Thomas
auf die Mappe. »Klingelt’s jetzt bei Ihnen, Professor? Vor sieben Jahren. In Ihrem ersten Jahr hier an dieser ehrwürdigen höheren Bildungsanstalt. Fällt der Groschen?«
Jeffrey nickte. Es durchfuhr ihn eiskalt. »Ja, selbstverständlich, den Namen habe ich nicht vergessen. Sie war im ersten Semester, in einer meiner Einführungsvorlesungen. Eine von zweihundertfünfzig. Wintersemester. Sie war nur eine Woche da, dann ist sie verschwunden. Sie hat nur eine einzige Vorlesung besucht. Ich weiß nicht mal, ob ich ihr je persönlich begegnet bin. Ein Gespräch oder so hat es jedenfalls nicht gegeben. Das ist alles. Drei Wochen später wurde sie nicht weit von hier in einem Wald gefunden. Sie ging gerne wandern, soweit ich mich entsinne. Die Polizei vermutete, dass sie dabeientführt wurde. Keine Verhaftungen. Ich kann mich nicht einmal erinnern, befragt worden zu sein.«
»Und Sie haben nicht Ihre Hilfe angeboten, als eine Ihrer eigenen Studentinnen ermordet wurde?«
»Doch. Die örtliche Polizei hat mein Angebot ausgeschlagen. Ich hatte eben noch nicht den Ruf, den ich heute genieße. Habe nie auch nur die Unterlagen zum Fundort zu Gesicht bekommen. Ich wusste nicht, dass sie das Opfer eines Serienkillers war.«
»Die Idioten vor Ort auch nicht«, entgegnete Martin sarkastisch. »Das Mädchen wurde ausgeweidet und wie eine Art religiöses Zeichen auf den Boden gelegt, einer der Finger abgetrennt und … und diese Dumpfbacken hatten nicht den leisesten Schimmer, womit sie es zu tun hatten.«
»Heutzutage häufen sich die Morde. Ein Ermittler von der Mordkommission muss Prioritäten setzen, um zu entscheiden, welche Fälle er verfolgt und welche ihm lösbar erscheinen.«
»Das weiß ich auch, Professor, deswegen waren sie trotzdem Idioten.«
Jeffrey lehnte sich zurück. »Demnach wurde eine junge Frau, die für ganz kurze Zeit eine Studentin von mir war, vor sieben Jahren auf dieselbe Art ermordet wie die Opfer Ihres derzeitigen Falls. Ich kann immer noch nicht sehen, wieso das meine Mitarbeit erfordert.«
Agent Martin schob die dritte Akte über den Tisch, direkt in Jeffreys rechte Hand.
»Dieser Fall ist alt«, erklärte Martin
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