Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
distinguierten Damen und Herren liefen aufgeregt hin und her, mit schrillen Stimmen und erschrockenen Augen, wanderten von einer Gruppe zur nächsten, wie Bienen, die ziellos von Blüte zu Blüte taumeln. Andere drängten sich zusammen, nahmen von nichts Notiz und klammerten sich weiter an ihre tröstlichen Lügen. Alle Männer im Saal trugen Schwerter, selbst die, die noch nie im Leben eine Waffe in die Hand genommen hatten, und überall sah Rupert geballte Fäuste und verzerrte Gesichter, Zähneknirschen, Angst und offene Hysterie. Der Düsterwald hatte die Waldburg erreicht.
Am anderen Ende des Saals saß der König mit geradem Rücken auf seinem Thron, flankiert von zwei Gardesoldaten. Seit wann benötigte er an seinem eigenen Hof den Schutz Bewaffneter? Rupert runzelte verdutzt die Stirn. Der König bedachte den Erzmagier, der stolz aufgerichtet vor ihm stand, mit eisigen Blicken, und Rupert musste nicht hören, was die beiden sagten, um zu wissen, dass sie sich ein erbittertes Wortgefecht lieferten. Sein Stirnrunzeln vertiefte sich, als er ihre Gesichtsausdrücke studierte. Groll war darin zu lesen, Groll und Furcht, aber hinter dieser verständlichen und für alle sichtbaren Reaktion lag noch etwas anderes verborgen – vielleicht Verrat. Auf beiden Seiten.
„Er war ein Verräter, Hoheit. Ein Vaterlandsverräter, ein Feigling und ein Trunkenbold.“
Rupert wandte den Blick ab. Zur Rechten König Johns stand Harald in glänzender Rüstung, jeder Zoll der Prinz. Mit beeindruckendem Muskelspiel wechselte er von einer Heldenpose in die andere. Rupert schmunzelte grimmig. Harald hatte diese Rolle immer schon besser beherrscht als er. Dann sah er Julia, die sich bei Harald untergehakt hatte. Sein Lächeln verflog, und nur Bitterkeit blieb zurück. Er beobachtete stumm, wie Julia mit einer vertrauten Geste Haralds Arm tätschelte. Harald wisperte ihr etwas ins Ohr, das sie zum Lachen reizte. Dann sahen beide instinktiv zum Eingang und entdeckten Rupert, der sie beobachtete. Julia zuckte vor seinem ruhigen Blick zurück, erwiderte ihn dann aber trotzig. Harald grinste und verneigte sich höflich. Rupert wandte den Kopf ab. Er fühlte sich so unendlich müde. Einen Augenblick lang kämpfte er gegen den übermächtigen Wunsch an, einfach in sein Zimmer zurückzugehen, sich ins Bett zu legen und zu schlafen, schlafen, schlafen, bis alles vorbei war und niemand mehr Forderungen an ihn stellte. Der Augenblick verging, aber die Müdigkeit blieb. Rupert seufzte leise. Keine Ruhe den Gottlosen.
„Seht Euch das an!“, sagte der Erste Ritter angewidert und deutete mit dem Kinn auf die Höflinge. „Die lange Nacht hat die Burgtore erreicht, und die vornehmen Herrschaften streiten und zetern wie eine Schar kleiner Kinder im Sandkasten. Als Nächstes werden sie einander anspucken und an den Haaren ziehen.“
Rupert musste lächeln. „Wisst Ihr, ich glaubte anfangs wirklich, der Erzmagier könnte einige unserer Probleme lösen. Ich hätte es besser wissen müssen.“
Die Miene des Ersten Ritters wurde düster. „Ich hatte Euch gewarnt, Hoheit. Ich traue dem Erzmagier nicht weiter, als ich ein nasses Kamel werfen könnte.“
„Weshalb habt Ihr dann Euer Leben aufs Spiel gesetzt, um mich auf einer Reise zu begleiten, deren einziger Zweck darin bestand, den Zauberer zur Rückkehr zu überreden?“
„Weil der König es mir befahl“, erklärte der Erste Ritter. „Nur darum.“
„Oh, zur Hölle damit“, sagte Rupert und schüttelte den Kopf. „Ich denke, wir bereiten dem Gekeife jetzt ein Ende, damit endlich etwas vorangeht. Wenn die so weitermachen, verliert der Erzmagier noch die Geduld, und wir stehen plötzlich vor einem Thronsaal voll verdutzt dreinblickender Kröten.“
„Er wird es nicht wagen, Magie gegen den Hof anzuwenden.“
„Da wäre ich nicht so sicher“, meinte Rupert. „Der Erzmagier besitzt den gesunden Menschenverstand und den Selbsterhaltungstrieb eines depressiven Lemmings.“
Er betrat den Saal und fand sich im Nu von blind umherlaufenden Höflingen umringt. Das Stimmengewirr war ohrenbetäubend und das Gedränge so dicht, dass es für den Prinzen kaum ein Durchkommen gab. Er erspähte eine Lücke in der Menge, aber im nächsten Augenblick blockierte eine Hofschranze den Weg. Rupert versuchte, sich an ihr vorbeizuschlängeln, doch der Mann schoss ihm einen gehässigen Blick zu und wich keinen Schritt zur Seite. Rupert packte den Höfling an der Schulter, drehte ihn um, holte ihn mit einem
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