Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
Fausthieb von den Beinen und stieg über ihn hinweg.
Die am nächsten stehenden Herren und Damen wollten empört protestieren, aber als sie die Miene des Prinzen sahen, machten sie hastig eine Gasse frei. Rupert schritt ungehindert auf den Thron zu, und das Geraune erstarb, als eine Gruppe nach der anderen die grimmige, blutverkrustete Gestalt in ihrer Mitte bemerkte. Stumm starrten sie ihn an.
Vor den Stufen des Throns blieb Rupert stehen. König John und der Zauberer stritten weiter, zu vertieft in ihren Disput, um Ruperts Anwesenheit oder die plötzliche Stille zu bemerken. Rupert erhaschte einen Blick Haralds. Der trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, und Sorgenfalten auf der Stirn verunstalteten seine aalglatte, herablassende Miene. Die Zeit im Düsterwald hatte Rupert verändert, und zum ersten Mal spürte Harald eine leise Angst, die ihm ein Kribbeln im Nacken verursachte. Der blutverschmierte Fremde mit den empfindungslosen Augen hatte nichts mit dem ruhigen, nachgiebigen jüngeren Bruder gemeinsam, den er so viele Jahre lang unterdrückt hatte. Harald wandte den Blick ab, weil er den Ruperts nicht ertrug. Ohne wirklich zu wissen warum, hatte Harald plötzlich Angst. Der Tod schien Rupert zu umgeben wie ein Leichentuch, fast als habe er einen Hauch der langen Nacht mit in die hell erleuchtete große Halle gebracht. Ein Schauder überkam Harald, und er merkte, dass er ihn nicht unterdrücken konnte. Er versuchte, sich auf das Streitgespräch zwischen seinem Vater und dem Zauberer zu konzentrieren, und achtete nicht auf den kalten Schweiß, der ihm auf die Stirn trat.
„Wir können uns nicht ewig hinter diesen Mauern verkriechen!“, schrie König John. „Wenn wir die Dämonen nicht angreifen, werden sie die Burg angreifen.“
„Du bist entweder blind oder verrückt“, knurrte der Erzmagier. „Du redest, als würde der Wald immer noch vom Düsterwald belagert. Gewöhn dich an den Gedanken, John. Den Wald gibt es nicht mehr. Draußen findest du nur die lange Nacht. Jenseits dieser Mauern herrscht völlige Finsternis, die nur Dämonen durchstreifen. Dämonenscharen, um genau zu sein. Jede Armee, die du ihnen entgegenschickst, wird allein ihrer Überzahl erliegen. Auf einen Soldaten kommen tausend dieser Wesen. Jeder, der die Burg verlässt, ist dem Tod geweiht.“
„Was rätst du uns?“, fragte der König mit gepresster Stimme. „Dass wir uns in unserem kleinen Versteck verbergen, bis die Mächte der Finsternis noch stärker werden? Warten, bis der Dämonenprinz uns persönlich holt? Ich habe schon jetzt nicht mehr genügend Männer, um die Burgmauern zu bewachen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Dämonen über die Wälle klettern und uns alle töten.“
„Ich brauche Zeit“, erklärte der Erzmagier. „Es gibt Zauber, die gegen die Dämonen helfen müssten, aber es dauert eine Weile, sie vorzubereiten. Du wirst es doch schaffen, die Dunkelheit noch ein wenig länger abzuwehren!“
„Womit denn?“, heulte König John auf, auf dessen Wangen sich rote Flecken zeigten. „Meine Männer sterben. Uns gehen Nahrungsmitteln, Wasser und Feuerholz aus … ich bin nicht sicher, ob ich die Dämonen zurückwerfen könnte, wenn sie in diesem Augenblick einen Sturmangriff wagten. Nun tu doch endlich etwas, verdammt! Du bist der Erzmagier. Tu etwas, oder wir sind alle tot!“
„Immer ich! Immer hängt alles an mir und meiner Magie. Ist dir je der Gedanke gekommen, dass ich es irgendwann satthaben könnte, die Dinge, die du verbockt hast, wieder in Ordnung zu bringen? Kannst du nicht einmal selbst die Verantwortung für deine Schnitzer übernehmen? Du hast dich keine Spur geändert, John. Du sitzt auf deinem albernen Thron und stammelst und zauderst, bis dir alles aus dem Ruder läuft, und dann soll ich mit einem Fingerschnippen das Unheil von dir abwenden. Egal, ob es mir passt oder nicht. Egal, ob ich mein Leben riskiere oder nicht. Nein, mein Lieber, diesmal läuft es so, wie ich es sage! Ich habe keine Lust, meinen Kopf aufs Schafott zu legen, nur weil du nicht abwarten kannst.“
„Ich bin dein König! Ich befehle dir …“
„Steck dir deine Befehle …“
„Ruhe!“ Ruperts heftiger Ausbruch übertönte die Stimmen der beiden Streithähne und brachte sie jäh zum Schweigen. Totenstille breitete sich im Saal aus. Ein Höfling in Ruperts Nähe öffnete den Mund zum Protest und starrte gleich darauf entsetzt und fasziniert auf die Schwertspitze, die sachte gegen seinen Bauch
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