Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
Geruch des eigenen Angstschweißes stieg ihm in die Nase. Er hatte gehofft, die Reise werde einfacher werden. Dabei hatte er die Finsternis schon zweimal besiegt. Eine Schutztruppe hielt ihm diesmal sogar den Rücken frei, und dennoch stockte ihm der Atem, und das Herz hämmerte ihm gegen das Brustbein. Seine Hände schlossen sich so fest um die Zügel des Einhorns, bis die Knöchel weiß hervortraten, und er schüttelte ruckartig den Kopf, um die Panik zu vertreiben. Er würde wieder in den Düsterwald eindringen, gleichgültig, was geschah, und diesmal wollte er bei seinem Ritt durch die Finsternis ein Zeichen setzen, das den Dämonen für immer im Gedächtnis blieb.
Der Erste Ritter lenkte sein gerüstetes Streitross neben das Einhorn und nickte Rupert kurz zu. „Das also ist der Düsterwald“, sagte er langsam, und ein seltsames Leuchten stand in seinen kalten, dunklen Augen. „Ihr habt nicht übertrieben, eher im Gegenteil. Er ist wie ein Albtraum, der in den hellen Tag eindringt – ein Wegweiser zur Hölle.“
Rupert sah den Ersten Ritter mit fragend hochgezogenen Brauen an. „Heißt das, Ihr habt den Düsterwald noch nie gesehen?“
„Tut mir leid, Hoheit, nein. Die Pflichten eines Ersten Ritters erfordern meine Anwesenheit auf der Burg, und der Düsterwald war seit Jahrhunderten keine echte Bedrohung mehr; dafür sorgte der Schlingforst. Ich habe natürlich die Berichte gelesen, aber …“
„Ja“, sagte Rupert, „ich weiß.“
Der Erste Ritter schien ihn mit völlig neuen Augen zu betrachten. „Ihr habt dieser Finsternis zweimal getrotzt. Kein Wunder, dass Ihr verändert zurückgekehrt seid.“ Er wandte sich ab, ehe Rupert etwas entgegnen konnte, und zog aus einer seiner Satteltaschen eine in Leder geritzte Karte. Rupert wartete ungeduldig, bis er sie entrollt hatte, und beugte sich dann vor, um auf die Stelle zu deuten, an der sie sich befanden.
„Ihr seht selbst, Herr Ritter, uns bleibt keine andere Wahl, als den Düsterwald zu durchqueren. Wenn wir uns nach Osten wenden, versperren uns die Sternschattenberge den Weg; im Westen erwarten uns die Weißwasserfälle. Außerdem würde jeder dieser beiden Wege die Reise um Wochen verlängern. Wir können es uns nicht leisten, so viel Zeit zu vergeuden. Aber wenn die Berichte unserer Kundschafter stimmen, ist der Düsterwald hier eher dünn. Wenn wir Glück haben, sollten wir es schaffen, uns in zwei bis drei Stunden auf die andere Seite durchzuschlagen.“
„Was ist, wenn wir Pech haben?“
„Dann kommen wir nie drüben an“, antwortete Rupert ruhig.
Der Erste Ritter lachte und warf einen prüfenden Blick auf den schwarzen Wall, der vor ihnen aufragte. „Ist Euch je der Gedanke gekommen, Hoheit, dass der Düsterwald an dieser Stelle absichtlich ausgedünnt sein könnte? Als Verlockung für Reisende?“
„Natürlich“, antwortete Rupert. „Ich bin beinahe sicher, dass es sich um eine Falle handelt. Aber deshalb tut Eile not. Wir müssen uns durchschlagen, ehe die Dämonen merken, dass wir uns in ihrem Gebiet aufhalten.“
Der Erste Ritter zuckte ergeben die Achseln und rollte die Karte wieder zusammen. „Schade. Ich hatte gehofft, meinen Stahl an dem einen oder anderen Dämon erproben zu können.“
Rupert rieb kurz über den dicken Schorf, der seine rechte Gesichtshälfte noch immer verunzierte. „Ein überbewertetes Freizeitvergnügen. Wenn uns die Dämonen aufspüren, Herr Ritter, dann sind wir so gut wie tot. Alle.“
„Vermutlich kamen sie Euch besonders blutrünstig vor, weil Ihr allein gegen eine ganze Horde kämpfen musstet, Hoheit. Aber …“
„Ihr hattet keine Ahnung vom Düsterwald, bis Ihr ihn mit eigenen Augen saht“, unterbrach ihn Rupert schroff, „und Ihr wisst nichts von den Dämonen, solange Ihr nicht miterlebt habt, wie sie aus der Finsternis hervorbrechen. Nun sagt den Leuten, wir brechen auf! Da ich nicht sicher bin, wie die Pferde auf die lange Nacht reagieren werden, sollen erst einmal alle absitzen und die Tiere am kurzen Zügel führen. Lasst sämtliche Laternen und Öllampen entfachen und an den Sattelgurten festschnallen! Von dem Augenblick an, da wir den Düsterwald betreten, hält jeder Kämpfer Schwert und Schild in den Händen, aber unser einziger echter Schutz gegen die Finsternis wird der Lichtschein sein, den wir verbreiten.“
„Glaubt Ihr nicht, dass diese Vorsichtsmaßnahmen etwas übertrieben sind, Hoheit?“
„Nein.“
„Gut, wie Ihr meint, Hoheit. Welchen Weg nehmen wir durch
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