Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
verneigte sich, ohne jedoch das Schwert in die Scheide zu schieben. „Überrascht, mich zu sehen?“
„Nur ein wenig.“ Der Erste Ritter starrte nachdenklich über Ruperts Schulter. „Wie ich sehe, habt Ihr einen Drachen mitgebracht.“
„Ganz recht“, entgegnete der Prinz. „Würdet Ihr jetzt bitte Eure Garde wegschicken, oder soll ich ihm sagen, dass es Abendessen gibt?“
Der Erste Ritter lachte und entließ die Wachen mit einem Wink. Sie zogen sich in die Eingangshalle zurück, während der Erste Ritter majestätisch die Treppe herabschritt, um Rupert und seine Begleiter zu begrüßen. Prinz und Erster Ritter musterten einander eingehend, und Julia runzelte die Stirn, als sie sah, dass keiner der beiden die Waffe wegsteckte. Der Erste Ritter beunruhigte sie. Er musste mindestens vierzig sein, aber er trug die kolossale Streitaxt wie ein Spielzeug.
Sein hartes, unnachgiebiges Gesicht war vernarbt, und das Lächeln, das seine Lippen umspielte, spiegelte sich nicht in den kalten, dunklen Augen. „Mörderische Augen“, dachte Julia und fröstelte. Allein seine Nähe bereitete ihr … Beklemmung.
„Nun“, begann Rupert ruhig, „wie ist die Lage auf der Burg?“
„Unverändert, Hoheit“, sagte der Erste Ritter. „Ich muss Euch möglicherweise immer noch töten.“
„Zum Wohle des Reiches?“
„Ja, Hoheit. Zum Wohle des Reiches.“
Ihre Blicke trafen sich, und Rupert sah als Erster weg.
Der Erste Ritter wandte sich Julia zu. „Wen haben wir denn da?“
„Prinzessin Julia“, sagte Rupert.
Der Erste Ritter verbeugte sich. „Wenn Ihr mich einen Augenblick entschuldigt, Hoheit, dann lasse ich ein Gästezimmer für die Dame herrichten.“
Er drehte sich um und schritt ohne Hast die Stufen zur Eingangshalle empor. Rupert rammte das Schwert mit einem leisen Fluch und unnötigem Ungestüm in die Scheide. Nachdem Julia dem Ersten Ritter eine Weile unsicher nachgestarrt hatte, schob auch sie ihre Waffe in die Scheide.
„Was sollte das heißen, dass er dich töten muss?“, fragte sie ruhig.
„Du weißt doch, ich bin der zweite Sohn“, antwortete Rupert grimmig. „Mein Bruder steht an erster Stelle der Thronfolge, aber es gibt mehrere Fraktionen bei Hofe, die mich gern als Galionsfigur in ihren Machtspielen benutzen würden. Die oberste Pflicht des Ersten Ritters besteht darin, das Reich zu erhalten. Er würde mich bedenkenlos töten, wenn er damit einen Bürgerkrieg verhindern könnte. Das ließ man mich praktisch von Geburt an wissen. Eigentlich war geplant, dass ich auf der Queste umkomme und damit allen eine Menge Ärger erspare. Stattdessen kehre ich in einem äußerst ungünstigen Augenblick zurück, und er befürchtet nun, ich könnte die Lage ausnützen, wie auch immer sie sein mag.“
„Würdest du das?“, fragte Julia. „Die Lage ausnützen?“
„Ich weiß nicht“, antwortete Rupert. „Schätze schon …“
„Still“, sagte das Einhorn. „Er kommt zurück.“
Eine Handvoll vornehmer Herren und Damen kämpften am Tor um die besten Plätze, als der Erste Ritter die Treppe herunterstieg, begleitet von vier Bewaffneten in rotgoldenen Gardeuniformen. Julias Hand umklammerte wieder den Schwertgriff.
„Keine Angst“, zischte Rupert. „Das ist nur sein Geleit.“
Julia bedachte die Wachen mit einem misstrauischen Blick und schien sich dann ein wenig zu entspannen, aber Rupert bemerkte mit Sorge, dass sie das Schwert nicht losließ.
Ein höfliches Hüsteln lenkte seine Aufmerksamkeit zurück auf den Ersten Ritter, der geduldig wartend vor ihm stand.
„Ja, Erster Ritter?“
Der Erste Ritter musterte Rupert ausgiebig. „Interessante Narben, die Ihr da an der Wange habt, Hoheit.“
„Ich habe mich beim Rasieren geschnitten.“
„Was ist mit Eurer Rüstung passiert?“
„Die habe ich im Schlingforst gelassen. Sie war mir im Weg.“
Der Erste Ritter schüttelte bedenklich den Kopf. „Ich überbrachte dem König die Nachricht von Eurer Heimkehr, Hoheit. Euer Vater wünscht, dass Ihr ihm Eure Aufwartung macht.“
Rupert zuckte zusammen. „Kann das nicht warten?“
„Ich fürchte nicht.“ Die Stimme des Ersten Ritters war höflich, aber sein kalter, starrer Blick ließ keinen Raum für Diskussionen. „Wie Euch vermutlich nicht entgangen ist, Hoheit, befinden wir uns derzeit in einer schwierigen Lage.“
Rupert nickte misstrauisch. „Ihr erwähntet den Düsterwald …“
„Ja, Hoheit. Er wächst.“
Rupert starrte den Ersten Ritter ungläubig an. Die Grenzen
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