Das Regenbogenschwert: Die Legende von Hawk und Fisher (Dämonenkrieg) (German Edition)
an meiner Seite, aber das machte so gut wie keinen Unterschied.“
Er machte eine Pause und sah sich um, während das Echo seiner Stimme in der Stille des Burghofs rasch verklang. Die Männer begegneten seinen Blicken ruhig und aufmerksam, aber auch mit einer Spur von Hochachtung. Kein Mensch in der langen Geschichte des Waldes hatte den Düsterwald zweimal bezwungen und war lebend zurückgekehrt. „Ich stehe im Begriff, es ein drittes Mal zu versuchen“, dachte Rupert verdrossen. „Ich muss verrückt sein.“ Er bedachte die Gardisten vor ihm mit einem grimmigen Lächeln.
„Es ist eine mörderische Reise zum Dunklen Turm, meine Freunde, und die Aussichten, unversehrt zurückzukehren, stehen schlechter denn je in eurem Soldatenleben. Die meisten von euch werden sterben. Dennoch müssen wir es wagen; das Schicksal des Waldes hängt davon ab, dass wir den Erzmagier finden und zurückbringen. Wenn wir versagen, wird sich die Finsternis über das Land ausbreiten und unsere Heimat verschlingen. Wenn wir es schaffen, wird man bis in alle Ewigkeit Lieder über uns singen.
Ich stelle es jedem von euch frei, hierzubleiben. Der Düsterwald ist kein Ort für widerwillige Helden. Aber ihr habt einmal im Leben die Möglichkeit, etwas wahrhaftig Großes zustande zu bringen. Das Waldland und ich, wir brauchen euch.“
Er sah in die Runde und wartete mit angehaltenem Atem auf eine Antwort, und einer nach dem anderen zogen die Männer ihre Schwerter und reckten sie zum alten Treueid der Krieger hoch in die Luft. Rupert nickte, ohne zu verbergen, wie viel ihm diese Geste bedeutete, und fünfzig Schwerter rasselten zurück in die Scheiden.
„Herr Ritter?“
„Hoheit?“
„Reiten wir.“
Rupert lenkte das Einhorn auf das innere Burgtor zu. Der Erste Ritter ritt an seine Seite, und die Soldaten folgten ihnen in enger Formation. Die mächtigen Eichenflügel schwangen langsam auf, und Hufschlag hallte von den dicken Steinmauern wider, als Rupert die Männer durch den Bergfried führte. Dann hob sich das Falltor, die Zugbrücke fiel mit Gepolter über den Graben, und Rupert führte seine Schar in den Frühnebel hinaus.
Rupert fröstelte und zog seinen Umhang enger um die Schultern. Er war den ganzen Vormittag geritten, doch obwohl der Nebel sich aufgelöst hatte, wollte es nicht wärmer werden. Eine trübe, rote Sonne kämpfte gegen den bedeckten Himmel an, dessen dunkle Wolken von Sturm und Gewittern kündeten. Früher Frost hatte das Gras am Wegesrand gebleicht, und der Boden unter den Hufen des Einhorns war hart und holprig. Dunkel und kahl ragten Bäume zu beiden Seiten des Weges auf, und silbrige Spinnennetze hüllten die spärlichen Sträucher ein. Keine Tiere raschelten im Unterholz, keine Vögel sangen. Ein trostloser Nachmittag.
Der Wald lag still da, und die gedämpften Hufschläge von Ruperts kleiner Reiterschar klangen in der unnatürlichen Stille wie eine lästige Störung.
Rupert schlug die Fäuste gegeneinander, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, aber trotz der dicken Lederhandschuhe, die er trug, nagte die Kälte an seinen Fingern. In den Zehen hatte er kein Gefühl mehr. „Es ist doch erst Anfang Herbst“, dachte er verwirrt. So kalt war es um diese Jahreszeit noch nie gewesen. Wind peitschte ihm so eisig ins Gesicht, dass seine Wangen brannten. Rupert spürte, wie sich Starre in seinen Gliedern ausbreitete, und wusste, dass der Wind seinen Ursprung in der langen Nacht hatte. Der böse Hauch, den der Düsterwald vor sich hertrieb, legte sich wie Reif auf das Land, das die Finsternis in Bälde verschlingen würde. Rupert begann zu zittern und konnte lange Zeit nicht mehr damit aufhören.
Der Erste Ritter hob plötzlich eine Hand, und die Kolonne der Gardisten hielt ungeordnet an. Rupert zügelte sein Einhorn und sah sich rasch um, die Hand am Schwertgriff.
„Warum haben wir angehalten, Herr Ritter?“
„Wir werden beobachtet, Hoheit.“
Rupert runzelte die Stirn. „Ich sehe niemanden.“
„Sie sind hier“, sagte der Erste Ritter leise. „Sie warten auf uns.“
Lange rührte sich niemand. Die Gardisten saßen steif auf ihren Pferden, spähten in die Schatten des Waldes und horchten auf die leisesten Geräusche. Die dürren, geisterhaften B äume umstanden sie dicht gedrängt und hüteten uralte Geheimnisse in der undurchdringlichen Dämmerung.
Die einzigen Laute waren das Wiehern und Schnauben der unruhigen Pferde sowie das Raunen des Windes im kahlen Geäst. Dann nahm Rupert in den
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