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Das Regenmaedchen

Das Regenmaedchen

Titel: Das Regenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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das Leben«, sagte Herz. »Nimm Robert mit. Dann
könnt ihr euch die Kneipen aufteilen. Vergesst Maries Foto nicht.«
    »Na, da haben wir dem jungen Kollegen ja eine große Freude
gemacht«, sagte Borger.
    »Ja«, sagte Franza. »Das kann man so sagen.«
     
    Das Essen war ein großer Erfolg gewesen. Er wusste, sie
liebte Fisch, also hatte er einen Tisch reserviert im AU BORD DE LA MER, dem
teuersten Fischrestaurant der Stadt. Da gab es zwei Separees, damit Gäste der
obersten Preisklasse ungestört tafeln konnten. Eines davon hatte er reserviert,
das verteuerte die Sache zwar enorm, aber er konnte noch nicht riskieren, mit
ihr gesehen zu werden. Nicht, wenn noch nichts entschieden war. Riesengarnelen
als Vorspeise, im Anschluss Wolfsbarsch an gegrilltem Gemüse und getrüffeltem
Püree und als Dessert zweierlei Schokoladenmousse auf Himbeerspiegel. Dazu
hatte er einen Champagner bestellt, Moet & Chandon, den teuersten, den sie
hatten. »Da siehst du«, hatte er gesagt, »was du mir wert bist.« Zuerst war sie
sehr zurückhaltend gewesen. Er hatte es sofort gemerkt, sie hatte sein Geschenk
nicht angenommen, die Perlen, die nun seine Frau trug. Egal, hatte er gedacht.
Wir werden dieses Problem lösen.
    Die Illusion war perfekt gewesen, nichts hatte gefehlt.
Der Tisch in Creme und Silber, die weißen Blumen, die glänzenden Gläser, sie in
diesem Kleid wie in einem Hochzeitskleid, die Perlenschnüre grau und
durchsichtig wie der Regen an jenem Tag und heute.
     
    In Maries Aufsätzen fanden sich sensible Gedanken, ihre
Schrift war gerade und gleichmäßig, ihre Orthographie gut. Ansonsten waren die
Erkenntnisse nacheineinhalbstündiger Recherche in ihrem Zimmer
niederschmetternd. Nicht die Spur einer Liste. Nicht die Spur irgendwelcher
Namen. Kein Telefonverzeichnis. Franza seufzte. Es war mühsam. Wie immer.
Suchen und suchen. Oft nicht wissen, wonach. Geheimnisse erkunden, die dann
keine mehr waren.
     
    Immerhin waren Bankunterlagen aufgetaucht, die Marie als
nicht gerade unvermögend auswiesen. Das Erbe des Großvaters saß nicht nur in
ihrer Seele, sondern lag auch auf einem Sparbuch und war beträchtlich. Außerdem
verfügte sie über ein Konto, das einen regen Geldfluss aufwies. Jeden Monat
erfolgte eine nennenswerte Überweisung, wahrscheinlich von den Eltern, was aber
weitaus interessanter erschien, waren hohe Bargeldeinzahlungen in
unregelmäßigen Abständen, offensichtlich die Beträge, die gewisse Männer für
gewisse Dienste bezahlten. Arthur würde sich später auf den Weg zur Bank
machen, um alles noch ein bisschen detaillierter zu erfragen.
    In der Wohnung war es still. Alle waren ausgeflogen, zur
Arbeit oder in die Schule, je nach dem. Nur ein Betreuer war da, ein Zivi, der
hatte sich ins Büro zurückgezogen und war froh, wenn man ihn nicht störte. Da
klopfte es an der Zimmertür. Laut. Ungestüm. Cosima. »Hey«, sagte sie. »Kann
der raus?«
    Sie deutete mit dem Kopf auf Herz, der sofort ergeben die
Hände hob. »Bin schon weg.« Wumm, dachte er in der Erinnerung an seinen ersten
Eindruck. Die putzt mich um, wenn ich nicht freiwillig gehe.
    »Du hier? Ich dachte ...«, begann Franza verwundert.
    Cosima schüttelte den Kopf. »Egal.«
    Sie ließ sich Zeit, wanderte die Bücherregale entlang,
strich mit dem Zeigefinger über die Bücherrücken. Dann lehnte sie sich an das
Fensterbrett und schaute hinaus auf die Straße. Das tun wir alle, dachte
Franza, ständig und immer wieder, aus Fenstern schauen, auf Straßen, auf
Häuserwände, in den Himmel, auf Bäume, ins Grün, in den Regen. Was gedenken wir
denn zu finden?
    »Ich heiße Cosima«, sagte Cosima endlich und drehte sich
um. »Wusstest du das?«
    Franza nickte, Cosima fuhr unbeirrt fort. »Mein Vater ist
ein mittelmäßiger bis schlechter Dirigent, Wagnerianer, wenn du weißt, was das
ist. Er hat alle in seiner Umgebung Cosima genannt,
seinen Hund, die Katze, mich, sogar meine Mutter, obwohl die schon einen Namen
hatte. Er fand das ... kompromisslos. Wie findest du's?«
    »Eigenartig«, sagte Franza.
    »Nein«, sagte Cosima. »Nicht eigenartig. Hirnverblödet!
Idiotisch! Beschissen! Möchtest du vielleicht Cosima heißen?«
    Franza zuckte mit den Schultern. »Franza ist auch
nicht das Gelbe vom Ei.« Cosima ignorierte den Einwurf. »Sie war Antisemitin,
Cosima Wagner, sie hat mit Hitler paktiert, wusstest du das?« Franza nickte.
    »Trotzdem hat er mich nach ihr benannt. Das verzeih ich
ihm nicht. Aber egal. Gibt so viel, was ich ihm nicht

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