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Das Regenmaedchen

Das Regenmaedchen

Titel: Das Regenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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nichts konnte ihn
dort erreichen, kein Papageschrei, kein Chefgeschrei, kein Felixgeschrei, kein
Garnichts. Seufzen und ins Leere starren, das war alles, auf die Tür starren
und die Geräusche ignorieren, Tag für Tag ein meditatives Erlebnis.
    Dann, wenn alles erledigt war, der übliche Blick in die
Schüssel, auch das gehörte zum Ritual, ob die Sache gut geraten war, nicht zu
dünn und nicht zu fest, nicht zu grün und nicht zu gelb, die richtige Garzeit
eben, wie Herz sich innerlich schmunzelnd Tag für Tag vorsagte.
    Aber heute war irgendwie alles anders. Wurm drin!
Weltverschwörung! Er stand und starrte und erbleichte. Was war da los?
    Neben der Wurzelbehandlung auch noch eine Darmspiegelung?
    Da fiel ihm ein, und die Knie wurden ihm weich, seine Mutter
war zu Besuch gewesen und hatte Blaubeerstrudel mitgebracht, den hatte er
gegessen, als er kurz daheim gewesen war zwischendurch, Unmengen von
Blaubeerstrudel, bis Angelika ihn strafend gemustert und über seinen Bauch
gestrichen hatte, mit einem »Tss tss tss!« auf den Lippen.
    Die Erleichterung war groß, und fast hatte er die
Niederlage mit Lauberts vergessen, als er zurück ins Büro kam. Erst als Franza
ihn überrascht musterte und Arthur ihn komisch anschaute, fiel es ihm wieder
ein, und er setzte das gebührende Gesicht auf, ernst und streng und
angefressen.
     
    Borger kam vorbei. Sofort überfielen sie ihn mit den
Hausschuhen. Er bekam einen seltsam indignierten Blick, und Franza musste an
Frau Brigitte denken.
    »Ja«, sagte Borger. »Ich wünsch euch auch einen schönen
Tag.«
    »Entschuldige«, sagte Franza. »Aber die Hausschuhe!«
    Borger schüttelte verständnislos den Kopf. »Was für
Hausschuhe?«
    Wenn Herz noch nicht zur Gänze wieder in der schlechten
Stimmung gewesen war, so fiel er spätestens jetzt hinein. »Was soll das
heißen?«, polterte er. »Was soll heißen: Was für Hausschuhe?«
    Borger zuckte die Schultern, ließ sich auf einem
Besucherstuhl nieder und lockerte seine Krawatte. »Ich habe keine Ahnung, wovon
ihr redet. Könnte mich mal jemand aufklären?« Er lächelte in Arthurs Richtung.
»Der junge Kollege vielleicht?«
    Gegen ihren Willen musste Franza grinsen. Tatsächlich,
dachte sie. Wird er auf seine alten Tage schwul?
    Sie tippte ihm auf die Schulter und begann von vorne mit
der Lauberts-Geschichte. Als sie halbwegs durch waren, klopfte es. Der junge
Uniformierte stand in der Tür, in der Hand die Plastiktüte mit den Hausschuhen.
»Ich habe ihn nicht gefunden«, sagte er. »Es gibt im ganzen Krankenhaus nur
einen Doktor Berger, und der ist Psychiater und konnte mit den Schuhen nichts
anfangen.«
    »Borger«, sagte Borger und lächelte. »Nicht Berger, Herr
Kollege. Borger.«
    »Oh!«, sagte der Kollege und lief rot an und stemmte sich
gegen den Boden, um nicht zu versinken.
    Scheiße, dachte Franza, heute läuft auch alles schief.
    »Na, jetzt haben Sie mich ja gefunden«, lächelte Borger.
»Ja«, murmelte der Junge peinlich berührt. »Das habe ich wohl.«
    Franza schaute Herz an und wusste, er stand kurz vor der
Explosion. »Raus!«, sagte er und hielt mühevoll die Luft an. »Raus!«
    »Ja«, flüsterte der Kollege. »Alles klar. Bin schon weg.«
Blass geworden trat er einen Schrill zurück und wollte gerade die Tür hinter
sich schließen, als Herz' Stimme dröhnte. »STOPP!« Der Raum schien zu
erzittern. Arthur dachte bewundernd: WOW, Borger betrachtete seine Fingernägel,
und Franza beschloss, bald einmal zum Ohrenarzt zu gehen. Der Junge erstarrte
und fürchtete kurz um sein Leben.
    »Die Schuhe«, sagte Felix, wieder völlig ruhig geworden.
»Wollen Sie die mitnehmen? Wollen Sie's noch mal beim Doktor Berger versuchen?«
    »Ja«, flüsterte der junge Mann vollkommen demoralisiert.
»Nein.«
    Er stellte die Schuhe in ihrem Plastiksack fein säuberlich
auf den Boden, trat hinaus auf den Gang und schloss die Tür so leise, dass man
nicht einen Laut hörte.
    »Ach«, säuselte Borger mit einem Blick auf Arthur. »Diese
Jugend!«
    Wir könnten für ein Kabarett herhalten, dachte Franza ein
wenig resigniert und schloss für ein paar Sekunden die Augen, wenn es nicht so
ernst wäre, könnte man aus uns ein Kabarett machen: Hanswurst und die
Kasperliaden.
    »Okay«, sagte sie. »Schluss. Wann können wir das Ergebnis
haben, Borger? Wie du wahrscheinlich gemerkt hast, ist es dringend.«
    »Wie immer«, seufzte Borger. »Ich mach mich gleich an die
Arbeit. Aber darf ich vorher noch meine Neuigkeiten loswerden?« Er

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