Das Regenwaldkomplott
liest keiner! Und wenn man reagiert, dann so, daß du als Unruhestifter und wegen Rufschädigung des brasilianischen Staates verhaftet wirst. Als Deutscher wird man dich dann einfach abschieben. Was hast du damit gewonnen? Überhaupt nichts.«
Sie verließen den Betsaal, bevor die anderen aus ihren Bänken kamen, und gingen hinüber zum Hospital. Die kleine Glocke auf dem Missionshaus bimmelte wieder und verabschiedete die Gläubigen in den Sonntag.
Bilac wartete draußen vor der Mission, bis die vier Garimpeiros herauskamen, und trat dann auf sie zu.
»Wißt ihr, was Wasser ist?« fragte Bilac mit knarrender Stimme.
Die vier hochgewachsenen Kerle sahen sich an und blickten dann grinsend auf den runden Mann in der Polizeiuniform hinab.
»Haben Sie Durst?« fragte einer. »Suchen Sie 'ne Pumpe?«
Es war Bilacs Art, schnell überzukochen. Er reckte sich und brüllte dann:
»Wißt ihr, mit wem ihr sprecht?!«
»Nur sachte, sachte«, beschwichtigte ihn ein zweiter. »Brüllen macht noch durstiger! Pater, wo ist hier Wasser? Da hat jemand vom Singen Durst bekommen.«
Die Garimpeiros bogen sich vor Lachen in den Hüften. Aber der Spaß war kurz. Auf einen Wink hin ergriffen je zwei Polizisten die vier, rissen ihnen die Arme nach hinten, und vier andere Polizisten holten sich die Pistolen aus den Gürteln der Goldsucher. Es ging alles blitzschnell. Man sah, daß es Spezialisten waren. Bilac wippte vergnügt auf den Zehenspitzen vor und zurück. Die vier Goldgräber starrten ihn entgeistert an.
»Senhor, das ist Freiheitsberaubung«, protestierte einer der vier. »Wir werden uns beschweren.«
»Freiheitsberaubung. Beschweren! Ach nein, wie süß! Ihr seid eine Gefahr für anständige Menschen. Ihr stinkt! Ihr stinkt wie die Pest. Ihr seid vorläufig verhaftet wegen Umweltverschmutzung.« Er sah seine Spezialtruppe an und nickte ihr zu. » Homems , sorgt für Sauberkeit! In einer halben Stunde will ich die vier Senhores glänzen sehen, als gingen sie auf einen Ball!«
Es hatte keinen Sinn, daß die Garimpeiros versuchten, sich zu wehren. Sie stemmten die Beine in die Erde, aber man trat ihnen gegen das Schienbein. Sie machten sich schwer, hingen in den Armen der Polizisten, aber statt zwei stürzten jetzt vier Uniformierte auf sie, hoben sie hoch und schleppten sie zum Rio Parima. Die Garimpeiros brüllten wie am Spieß, spuckten um sich, bäumten sich auf – vergebens.
Mit einem fröhlichen Gesicht begleitete Bilac die Kolonne, stand mit gespreizten Beinen am Ufer des Flusses und genoß die Freude, zu sehen, wie seine Truppe die vier Garimpeiros von ihren dreckigen Kleidern befreite und die keuchenden und muskelzuckenden Körper mit »eins-zwei-drei-hopp!« in den Rio Parima warf.
Als die nackten Goldsucher prustend wieder auftauchten, blickten sie in die Läufe von zwei Maschinenpistolen. Das war ein Argument, dem man nicht widersprechen konnte.
»Waschen!« befahl Bilac. »Richtig bürsten. Auch die empfindlichsten Stellen. Wenn ihr aus dem Fluß kommt, sollt ihr duften wie eine gebadete Jungfrau. Ich selbst werde euch beschnuppern! Oh, ich habe eine gute Nase. Wie schnell ist sie beleidigt. Nun reibt und spült. Schneller, kräftiger! Du lieber Himmel, um euch herum sterben ja die Fische, so vergiftet ihr sie!«
Bilac ließ noch eine MP-Garbe vor den Garimpeiros ins Wasser feuern, damit sie besser auf- und abhüpften, und wandte sich dann ab, als der Reiz des Schauspiels nachließ. »Sie kontrollieren«, sagte er zu dem Tenente, der den Trupp anführte, »ob auch jeder sauber ist. Blitzsauber! Dann können Sie die Stinkböcke freilassen.«
»Wie Sie befehlen, Senhor Coronel.« Der Tenente nahm Haltung an, grüßte und wartete, bis Bilac sich vom Flußufer entfernt hatte. Dann winkte er den Garimpeiros, aus dem Wasser zu kommen. Sie wateten an Land und schüttelten sich wie nasse Hunde.
»Wer ist denn dieser Spinner?« fragte einer.
»Coronel Bilac.« Der Tenente tat so, als untersuche er die nackten Körper. »Ihr kennt ihn nicht?«
»Nein.«
»Dann seid glücklich, daß ihr ihn von dieser Seite kennengelernt habt. Es hätte auch anders kommen können.«
»Wir sind freie Bürger –«
»Idioten seid ihr!« Der Tenente wandte sich ab. »Ihr solltet auch eure Klamotten im Fluß waschen. Was nutzt euch das Bad, wenn ihr aus der Wäsche stinkt?! In zwei Stunden kann alles trocken sein. Der Coronel hat euch nicht vergessen. Er vergißt nie etwas. Los, wascht schon eure Lumpen!«
Bilac schien an diesem
Weitere Kostenlose Bücher