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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nachgefragt, und sie sind mit unseren Maßnahmen einverstanden«, erklärte Emilio kalt.
    »Du willst Roberto und Paulo bestrafen.« Bento holte tief Luft. »Dann mußt du auch jeden Syphilitiker ausrotten, und davon haben wir 'ne ganze Menge. Sie haben bereits die Indianermädchen infiziert und die wiederum ihre Männer.«
    »Syphilis kann man heilen, Aids nicht! Das ist der Unterschied, Benjamim.«
    »Ich schicke Roberto und Paulo nach Boa Vista zurück.«
    »Damit sie die ganze Stadt anstecken, was?«
    »Sie werden das Hospital nie mehr verlassen.«
    »Nein!« Emilio wischte mit der rechten Hand durch die Luft. Die Runde der elf Garimpeiros – das Sondergericht – schwieg. Bento sah jeden von ihnen an und wußte, daß ihr Urteil bereits feststand. Alles Reden hatte keinen Sinn mehr. Und doch wehrte er sich dagegen, was Emilio ausführen wollte.
    »Streiten wir nicht über das Motiv«, sagte er heiser. »Es ist ein Doppelmord, Emilio.«
    »Sie haben Hunderte bereits in aller Stille ermordet. Sie wußten, daß sie Aids haben, und machten trotzdem lustig weiter! Das haben sie gestanden.«
    »Ist das wahr?« fragte Bento.
    Roberto und Paulo schwiegen. Sie starrten Benjamim mit flehenden, angstgeweiteten Augen an. Hilf uns, BB, hilf uns! Sie können uns doch nicht töten.
    »Du hast kein Recht, Emilio, hier Richter zu spielen«, sagte Bento bestimmt. »Es sind meine Leute. Ich nehme sie mit.«
    »Hier ist ein Gericht zusammengekommen aus ehrenwerten Männern von Novo Lapuna.«
    »Ich sehe nur Leute von dir.«
    »Alle Minen sind gefährdet, unser aller Arbeit! Glaubst du, Senhor Assis würde anders denken? Ihr habt zuerst dieses Gesetz geschaffen. Und wir befolgen es jetzt!«
    »Das können sie nicht tun!« schrie Roberto. »Benjamim –«
    »Ich will damit nichts zu tun haben.« Bento wollte sich abwenden, aber Emilio hielt ihn am Ärmel fest.
    »Es sind deine Leute, und du wirst dabeisein!« Er wandte sich an die bisher schweigsamen elf und hob seine Stimme. Jetzt klang sie nicht mehr gleichgültig, sondern wie ein Peitschenhieb. »Ich frage das Gericht: Schuldig oder nicht schuldig?«
    »Schuldig!« antworten die elf im Chor.
    Paulo warf sich zurück, verlor das Gleichgewicht und stürzte auf den Betonboden. »Mörder!« brüllte er dabei. »Mörder! Mörder!« Sein Körper war ein einziges Zucken. Roberto fiel in sich zusammen und begann erneut zu weinen.
    »Nicht schuldig!« sagte Bento gepreßt.
    »Das sind elf Stimmen gegen eine Gegenstimme. Bringen wir es hinter uns.«
    Einer der Garimpeiros, den Bento unter dem Namen José kannte wandte sich ab, verschwand hinter einem Stapel Autoreifen und kam mit einem Bogen und zwei Pfeilen zurück. Sie waren rot gestrichen und mit Federn geschmückt. Bento riß ungläubig seine Augen auf.
    »Ihr … ihr seid der ›Rote Pfeil‹?« Er spürte, wie ein Zittern durch seinen Körper lief.
    »Nein!« Emilio lächelte kurz und wurde dann wieder ernst. »Aber wir schieben ihm die Bestrafung in die Schuhe. Jeder wird es glauben. Man wird nach ihm suchen – ein Doppelerfolg für uns. Wir haben die Pfeile nach Yanomami-Art angestrichen. Ist das nicht ein guter Gedanke?«
    Je zwei Männer griffen nach Roberto und Paulo, richteten sie auf und schleppten sie zu dem Reifenstapel. José legte den ersten Pfeil auf die Sehne und spannte den Bogen.
    »Nein!« schrie Paulo mit Schaum vor dem Mund. »Nein! Bento –«
    Bento wandte sich ab und ging drei Schritte zurück in die Dunkelheit. Ihm war, als hätte er Blei an den Füßen; drei Schritte, die er nie mehr vergessen würde. Kurz darauf hörte er das helle Schwirren des Pfeils, dann einen dumpfen Aufschrei und Robertos Weinen, das sich zu einem Heulen steigerte.
    Es übertönte den zweiten Pfeilschuß und brach mit einem Röcheln ab.
    Das ungeschriebene Gesetz von Novo Lapuna war erfüllt. Emilio trat neben Bento und legte ihm die Hand auf den Arm. Bento fuhr zusammen, als habe man ihn gestoßen.
    »Nimm die Hand weg!« zischte er. »Nimm deine verdammte Hand weg!«
    Emilio vermied es, sich in diesem Augenblick mit Bento anzulegen. Er gehorchte.
    »Gehen wir«, sagte er, wieder mit seiner schrecklich gleichgültigen Stimme. »Alles andere übernehmen die Männer.«
    Alles andere hieß, die beiden Leichen auf einen Lastwagen zu schleppen und am Rand des Regenwaldes abzuwerfen.
    Am nächsten Morgen fand man Roberto und Paulo mit den roten Pfeilen in der Brust. Genau ins Herz getroffen.
    Emilio Carmona rief mit verstellter Stimme die

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