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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zentralregierung immer reicher. Während die Siedler kaum mehr als 25 Hektar schlechtes Land zugeteilt bekamen, wurden den Großgrundbesitzern jedoch Hunderttausende von Hektar überschrieben, die sie abholzten, aus denen sie Weiden machten und deren Bodenschätze sie ausbeuteten. Ein dreifacher Verdienst, der auch noch subventioniert wurde.
    Jetzt steuerte die Erschließung der ›Leerräume‹ einem neuen Höhepunkt zu: Man hatte in Roraima Gold gefunden, ein noch nicht abschätzbares Vorkommen. Man hatte Bauxit entdeckt, das Grundmaterial für die Aluminiumproduktion, Eisenerz, Uran und Kassiterit, ein unentbehrlicher Rohstoff für die Verschalung von Raketen. Inzwischen war dort ein Bergwerksgebiet entstanden, das zehntausend Menschen beschäftigte – mitten im Reservat der Waimiri-Indianer. Ein Stamm, dessen Aussterben sicher war und um den sich niemand kümmerte.
    Eisenerz – das ist das Zauber- und Reizwort Brasiliens. Während man in aller Welt die Vernichtung des Regenwaldes beklagt, daß aus ihm Weideland für Millionen Zebu-Rinder wird, um den ohnehin übersteigerten Fleischkonsum in Amerika und Europa zu decken, vergißt man eine weitere Nutzung der Rodungen, übersieht die Interessen eines Industriezweigs oder blickt bewußt daran vorbei, nämlich der Rüstungsindustrie Brasiliens.
    Zwei Milliarden Dollar brachte allein im Jahre 1986 der Waffenexport ein. In vierzig Länder exportierte Brasilien Kriegsmaterial. Vor allem die sogenannte ›Dritte Welt‹ bot sich als Großabnehmer des tödlichen Exportes an, Libyen, Jordanien, Irak, Marokko, Ägypten, Saudi-Arabien und China. In 350 Betrieben mit hunderttausend Beschäftigten werden Panzer, Flugzeuge, Kriegsschiffe und Raketen hergestellt, Kanonen und Granaten, Handfeuerwaffen und Schwertransporter.
    Dafür braucht man Eisen und Stahl – den sogenannten strategischen Rohstoff. Und wo findet man ihn? Vorwiegend in Amazonien, im Boden unter dem Regenwald. Ein ›Leerraum‹, der Milliarden Dollar in sich hat.
    Das große Roden mit Säge und Feuer begann. Stauseen entstanden, bei denen man einen großen Teil des Waldes einfach überfluten ließ, was zu einem Ausstoß von Millionen Tonnen Faulgas führte. Ein Gebiet von 411.000 Hektar wurde ›erschlossen‹, und dann wurde die größte Erzmine der Welt gebaut: Die Ferro Carajás .
    Siebenhundert Kilometer südlich der Amazonasmündung, zwischen den Flüssen Xingu, Tocantins und Araguaia wurde für das Projekt Ferro Carajás ein Gebiet von 800.000 Quadratkilometern – mehr als dreimal so groß wie die Bundesrepublik Deutschland – dem staatlichen Mischkonzern Companhia Vale do Rio Doce (Gesellschaft vom Tal des Süßen Flusses) zugesprochen: das größte Regenwaldvernichtungsprogramm überhaupt. Für 1,4 Milliarden Dollar wurde eine Eisenbahnlinie von der Hochebene von Carajás bis zum neuen Tiefwasserhafen von São Luis am Südatlantik gebaut, parallel zu einer Straße, die den Urwald zerschnitt.
    An den Zeichentischen in Brasilia, in den Planungsbüros und bei den Banken schwappte die Begeisterung über dieses Projekt über. Das ›Regionalentwicklungs-Programm Grande Carajás‹ sah vor: Errichtung riesiger Talsperren, Ausbau von Wasser- und Schienenwegen, neue Straßen, eine Reihe von Hüttenwerken, Umgestaltung des Regenwaldes in Viehweiden und landwirtschaftliche Großbetriebe, Ansiedlung von Bauern vor allem aus dem armen Nordwesten. Gesamtkosten 60 Milliarden Dollar.
    Und weiter rechnete man: Das Eisenerz von Carajás konnte im Tagebau gewonnen werden, mit Riesenschaufelbaggern, die wie urzeitliche Ungetüme aussahen, die sich in das gebirgige Land fraßen. Vier Kilometer lang und 300 Meter breit – ein gigantisches Loch im Leib des ehemaligen Regenwaldes. In 30 Jahren, so errechneten Spezialisten in Brasilia, würde dieses Loch 285 Meter tief sein!
    Und weiter rechnete man: Im Gebiet von Carajás liegt das größte und reichste Mineralienvorkommen der Welt. 17,8 Milliarden Tonnen Eisenerz – das bedeutet, daß der Weltbedarf an Eisen auf 500 Jahre gedeckt ist! Dazu kommen 60 Milliarden Tonnen Manganerz, unvorstellbare Vorräte an Kupfer, Nickel, Zinn, Titan, Wolfram, Molybdän und Gold!
    Hat der Regenwald da noch eine Chance, zu überleben?
    Aus dem Boden des sterbenden Waldes von Amazonien, vom Erzgiganten Grande Carajás, bezog die Bundesrepublik Deutschland 1987 5,9 Millionen Tonnen Eisen, das waren 26 Prozent der Gesamtproduktion. Japans Stahlfirmen kauften im gleichen Jahr 56 Prozent der

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