Das Regenwaldkomplott
eingebracht hatten.
Der TV-Reporter wartete ab, bis Maputo sich den Schweiß von der Stirn gewischt hatte. Die Kamera lief unterdessen weiter.
»Aber Aluminium ist doch nicht alles. Die Probleme sind doch vielfältiger«, fragte der Reporter.
Maputo nickte.
»Natürlich. Lassen Sie mich weiter vorlesen, was meine Kameraden und ich gesammelt und was wir selbst mit eigenen Augen gesehen haben. Noch einmal zum Aluminium: 1977 drosselte Japan seine Aluminiumerzeugung von 1,2 Millionen Tonnen auf 0,23 Millionen Tonnen im Jahre 1985. Die USA gönnten sich auch einen Produktionsrückgang von über 25 Prozent in den Jahren 1980 bis 1985. Von anderen Ländern der Nordhalbkugel hörte man das gleiche. Brasilien aber stieg kometenhaft empor. Schon sieben Jahre nach Beginn der großen Projekte, nach Inbetriebnahme der Verhüttung produzierte es 0,26 Millionen Tonnen Aluminium. Es nahm den fünften Platz unter allen Aluminiumproduzenten ein. Weltweit! Und alles mit fremdem Kapital! Der Westen pumpte uns mit Dollars voll. Und noch ein Sektor blühte auf: die Rüstungsindustrie, unter strenger militärischer Kontrolle. Auch hier: Kapital aus dem Westen. Im November 1971 kam es zum Beispiel zu einem Zusammenschluß der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt, genannt DFVLR , die heute DLR heißt, und dem brasilianischen Zentrum für Weltraumtechnik, genannt CTA . Das Ziel: die Entwicklung von Höhenforschungsraketen und Beihilfe zur Planung der brasilianischen Rakete SONDA III und IV. Aber das war nur der Anfang. Damit der Geldstrom ungehindert fließen konnte, entstanden andere Großprojekte. 1975 kaufte die Rio Cristalino Volkswagen AG, auch einfach VW do Brasil genannt, also der deutsche VW-Konzern, 140.000 Hektar Regenwald. Durch Brandrodung wurden 55.000 Hektar Wald vernichtet, um Weiden für 86.000 Rinder zu gewinnen … die Rinderfarm wurde ein Verlustgeschäft, der deutsche VW-Konzern gab das Projekt auf. Fast 60.000 Hektar Regenwald waren für immer vernichtet worden.«
»Und wie war das mit dem gigantischen Projekt des amerikanischen Reeders Daniel Keith Ludwig?« fragte der TV-Reporter, als Maputo wieder Atem holte. Er schien sich gut vorbereitet zu haben.
Maputo nickte und kramte wieder in seinem Papierstapel.
»Ja … dieser Amerikaner«, sagte er und schüttelte dabei den Kopf, als erinnere er sich an etwas Unglaubliches. »Das war das Riesenprojekt JARI ! Das begann schon 1970 zusammen mit dem Aluminium-Boom, Jari ist ein Fluß, der in den Amazonas mündet. Dort kaufte der Amerikaner Ludwig, der Besitzer der Universe Tankship Incorporation , vom brasilianischen Staat 1,6 Millionen Hektar Land, das meiste davon Regenwald. Da auch Senhor Ludwig nicht über genügend Kapital verfügte, finanzierte er den Kaufpreis mit steuerlichen Subventionen. Mit Krediten, die er überall als Milliardär bekam, kaufte Ludwig noch 3,7 Millionen Hektar Land dazu. Er besaß also 5,3 Millionen Hektar Regenwald, Flüsse und Dschungel, ich glaube, der größte Einzelbesitz in Brasilien. Wenn man den Preis, den er zahlte, überprüft, hat er pro Hektar 2,50 Dollar bezahlt! Fast ein Geschenk!«
Maputo hielt einen Augenblick inne und fuhr dann fort: »Sie werden jetzt fragen: Was ist nun das JARI -Projekt? Was wollte Senhor Ludwig mit den 5,3 Millionen Hektar Land? Seine Pläne waren: Bauxitabbau, Edelholzverwertung, Reisanbau, Gewinnung von Kaolin, riesige Weiden für eine Viehwirtschaft, Zellulosefabriken, nach Abbrennen des Regenwaldes Wiederaufforstung von 200.000 Hektar mit den Bäumen Pinus und Gmelina, zwei beliebten Holzsorten, die schnell wachsen. Aber schon nach zwölf Jahren, im Jahre 1982, war Senhor Ludwig mit JARI so pleite, daß er es mit großem Verlust verkaufte, und zwar an eine Gruppe von brasilianischen Spekulanten, die wiederum das Geld zum Kauf vom brasilianischen Staat bekam. Damit war Brasilien doppelt geschädigt. Die Regierung unterdrückte den Skandal.«
Die TV-Kamera fuhr wieder zu dem Stapel Papier und auf Maputos Hände, die darin wühlten.
»Und wie ist das mit dem größten Projekt Brasiliens, das man CARAJÁS nennt?«
Maputo blickte in die Kamera, als wolle er jeden Zuschauer persönlich ansprechen.
»Es begann mit dem Jahre 1980 –«, sagte er langsam, um dann schneller und leidenschaftlicher zu werden. »In diesem Jahr beschloß man, das Gebiet von Carajás zu ›erschließen‹. Es handelt sich um Gebiet von 840.000 Quadratkilometern. Der Regenwald dort soll abgeholzt
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