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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schoß wild durch die Gegend und wurde zu einer Gefahr für alle im Camp. So fing man den Tobenden ein und sperrte ihn in dieses Zimmer, das außer dem Gitter vor dem Fenster noch eine dicke Tür hatte, die mit Blech beschlagen war. Es war unmöglich, sie einzutreten. Die Wände der ›Zelle‹ bestanden aus starken Rundhölzern, die jedem Ansturm trotzten.
    Gilberto wartete. Er wartete drei Tage lang auf ein Urteil, das zehn Holzfäller, die das Gericht bildeten, fällen würden. Dantas führte den Vorsitz. Hier, mitten im Urwald, war das Gesetz außer Kraft, es galt nur der Urteilsspruch der aus der Gemeinschaft gewählten Geschworenen. Das Gesetz des Dschungels.
    Blondie war schon am nächsten Tag begraben worden. Die feuchte Hitze von über 40 Grad beschleunigte die Verwesung. Als man Blondie in eine Kiste legte und diese vernagelte, war ihr Körper schon mit großen Leichenflecken übersät. Alle Holzfäller wohnten dem Begräbnis bei, auch die Arbeitsschicht hatte für eine Stunde frei bekommen. Jeder kannte ja Blondie, jeder war schon bei ihr im Wohnwagen gewesen und hatte sich an ihrem Körper erfreut. Für viele war sie ein Stück Zuhause gewesen. Wenn man bei ihr lag, vergaß man, daß man in einer grünen Hölle lebte und nach einer Stunde wieder mit den Riesenbäumen kämpfen mußte. Ihr weicher, warmer Leib war die Erfüllung aller Sehnsucht.
    Zwei Tage versuchte Minho, Dantas davon zu überzeugen, daß Gilbertos Tat als eine Affekthandlung zu betrachten sei. Und immer hörte er nur den einen Satz:
    »Darüber werden die zehn Geschworenen entscheiden.«
    »Und wenn sie Gilberto schuldig sprechen, was geschieht dann?«
    »Dann wird er aufgehängt.«
    »Das ist Mord!«
    »Er hat auch gemordet.« Dantas faltete die Hände. Es sah merkwürdig aus in dieser Umgebung. »Wir handeln hier nach den Worten der Bibel: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das ist logischer und gründlicher als alle staatlichen Paragraphen.«
    Am dritten Tag kam es zur ›Gerichtsverhandlung‹ im Gemeinschaftsraum des Lagers C 15. Gilberto wurde vorgeführt und nahm auf einem Stuhl neben Dantas Platz. Einen Verteidiger hatte er abgelehnt. »Ich habe es getan. Basta!« sagte er. »Und jeder weiß, warum. Wozu noch lange Reden?«
    Zeugen gab es natürlich nicht, und so wurde es ein schwieriger Fall, so einfach die Sachlage auch war. Ein Geständnis lag vor, aber – und das war das Außergewöhnliche – es gab eine Menge Holzfäller, die Gilberto verstehen konnten.
    Und so traten sie einzeln vor, hoben die Hand zum Schwur und sagten:
    »Auch mich hat Blondie betrogen. Das heißt, sie hat's versucht. Sie gab erst nach, als ich ihr ein paar Ohrfeigen gab. Mann, hatte ich damals eine Wut!«
    Ein anderer Holzfäller baute sich vor Dantas und den Geschworenen auf und berichtete:
    »Mich wollte sie ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Nachdem wir's getrieben haben, lag ich auf ihrem Bett, müde, aber wach. Sie hat gedacht, ich schlafe, ist an meine Hose gegangen, hat die Geldbörse herausgeholt und mir zweitausend Cruzeiros und hundert amerikanische Dollar geklaut. Ich tat so, als ob ich wirklich schliefe, und als ich dann aufstand und ihr – das war gespielt von mir – noch zwei Dollar extra geben wollte, weil's so schön gewesen war, war die Tasche leer. ›Du Aas!‹ habe ich gesagt. ›Du hast mich beklaut. Gib das Geld her!‹ Aber sie leugnete, lachte mich aus und meinte, ich hätte das Geld wohl versoffen und wüßte das nicht mehr. Caramba, da sah ich rot. Ich habe sie gegen die Wand geschleudert, auf sie eingeschlagen und, das sage ich jetzt frei heraus, ich hätte sie umgebracht, wenn ich sie nicht so weich geklopft hätte, daß sie das Geld freiwillig wieder herausgab. Als Vergeltung hab' ich sie mir dann noch einmal vorgenommen. Von da ab hat sie nie wieder versucht, mich zu betrügen. Und ich brauchte später auch nur den halben Preis zu bezahlen. Ja, so war's.«
    Aus den Reihen der Zuhörer kam ein Grollen. Der Diebstahl regte sie nicht weiter auf, aber daß der Companheiro es für den halben Preis hatte machen können, das war doch das Letzte!
    Im Laufe des Prozesses traten neun weitere Holzfäller auf, die auch von Blondie bestohlen worden waren. Drei von ihnen hatte sie außerdem schon nach der Hälfte der Zeit wieder rausgeworfen. Zum gleichen Preis!
    Dantas blickte hinüber zu den zehn Geschworenen, die sichtlich beeindruckt waren. Auch sie hatten ja zu den Kunden von Blondie gehört. Daß Gilberto bei so einem Betrug

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