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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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emaillierte Schalen, Propangas-Kocher, drei zusammengelegte Zelte, Decken, Werkzeuge wie Spaten, Schaufeln, Äxte, Beile, Sägen, Schraubenzieher, dazu das nötige Kleinmaterial, vom Nagel aller Größen bis zu verschiedenen Schrauben, sogar zehn Zwingen, Leimeimer und Hobel, Taschenlampen mit einem Karton voller Batterien, zwei Kompasse, zehn Macheten und vor allem Waffen – drei Pistolen, drei Gewehre und zwei große Kartons mit Munition. Hinzu kamen die persönlichen Dinge wie Wäsche, Schuhe und Stiefel, Bekleidung, Seifen, Zahnputzmittel, Hängematten und Moskitonetze.
    Das Boot war randvoll. Sofia, Minho und Pater Ernesto hatten kaum noch für sich selbst Platz.
    Alle Mitglieder der Station Santo Antônio, einschließlich der Polizei, versammelten sich zum Abschied am Ufer des Rio Parima. Ribateios Pflicht wäre es gewesen, die Flucht sofort nach Boa Vista zu melden und mit allen Mitteln zu verhindern, aber er schwieg, und alle seine Männer hatten mit Handschlag versprochen, auch nichts zu erzählen, nie, was auch kommen würde. Es war heimlich in der Nacht geschehen, wollte man sagen. Lautlos, keiner hatte etwas gemerkt. Erst am Abend des 23. August wollte Ribateio aufgeregt die Nachricht vom Verschwinden Pater Ernestos, Marco Minhos und Sofia Lobos' melden. Ein weiteres Hinauszögern würde Verdacht erregen. Bilac mochte toben, wie er wollte, die Flucht wäre gelungen.
    Nun standen sie alle am Ufer des Flusses, und es war schwer, Worte des Abschieds zu finden, für eine Fahrt, von der es vielleicht keine Wiederkehr gab. Alle umarmten sich und küßten sich auf die Wange, hoffnungsvoll und traurig zugleich.
    »Lasset uns beten«, sagte Pater Vincence mit fester Stimme.
    Alle knieten nieder, auch Ribateio mit seinen Polizisten senkte den Kopf und faltete die Hände. Hinter Pater Vincence standen die Schwestern Lucia und Margarida, sie trugen den Kelch und die Dose mit den Hostien. Neben ihnen entzündete Luigi ein Weihrauchkesselchen.
    »Herr«, begann Pater Vincence laut zu beten und blickte dabei in den blauen, noch von der Sonne erglänzenden Himmel, »viele Worte sind nicht nötig in dieser Stunde. Du siehst uns, Du hörst uns, Du bist bei uns. Sei gnädig mit diesen Menschen, die jetzt in die Natur ziehen, die Du geschaffen hast. Gib ihnen Stärke und innere Kraft, die sie gebrauchen können auf ihrem schweren Weg. Beschütze sie vor allen Gefahren. Beschütze sie vor allem vor den Menschen, die sie jagen werden, als seien sie wilde Tiere. Herr, wir flehen Dich an: Laß uns nicht allein in unserer Not, gib uns den Mut und den Willen, alles zu ertragen. Halte Deine Hand über uns, Vater, sieh auf Deine Kinder! Amen.«
    Und alle, die da knieten, sagten Amen und bekreuzigten sich.
    Der Fluß rauschte. Von einer Schar Papageien klangen ihre Schreie herüber. Zwischen den Mangrovenwurzeln badete und schnüffelte ein Wasserschwein am gegenüberliegenden Ufer.
    Pater Vincence verteilte die Hostien, Luigi schwenkte den Weihrauchkessel, Margarida reichte dem Pater den Kelch. Er trank einen Schluck, drückte den Kelch an seine Brust und senkte den Kopf. Ergriffen betete er:
    »Herr, verlaß uns nicht. Herr, wir geben uns in Deine Hand.«
    Mit einem Ruck gab er Margarida den Kelch zurück, breitete die Arme über Ernesto, Minho und Sofia aus und segnete sie. Dann trat er zu Pater Ernesto, ließ sich Weihrauchkessel, Hostiendose und Kelch geben und stellte alles vor dem knienden Ernesto in den Ufersand.
    »Nimm es mit, Bruder«, sagte er tief bewegt. »Du wirst es brauchen.«
    Es war das erstemal, daß man Pater Ernesto weinen sah.
    Als sie ablegten und hinausruderten auf den Rio Parima, stand niemand mehr am Ufer und winkte ihnen zu. Auch das Glöcklein läutete nicht, es war schon eingepackt. Ernesto und Minho ruderten, Sofia saß hinter Marco. Sie wußte, daß es kein Zurück mehr gab, daß jeder Ruderschlag sie hinwegtrug in ein unbekanntes Leben. Irgendwann würde Pater Ernesto sie mitten im Regenwald trauen; dann war sie Sofia Minho, die Verschollene im Dschungel.
    Zwei Kilometer flußabwärts, in einer kleinen, sandigen Bucht, wartete eine Gruppe Yanomami auf sie. Sie winkten und zogen das schwere Boot an Land. Zwischen Wald und Ufer stand eine imposante Gestalt, auf dem Kopf einen Helm aus gelben, roten und schwarzen Federn, behängt mit Muschelketten und den gebleichten Kiemen des riesigen Arapaima-Fisches. Der Mann hob beide Hände und empfing die Ankommenden mit einem majestätischen Gruß.
    Häuptling

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