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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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diesem Falle die Yanomami.« Der Mann aus der Zentralstelle der FUNAI in Brasilia sprach wie über den Bau einer Landstraße. »Die Aufrechterhaltung ihrer neunzehn Gebiete ist unmöglich. Aber die Augen der Welt blicken auf uns und unsere Handlungen. Die Milliardenkredite aus den Industrieländern fließen nur weiter, wenn wir das Leben der Indianer schützen. Wie aber können wir sie schützen, wenn genau in ihren Gebieten der Reichtum Brasiliens liegt? Soll Brasilien zugrunde gehen, weil es noch 30.000 bis 40.000 Indianer gibt, nicht eingerechnet die Menschen in den noch unerforschten Gebieten? Da muß man sich etwas einfallen lassen.«
    Man hatte sich etwas einfallen lassen, und genau das war es, was selbst in Beja einen Funken Moral entzündete.
    Die Indianer haben keinerlei Abwehrkräfte gegen unsere Zivilisationskrankheiten. Das ist bekannt. Eine Grippe zum Beispiel rafft sie unweigerlich dahin, wenn man sie nicht sofort behandelt. Eine normale, simple Grippe.
    Was ist einfacher, als mit bedauernden Worten zuzusehen, wie eine gigantische Grippeepidemie die Indianer dezimiert bis auf ein paar zähe Überlebende?
    Arlindo Beja verließ nach vier Stunden die Sitzung, fuhr nach Hause und schloß sich in sein Arbeitszimmer ein. Nach langem Zögern rief er endlich Coronel Bilac ein.
    »Ich komme gerade von einer Sitzung der FUNAI «, sagte er mit deutlich bedrückter Stimme. »Wissen Sie, Miguel, was man plant? Nein, das können Sie nicht wissen, es ist unfaßbar. Hören Sie zu: Man will Flugzeuge über das Yanomami-Land schicken und Wolken von Grippebazillen ausstreuen. Sie werden alle eines ›natürlichen Todes‹ sterben. Grippebazillen! Miguel, was sagen Sie nun?«
    Und Coronel Bilac antwortete ohne Zögern. »Welch eine geniale Idee! Daß darauf noch keiner gekommen ist! Damit löst man alle Probleme auf eleganteste Art …«
    Wortlos legte Beja den Hörer wieder auf.
    Eigentlich hatte er von Bilac auch keine andere Antwort erwartet.
    Die Nachrichten aus Santo Antônio flossen nur zögernd nach Boa Vista zu den Verbannten der Mission. Sie kamen meistens von Tenente Ribateio, der die Briefe verläßlichen Piloten mitgab, die sie dann zu Pater Vincence brachten. Man hatte Vincence erlaubt, in einer der Kirchen der Hauptstadt von Roraima zu predigen. Sein Orden in Italien hatte energisch gegen die Ausweisung protestiert und den Bischof von Boa Vista zur Intervention gebeten. Die war längst erfolgt und kommentarlos zu den Akten gelegt worden.
    So erfuhr man also, daß die Militärpolizei und selbst die Beamten der FUNAI die Mission regelrecht geplündert hatten. Gegenstände aus der Küche und dem Hospital waren spurlos verschwunden, die Apotheke war im Handumdrehen leer, die Fahrzeuge und Werkzeuge hatten sich in Luft aufgelöst, die gesamte Radio- und Funkstation der Mission war fort, und das wertvolle, unersetzbare Archiv, aufgebaut von der ersten Stunde der Mission an, war mutwillig zerstört worden. Die Mission war einem lärmenden Militärlager gewichen.
    Vier Beamte der FUNAI hatten die Verwaltung übernommen, aber nur einer verstand die Sprache der Yanomami. Er hatte auch zunächst wenig zu tun, denn mit den ›wilden‹ Yanomami kam er nicht in Berührung, nur mit den ›zivilisierten‹ Yanomami, die in den Minen Arbeit gesucht hatten und in ihrer Einfalt die Goldsucher als die ›neuen Herren‹ betrachteten, mit denen man sich gutstellen mußte. Von ihnen bekamen sie Nahrungsmittel, Kleidung, Werkzeuge, Töpfe und – Schnaps. Einige waren sogar stolz darauf, daß sie mit ihren Frauen und Töchtern viel Geld bei den Garimpeiros verdienten.
    Die Yanomami-Gemeinschaften spalteten sich auf. Einige Stämme wollten die neue, bessere Zeit erkannt haben und so leben wie die Weißen, andere Stämme verschwanden in der unendlichen Tiefe des Regenwaldes und waren bereit, um ihr Land zu kämpfen. Der Gouverneur von Roraima, Getulio de Souza Cruz, den Pater Vincence öffentlich angeklagt hatte, er lasse in die Indianerreservate illegal Goldsucher ein und habe dafür sogar einen Hubschrauber der Polizei zur Verfügung gestellt, war mit der Schließung der Mission Santo Antônio und der Ausweisung der ›subversiven ausländischen Patres‹ rehabilitiert. Am Rio Parima herrschte Ruhe.
    Der Einsatz von Flugzeugen, die Grippebazillen über die neunzehn Yanomami-Reservate ausstreuen sollten, blieb zunächst noch Plan, der aber jederzeit ausführbar war. In luftdicht verschlossenen Stahlbehältern lagerte der Grippetod

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