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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Nacht sehen. Ohne Feuer kann kein Yanomami leben.« Lobos schwieg einen Augenblick. »Wenn ihr sie gefunden habt«, fuhr er nach einem langen Atemzug fort, »ist es euch überlassen, was ihr tut. Nur eins: Bringt das Mädchen unversehrt aus dem Urwald heraus, und nehmt es mit nach Boa Vista. Ich werde dann da sein, wenn ihr von der Mission angerufen habt. Der Pater interessiert mich nicht. Wichtig allein ist Marco Minho – und natürlich das Mädchen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Ja, Senhor«, antwortete einer der Pistoleiros, der anscheinend die Führung der Gruppe übernommen hatte.
    »Keine Fragen mehr?«
    »Nein, Senhor.«
    »Dann viel Glück.« Lobos zog die breite Schreibtischschublade auf und holte ein dickes Kuvert hervor. Er warf es dem Wortführer zu, der es geschickt auffing. »Das ist für die nötigen Ausgaben. Eine Abrechnung brauche ich nicht.«
    Um Luise Herrmann kümmerte sich in Boa Vista niemand.
    Während Pater Vincence predigen durfte und dem Pfarrer der ihm zugeteilten Gemeinde half, saß Luise untätig herum, erhielt pünktlich ihr monatliches Gehalt, aber sonst war es, als gäbe es sie gar nicht. Luigi arbeitete im Krankenhaus von Boa Vista, und die Schwestern Lucia und Margarida kümmerten sich um die Kinder in den Slums von Boa Vista, nur für eine Biologin hatte man keine Verwendung.
    Die Zeit verstrich qualvoll langsam. Der einzige, der sich um Luise kümmerte, war Arlindo Beja, der Chef der FUNAI , aber genau den wollte Luise nicht als Tröster ihrer Einsamkeit haben.
    Sie trafen sich dreimal in diesen Wochen – für Beja zu wenig, für Luise zu viel. Und immer endete ein Caféhaus-Besuch oder ein Essen in einem der wenigen Luxusrestaurants von Boa Vista mit Luises Frage:
    »Warum kann ich nicht nach Santo Antônio zurück und meine Arbeit fortsetzen?«
    Und jedesmal antwortete Beja: »Das müssen Sie den Gouverneur fragen. Ich weiß es nicht.« Mit dieser Antwort log er, denn er wußte genau, daß die Mission geschlossen worden war, um keine Zeugen für die weitere Zerstörung des Regenwaldes und die Vertreibung der Yanomami zu haben. Was man nicht sieht, darüber kann man nicht schreiben.
    Ein paarmal versuchte Luise, den Gouverneur selbst zu sprechen. Beim erstenmal fragte er seinen Sekretär: »Wer ist Luise Herrmann. Klingt so deutsch –« Und als er hörte, sie wäre als Forscherin auf der Mission Santo Antônio gewesen, lief sein Gesicht rot an. »Für diese Dame habe ich keine Zeit!«
    Auch Schreiben nach Brasilia an die verschiedenen Ministerien blieben ohne Antwort. Das ›Nationale Amazonas-Institut‹, abgekürzt IMPA , teilte immerhin mit, daß es nicht zuständig sei für biologische Forschungsarbeiten.
    »Du bekommst pünktlich dein Geld, was willst du mehr?« meinte Pater Vincence sarkastisch.
    »Man will uns kaltstellen, mundtot machen. Jeder, der die Wahrheit sagt, ist ein Staatsfeind.«
    »Das haben solche Regierungen so an sich, Luise. In Diktaturen wird man aufgehängt, erschossen oder geköpft. Es gibt eine Menge Mittel, einen unbequemen Menschen aus dem Weg zu räumen. Sei froh, daß man uns in Ruhe läßt. Ich wundere mich sowieso schon darüber.«
    Nicht in Ruhe ließ man Santo Antônio. Tenente Ribateio berichtete:
    Betonfundamente für neue Militärbaracken wurden gegossen. Die Flugpiste wurde verlängert und verbreitert, um eine Landebahn auch für große Flugzeuge zu schaffen.
    Da die Grenze zu Venezuela nur 40 Kilometer entfernt war, besann sich das Militär plötzlich an eine nötige Grenzüberwachung. Nicht, daß Venezuela Annektionsgelüste gezeigt hätte, nein, aber in diesem Grenzgebiet, auf dem Boden von Venezuela, lebten schätzungsweise 15.000 Yanomami. Und es war zu befürchten, daß diese Armee von Wilden ihren von den Goldsuchern und den neuen Fabrikherren bedrohten Brüdern zu Hilfe eilen könnte. Dann wären die vereinigten Yanomami-Stämme gut 25.000 Mann stark – eine echte Bedrohung der Garimpeiros und der Minen für Erz, Uran, Titan, Bauxit, Diamanten und Gold. Die meisten dieser Indianer, noch nicht zivilisierte brasilianische Ureinwohner, zum Teil noch auf der Stufe des Steinzeitalters, waren nur mit Pfeilen und Speeren bewaffnet, aber für das Militär galten sie als Gefahr. Schutz der Grenze hieß hier nichts anderes als Schutz der 50.000 Garimpeiros. Um die Indianer kümmerte sich niemand. Sie wurden immer tiefer in den Wald getrieben.
    Vor nur dreißig Jahren hatten Missionare diese Eingeborenen entdeckt. Damals waren sie

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