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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sein. Tom, morgen geht die Expedition los.«
    »Darüber sprechen wir noch, Li.« Thomas atmete tief durch, um den inneren Druck loszuwerden. »Es kann sein, daß ich am Nachmittag den Medizinmann der Yanomami sprechen darf. Ernesto ist zu ihnen gefahren, um sie zu fragen. Kommst du mit?«
    »Aber ja. Was willst du bei dem Medizinmann?«
    »Er war gestern nacht heimlich bei meinen Kranken und hat sie auf seine Weise behandelt. Wenn da etwas passiert, schiebt man mir die Schuld zu, nicht dem Shaboliwa. Darüber muß ich mit ihm sprechen.«
    »Und wenn er dich nicht sprechen will?«
    »Da muß ich mir etwas einfallen lassen.«
    »Das wird ein Problem, Tom.«
    »Ich weiß. Aber so, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.«
    Nach knapp einer Stunde kam Pater Ernesto von den Yanomami zurück. Staubbedeckt von der Motorradfahrt, stieß er die Tür zu Luises Labor auf. Er hatte Thomas nicht im Hospital gefunden und vermutete ganz richtig, daß er bei Luise sein würde.
    »Die Würfel sind gefallen«, rief er schon beim Eintreten, »die Pata haben in einem kurzen Patamou – und das ist selten – beschlossen, daß du den Medizinmann sprechen kannst. Thomas, hast du ein Glück. Heute findet eine Totenfeier statt. Man wird einen Verstorbenen verbrennen.«
    »Schrecklich«, sagte Luise und hob schaudernd die Schultern.
    »Hygienischer als unsere Begräbnisse. Für einen Yanomami ist eine Erdbestattung grausam, eine Beleidigung des Toten. Man begräbt ihn nicht in die Erde und läßt ihn verfaulen. Sein Geist lebt ja weiter, und das Feuer reinigt ihn. Es ist eine hochinteressante Zeremonie. Und ihr habt das einmalige Glück dabeizusein.«
    * * *
    Wenige Tage später, am Sonntag, landete, von Brasilia kommend, ein junger Mann mit schwarzen Locken und einer Sonnenbrille mit Goldgestell auf dem Flugplatz von Boa Vista.
    Vom Gepäckband holte er drei große schwere Koffer, winkte einem der in der Airporthalle herumlungernden und nach Arbeit suchenden Mestizen und ließ sie zu den Taxen vor dem Gebäude tragen. Zwei Koffer paßten gerade noch in den Kofferraum, den dritten wuchteten sie auf den Rücksitz. Der Taxifahrer wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Schleppen Sie Steine rum, Senhor?«
    »So was Ähnliches.« Der junge Mann warf sich auf den Vordersitz, rückte die Sonnenbrille gerade und streckte die Beine aus. Er hatte schon einige tausend Kilometer hinter sich. Von Rio nach Brasilia, von Brasilia nach Boa Vista – da kann man etwas erschöpft sein, trotz einiger Drinks im Flugzeug.
    Er ließ sich zum besten Hotel der Stadt fahren und grinste verhalten, als zwei Hotelboys die Koffer ächzend ins Haus schleppten.
    An der Rezeption, hinter der ein sehr vornehm aussehender Chefportier residierte, füllte er den Anmeldeschein aus und trug ein: Marco Minho, Recife. Beruf Zoologe. Sein Zimmer war vorbestellt, der Chefportier überreichte ihm feierlich den Schlüssel und sagte: »Ich wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt in unserer Stadt, Senhor Minho. Haben Sie noch besondere Wünsche?«
    »Nein.« Minho nahm den Schlüssel und schüttelte den Kopf. »Ich möchte im Augenblick nur Ruhe haben.«
    »In angenehmer Gesellschaft, Senhor?« Der Chefportier verzog dabei keine Miene. »Welchen Typ bevorzugen Sie?«
    Minho lächelte etwas schief und schüttelte wieder den Kopf. »Ich möchte wirklich nur Ruhe haben – allein. Aber wir können später darüber reden.«
    »Wir sind bemüht, die Wünsche unserer Gäste zu befriedigen.«
    »Danke. Ich werde es mir merken.«
    Das Zimmer erwies sich als ein schönes, großes Appartement zu ebener Erde mit einer Terrasse, die in einen eigenen kleinen Garten überging. Auf dem fetten, grünen Rasen drehte sich leise zischend ein Rasensprenger. Es fehlte an nichts: Minibar, Farbfernseher, Radio, Telefon; Schlafraum und Wohnraum waren getrennt; ein Luxus, über den Minho äußerst erstaunt war.
    Wer soll das bezahlen? dachte er. Ich nicht. Ich bin nur ein Zoologe des staatlichen Instituts zur Erforschung des amazonischen Regenwaldes und seiner Artenerhaltung.
    Es handelte sich um ein Institut, das neu gegründet worden war und erst vor einem halben Jahr mit der Arbeit begonnen hatte. Man stellte zwar meist nur Theorien und Statistiken auf, erhielt aber dafür aus dem westlichen Ausland Millionenbeträge zur Unterstützung der Forschung. Das Ziel: Stop des Raubbaus am Regenwald. Die Regierung machte viel Aufhebens um diese neue Institution, ein Beweis der Anstrengungen, die Zerstörung

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