Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel
Erschrecken, er torkelte nach hinten und hielt sich sogar an der Wand fest. Ein Blick auf Bas’Akir zeigte Darian, dass auch der Dunkelelf über dieses Verhalten erstaunt war.
»Ohelia«, flüsterte der Dunkelelf, und es hatte den Anschein, als würde sich ein Schatten über sein Gesicht legen.
»Du kanntest sogar den Namen meiner Mutter, das verwundert mich«, entgegnete Mia bissig und trat noch einen Schritt vor, woraufhin der Wächter sein Schwert drohend in ihre Richtung hielt.
Ganz offensichtlich um seine Fassung kämpfend blickte Zir’Avan nun auf die Gefährten seiner vermeintlichen Tochter. »Zwei Menschen und ein geächteter Dunkelelf.«
Zur Überraschung aller fuhr er urplötzlich blitzschnell herum und versenkte seine schlanke Klinge in der Brust des Wächters, woraufhin dieser lautlos in sich zusammensank.
»Folgt mir.« Zir’Avan, nun wieder ruhig und beherrscht, drehte sich um und ging wie selbstverständlich an dem Toten vorbei.
Sprachlos deutete Darian auf die am Boden liegende Leiche, und auch seine Gefährten bekamen vor Schreck keinen Ton heraus. Lediglich Bas’Akir zeigte keine Anzeichen von Bestürzung.
»Er glaubt uns«, behauptete der Dunkelelf.
»Er … Er hat ihn getötet!« Darian konnte es einfach nicht fassen und ließ sich perplex von Bas’Akir weiterschieben.
»Dort, in der Ecke, das müssten eure Waffen sein.« Mias Vater deutete nach rechts. »Verhüllt euch mit euren Umhängen, ich führe euch auf geheimen Pfaden zu meinem Haus. Dort werden wir reden.«
Kapitel 20
Blutsbande
Verwirrt und verstört zugleich taten die Gefährten, wie ihnen geheißen und folgten dem hochgewachsenen Mann hinaus auf den großen Platz vor dem Herrscherpalast, der sich ganz allmählich wieder mit Leben zu füllen begann. Raschen Schrittes steuerte Zir’Avan auf eine schmale Gasse zu, die zwischen zwei prächtigen Gebäuden hindurchführte.
»Vielleicht sollten wir lieber sehen, dass wir verschwinden«, raunte Atorian seinem Bruder zu, und Darian war geneigt, ihm zuzustimmen.
Bas’Akir, der direkt hinter ihnen lief, hatte Einwände. »Er wird uns helfen, er glaubt uns.«
»Der Kerl hat einfach die Wache umgebracht!«
»Es war sinnvoll«, beharrte Bas’Akir, doch bevor sie weiterdiskutieren konnten, blieb Zir’Avan stehen und strich mit der Hand über eine Mauer, wobei er etwas vor sich hin murmelte. Wie von Geisterhand glitt die steinerne Tür zur Seite, und ein schmaler, stockdunkler Gang wurde sichtbar.
»Aramia, ich nehme an, deine Augen haben mit der Dunkelheit kein Problem?«, erkundigte sich ihr Vater mit einer Spur von Unsicherheit in der Stimme.
Mia nickte mit starrer Miene und fest aufeinandergepressten Lippen, und der Dunkelelf fuhr fort. »Für euch Menschen wird es etwas unangenehm werden, ihr solltet daher dicht hinter uns bleiben.« Dann nickte er Bas’Akir zu. »Du gehst als Letzter, damit niemand zurückfällt.«
»Ich hasse diese dunklen Gänge«, brummte Darian, doch Mia nahm ihn an der Hand und folgte ihrem Vater in die alles verschlingende Finsternis.
Die Luft in den Gängen war kühl und roch abgestanden, Spinnweben legten sich über Darians Gesicht, und er hatte das Gefühl, etwas über seine Haut krabbeln zu spüren. Immer wieder warnte Mia ihre Gefährten, wenn die Decke niedrig wurde und sie die Köpfe einziehen mussten oder Vertiefungen im Boden sie zum Stolpern gebracht hätten. Zu Darians Erleichterung war der Weg durch die Gänge nicht allzu lang und Zir’Avan öffnete bald eine Geheimtür, die in einen – wie Darian zugeben musste – behaglichen Wohnraum führte. Möbel aus dunkel lackiertem Holz beherrschten den Raum, an den Wänden lehnten hohe Regale, in denen sich Tausende von Schriftrollen und dicke Bücher befanden. In der Mitte stand ein niedriger Tisch, um den herum Felle und Kissen ausgebreitet waren. Wenngleich auch die Wohnung für Darians Empfinden befremdlich wirkte, so war sie alles in allem doch recht stilvoll eingerichtet, und er musste seine Vorstellung von in feuchten Höhlen hausenden Dunkelelfen nun wohl endgültig revidieren.
»Setzt euch, ich werde etwas zu essen holen lassen«, erklärte Mias Vater.
Zögernd und unsicher ließen sich die Gefährten nieder. Die Kissen waren bequem und mit seidigen bunten Stoffen überzogen. An den Wänden hingen fahl glimmende Kristalle, und im offenen Kamin neben der wie ein Torbogen geformten Tür prasselte ein bläuliches Feuer. Seltsamerweise züngelten die Flammen direkt aus
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