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Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel

Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel

Titel: Das Reich der Dunkelelfen - Weltennebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P Roberts
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hätten wir vielleicht herausbekommen, wer die Chroniken von Northcliff und die Karte der Weltenportale besitzt.«
    »Wirst du jetzt das Orakel befragen?«, erkundigte sich Darian und bemerkte, wie ihn eine kribbelnde Aufregung erfasste.
    »Nein, wir müssen warten, bis die Sonne untergeht. Erst wenn die Zeit beginnt, in der das Licht des Tages stirbt und der Dunkelheit weicht, können wir versuchen, Merradann im Kreis der Seelen zu befragen. Wir müssen noch einige Vorbereitungen treffen, Kräuter zum Räuchern sammeln, und«, seine buschigen, grau-schwarzen Augenbrauen hoben sich, »was du vermutlich noch nicht weißt, Darian, wer den Kreis der Seelen betritt, muss denen die Ehre erweisen, die vor uns ins Reich des Lichts gegangen sind.«
    Tatsächlich war Darian dieses Ritual nicht bekannt gewesen, und er stand ihm eher skeptisch gegenüber. Andererseits hatte er in all den Jahren gelernt, die Bräuche der Menschen Albanys zu respektieren. Daher half er nun Nordhalan und seinen Freunden, die Zweige eines stacheligen Busches, welchen Nordhalan ›Calladàn‹ nannte, zu sammeln. Eine eigenartige Ruhe überkam ihn, und er gab sich einfach dem Geschehen hin. Später, die Schatten wurden länger, entzündete Nordhalan die Äste, welche nur ganz schwach an den Spitzen aufglommen. Feierlich schritten sie nacheinander durch eine der gassenartigen Steinreihen, die sternförmig zum Zentrum des Kreises führten. Darian wurde ganz feierlich, aber auch ein wenig unbehaglich zumute, und dennoch spürte er tief in sich, dass dies eine heilige und wichtige Handlung war. Nordhalan sang in einer seltsam monotonen Tonlage Worte, welche die Geister der Nebelinseln anriefen, ihnen huldigten, und sie baten, ihnen Zugang zum Orakel zu gewähren. Und fast schien es Darian, als sogen die alten Monolithen, die wie Relikte einer anderen Zeit anmuteten, die Worte regelrecht auf. Als sie in der Mitte des Steinkreises ankamen, versank gerade im Westen die Sonne, und der feuerrote Glutball bildete einen starken Kontrast zu den finsteren Wolken, die noch immer über den Horizont jagten, die Gefährten jedoch bisher mit Regen verschont hatten.
    Alle verbeugten sich nach Westen, und Nordhalan begann als Erstes, die Namen seiner verstorbenen Freunde und Familienmitglieder anzurufen. Als der Zauberer bei Ohaman angekommen war, verspürte Darian Schuldgefühle in sich aufsteigen. Lange war es her, aber Darian hatte noch immer daran zu knabbern, dass er es damals gewesen war, der nicht auf Ohaman gehört und darauf bestanden hatte, bei Nacht weiterzureiten. Der Zauberer war daraufhin von Dunkelelfen getötet worden, und er selbst hatte nur durch Glück überlebt.
    »Mögen Eure Seelen in der Welt des Lichts Frieden gefunden haben«, endete Nordhalan und legte seinen brennenden Zweig, von dem ein ätherischer Duft ausging, auf dem liegenden Stein am Fuße des größten Monolithen nieder.
    Auch Tagilis, Mia und Atorian riefen nach und nach die Namen ihrer verstorbenen Freunde und Verwandten auf. Während Atorian ihren gemeinsamen Vater, die Großeltern und die kleine Schwester benannte, fühlte Darian plötzlich eine Art von Verbundenheit mit ihnen, die er zuvor noch nie verspürt hatte. Als er an der Reihe war, kam er sich nicht mehr lächerlich vor. Im Gegenteil. Längst verdrängte Gefühle stiegen in ihm auf. Er erinnerte sich an seine ersten Pflegeeltern, an Ohaman, an die Krieger, die an seiner Seite gekämpft hatten und dabei gestorben waren, und plötzlich fühlte er sich von seiner Schuld befreit. Auch er nannte die Namen seiner Eltern und seiner kleinen Schwester, die er niemals hatte kennenlernen dürfen. Am Ende wachte er wie aus einer Trance auf und bemerkte erst jetzt, dass Tränen seine Wangen hinabgelaufen waren.
    Mia lächelte ihm zu und nahm seine Hand, dann beobachteten sie gemeinsam, wie Nordhalan sich ehrfürchtig vor dem Stein verbeugte, zuerst einen selbst für Darian – der die Fähigkeit seiner Mutter geerbt hatte, die Sprachen beinahe aller Wesen zu verstehen – unverständlichen Singsang anstimmte, und dann das Orakel im Kreis der Seelen anrief.
    Zunächst war es still, nur ein leiser Wind säuselte um die uralten Monolithen, trug den Rauch, der von dem brennenden Zweig ausging, davon. Dann schien sich irgendetwas zu verändern – eine Art Summen ging von den mächtigen Steinen aus, und Darian hatte das Gefühl, als würden sie vibrieren. Plötzlich nahm er alle Geräusche, Farben und Formen der Umgebung viel intensiver

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