Das Reich der Dunkelheit
…
Plötzlich merke ich, dass Wasser auf meinen Kopf tropft. Zuerst glaube ich, dass es regnet, doch dann wird mir klar, dass die Feuerwehrleute mit dem Löschen begonnen haben.
III
D AS D UELL
T ROMPETEN SCHMETTERTEN EINE Fanfare. Justiniano senkte die Lanze, zum Zeichen, dass er zum Kampf bereit war. Sein Knappe hielt das Pferd an den Zügeln, damit es nicht durchging.
Am anderen Ende der Bahn hatte Arturo Adragón Aufstellung genommen. Auch er war bereit. Er richtete die Lanze auf Justiniano und drückte den Schild gegen die Brust. Crispín, der das Pferd in Zaum hielt, sah nervös zu Arquimaes hinüber. Der Weise saß auf der Ehrentribüne, neben dem leeren Stuhl von Königin Émedi, umgeben von Königen, Generälen und Rittern.
Die übrigen Zuschauer, in der Mehrheit Soldaten, brüllten vor Vergnügen. Sie freuten sich auf ein spannendes Duell.
Viele von ihnen hatten gewettet, die meisten auf Justiniano, denn kaum jemand glaubte, dass ein blinder Ritter den Kampf gewinnen könnte. Um Gewaltausbrüche zu verhindern, patrouillierten mit Knüppeln bewaffnete Soldaten durch die Reihen.
Die Trompeten ließen eine zweite Fanfare erschallen. Nach der dritten würden die Kontrahenten aufeinander losreiten und um den Sieg kämpfen.
Die beiden Pferde wurden immer unruhiger. Die aufgeheizte Stimmung schien sie angesteckt zu haben. Die Schreie des Publikums feuerten sie an. Panzerdecken schützten ihre Flanken und Eisenmasken die Augen. Sie tänzelten nervös, so als wüssten sie, was als Nächstes passieren würde. Es waren Turnierpferde.
„Wie wird es ausgehen, Meister?“, fragte Amarofet ernstlich besorgt.
„Ich weiß es nicht. Wir müssen Vertrauen in Arturos Kraft haben“, antwortete der Alchemist.
„Wir hätten es nicht zulassen dürfen“, sagte sie.
„Arturo Adragón ist der Anführer der gesamten Armee von Emedia. Er muss zeigen, dass er imstande ist, seine Ehre zu verteidigen, auch wenn er blind ist“, wies Arquimaes Amarofet zurecht. „Er hat keine Wahl!“
Das Mädchen schluckte und versuchte, die aufkeimende Angst zu beherrschen.
Die Trompeten schmetterten das dritte Signal, und die Pferde stürmten aufeinander los. Staub wirbelte auf, das Gebrüll unter den Zuschauern schwoll an. Die Sporen der Ritter bohrten sich in die Seiten der Tiere, die auf den Befehl mit all dem Ungestüm reagierten, zu dem sie fähig waren. Die Erde bebte unter ihren Hufen.
Die Reiter spürten die Kraft ihrer Pferde. Sie waren wie besessen von der unerhörten Erregung. Sie wussten, dass ihr Leben auf dem Spiel stand. Am Ende des Duells stand der Tod eines der Gegner. Das Blut schoss förmlich durch ihre Adern.
Die Schranke, die die beiden Kontrahenten voneinander trennte, vibrierte beim Heranstürmen der Tiere. Die Standarten flatterten im Wind.
Arturo war in der Lage, in der Dunkelheit, die ihn umgab, zu sehen: Die Augen des Drachen auf seiner Stirn blickten durch den Schlitz, den Arquimaes in den Helm geschnitten hatte.
Justiniano staunte über die Entschlossenheit seines Gegners. Er konnte kaum glauben, dass ein Blinder imstande war, sein Pferd so geschickt zu lenken und die Lanze so präzise zu führen. Sie zielte direkt auf seine Brust!
Ich werde die Richtung meiner Lanze ändern und ihn damit verwirren, dachte Justiniano. Er wird nicht wissen, was das zu bedeuten hat.
***
„ D U MUSST MICH verhexen!“, befahl Frómodi. „Ich will unbesiegbar werden. Los, mach schon!“
„Das ist nicht so einfach, Herr“, sagte Górgula.
„Ich muss meine Feinde vernichten!“, schrie der König. „Und dafür brauche ich magische Kräfte!“
„Górgula hat recht, Majestät“, mischte sich Escorpio ein. „Es ist kompliziert, Unbesiegbarkeit zu erlangen. Man braucht Geduld.“
„Geduld?“, schrie der König unbeherrscht. „Sieh dir den verdammten schwarzen Fleck an, der sich immer mehr ausbreitet! Bald ist mein ganzer Körper davon bedeckt, und dann werde ich nur noch eine abstoßende Masse sein! Ich habe eine Mission zu erfüllen, mir bleibt keine Zeit!“
Górgula trat zu ihm und strich mit der Hand über den schwarzen Fleck.
„Das habe ich schon einmal gesehen“, murmelte sie.
„Ist es Lepra?“, fragte Frómodi, der sich schon immer vor dieser Krankheit gefürchtet hatte. „Das Gleiche, was Benicius hatte?“
„Nein, Herr“, antwortete die Hexe und trat einen Schritt zurück. „So etwas hat auch Arturo Adragón. Es ist die Tinte seines Drachen. Ihr habt dieselbe Macht!“
Frómodi
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