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Das Reich der Dunkelheit

Das Reich der Dunkelheit

Titel: Das Reich der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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passiert?“, fragt sie, als ich sie in die Arme schließe.
    „Keine Ahnung“, antworte ich. „Ich glaube, es war eine Bombe in dem Bus da.“
    Ihr Körper zittert, genau wie ihre Stimme.
    „Hat es Tote gegeben?“, fragt sie, so als wüsste sie nicht, wo sie ist. „Hast du meine Mutter gesehen?“
    „Nein, ich habe niemanden gesehen. Gleich wissen wir mehr. Beweg dich nicht und atme tief durch.“
    „Meine Mutter … Dein Vater … Sie sind in der Stiftung …“
    Erst jetzt sehe ich die Umrisse des Gebäudes … oder das, was von ihm übrig geblieben ist. Die Fassade ist fast ganz verschwunden. Es ist unmöglich hineinzugehen, und ich nehme an, dass auch niemand herauskommen kann. Die Bombe hat mein Zuhause zerstört. Sie hat es in Schutt und Asche gelegt. Die Stiftung ist soeben gestorben! Meine Welt existiert nicht mehr!
    „Papa! Norma! Sombra!“, schreie ich verzweifelt.
    „Wir müssen zu ihnen!“, sagt Metáfora.
    „Mahania! Hinkebein!“
    „Mama! Mama!“, ruft Metáfora und läuft auf die Ruine zu.
    Ich halte sie am Arm zurück.
    „Warte! Am Ende explodiert gleich noch eine zweite Bombe! Warte einen Moment!“
    „Meine Mutter ist da drin, ich muss sie rausholen!“, erwidert Metáfora und versucht, sich loszureißen.
    „Mein Vater ist auch da drin! Aber wir müssen abwarten! Bleib hier“
    Ich halte sie mit aller Kraft fest, aber sie hört nicht auf zu schreien:
    „Mama! Mama!“
    Mir ist klar, dass viele Menschen in der Stiftung sind und Hilfe brauchen. Aber ich versuche dennoch, Ruhe zu bewahren. Endlich merkt auch Metáfora, dass es besser ist, nicht sofort in die Ruine zu laufen.
    „Was sollen wir tun?“, fragt sie mich.
    „Vor allem müssen wir vorsichtig sein.“
    Bevor wir hineingehen, müssen wir warten, bis sich der Rauch vollständig verzogen hat. Wir müssen uns auch vergewissern, dass die Tragebalken nicht einstürzen, wenn wir den Fuß in das Gebäude setzen. Außerdem habe ich Angst, dass noch eine zweite Bombe hochgeht.
    „Da kommt ein Auto!“, ruft Metáfora.
    Ein Polizeiwagen nähert sich und verstellt uns den Weg. Einer der beiden Uniformierten steigt aus.
    „Bleibt stehen, Kinder!“, ruft er. „Rührt euch nicht von der Stelle! Es ist gefährlich.“
    „Unsere Eltern sind da drin“, erkläre ich ihm.
    „Bleibt hier, es ist gefährlich“, wiederholt er.
    Der Trümmerhaufen, in den sich die Stiftung verwandelt hat, hört nicht auf zu brennen. Balken stürzen krachend ein. Der Polizist hat recht: Es wäre Selbstmord, sich dort hineinzuwagen.
    Ich nehme Metáfora in den Arm und gehe mit ihr ein Stück. Wir hören die Sirenen der Feuerwehrautos. Die beiden Polizisten geben den Feuerwehrmännern Zeichen.
    „Hör mal, Metáfora“, sage ich, „du bleibst hier, und ich sehe nach, ob ich von hinten hineingehen kann. Vielleicht kann ich sie retten.“
    „Ich geh mit!“, sagt sie flehend. „Wenn ich allein hierbleibe, werde ich verrückt!“
    „Gut, aber du wartest draußen, vor der Gartentür. Versprich mir, dass du nicht hineingehst, ja?“
    „Ja.“
    „Dann komm.“
    Wir machen einen großen Bogen um die Gefahrenzone. Die Polizisten und Feuerwehrmänner achten nicht auf uns, sie sind mit ihrer Rettungsaktion beschäftigt. Wir gehen durch eine Seitenstraße. Einige Leute lehnen sich erschrocken aus dem Fenster, andere sind auf die Straße gerannt, um zu erfahren, was passiert ist. Alle sind in Panik.
    „Was ist los?“, schreit ein Mann.
    Doch keiner antwortet ihm. Die unheilvolle Stille ist die beste Erklärung.
    Wir stehen vor der Rückseite der Stiftung. Sie ist weniger zerstört. Zwar brennt es auch hier, aber die Gartenmauer steht noch. Die Druckwelle hat hauptsächlich die Fassade getroffen.
    Die Gartentür ist aus den Angeln gerissen worden, ihre Einzelteile liegen verstreut auf der Straße.
    „Schnell, gehen wir rein, bevor die Feuerwehr auftaucht“, sage ich. „Später lassen sie uns nicht mehr durch. Komm!“
    Wir laufen direkt auf das gähnende Loch in der Mauer zu. Niemand hält uns auf. Im Garten sehen wir Hinkebein, in Rauch gehüllt, hustend und schimpfend.
    „Hinkebein!“, schreie ich. „Ist alles in Ordnung? Hörst du mich?“
    Aber er gibt keine Antwort. Erst als wir neben ihm stehen, bemerkt er uns. Er ist völlig verwirrt. Wie abwesend schaut er uns an. Sein Blick ist leer.
    „Er hört uns nicht! Die Explosion hat ihn taub gemacht!“, sagt Metáfora, während sie ihm hilft, sich auf den Boden zu setzen.
    „Bleib hier bei ihm“,

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