Das Reich der Dunkelheit
noch ausweichen, doch zwei Demoniquianer sahen das Hindernis zu spät und kamen zu Fall.
Die Holzbrücke wurde hochgezogen. Wenn die drei nicht rechtzeitig in die Stadt gelangen konnten, würden sie ihren Feinden in die Hände fallen. Und das würde ihren sicheren Tod bedeuten. Arquimaes begriff, dass er sich etwas einfallen lassen musste.
Plötzlich merkten die Wachsoldaten, dass es ihnen unmöglich war, die Zugbrücke weiter nach oben zu bewegen.
„Sie klemmt!“, schrie einer.
Ein anderer Soldat fasste in den Mechanismus, um den Grund für den Stillstand herauszufinden. Zum Glück zog er den Arm noch rechtzeitig zurück, bevor sich das Zahnrad in entgegengesetzter Richtung zu drehen begann, wodurch die Brücke wieder hinuntergelassen wurde.
Kurz darauf wurde der Karren mit Alexias Sarg in die Stadt Carthacia gezogen. Und dann, ohne dass jemand den Mechanismus betätigte, hob sich die Brücke unverständlicherweise wieder. Die Demoniquianer hatten das Nachsehen und zogen sich laut fluchend zurück.
„Wer seid ihr?“, fragte Quilian, der Truppenführer, und trat näher an den Karren heran. „Was sucht ihr hier?“
„Wir sind Reisende auf dem Weg nach Norden“, antwortete Arquimaes. „Der Junge da ist mein Diener, und der andere ist mein Leibwächter.“
„Wie lange gedenkt ihr hierzubleiben?“
„Eine Nacht oder zwei … Wir wollen so schnell wie möglich weiter.“
„Warum haben euch die anderen verfolgt?“
„Das sind Banditen. Sie wollten uns ausrauben.“
Quilian hob das Tuch von dem Sarg und beäugte misstrauisch den Holzkasten.
„Darin liegt meine tote Tochter“, erklärte Arquimaes, der inzwischen vom Pferd gestiegen war. „Wir bringen sie nach Askalon, um sie dort zu bestatten.“
„Sie ist doch nicht etwa an der Pest gestorben?“, fragte der Truppenführer.
„Nein, Herr. Sie wurde von einem Karren überrollt, der aus einem Steinbruch kam. Sie war auf der Stelle tot.“
Quilian wollte ihn gerade auffordern, den Sarg zu öffnen, als Crispín ihm eine Frage stellte.
„Könnt Ihr uns ein Gasthaus zeigen, in dem wir unterkommen können, Herr? Wir müssen uns ausruhen, und unsere Pferde auch.“
Erst jetzt schien der Truppenführer die beiden Jungen zu bemerken. Arturo hatte eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, die auch den Drachenbuchstaben auf seiner Stirn verdeckte.
„Am Ende der Straße werdet ihr finden, was ihr sucht“, gab der Carthacianer bereitwillig Auskunft. „Und hütet euch davor, einen Streit anzuzetteln! In unseren Kerkern ist viel Platz für Querulanten …“
„Seid unbesorgt, Caballero, wir sind ehrenhafte Leute“, versicherte Arquimaes. „Ich will nur meine Tochter zur ewigen Ruhe betten.“
Quilian musterte Arturo.
„Woher hast du das Schwert?“, konnte er sich nicht enthalten zu fragen. „Zieh es aus der Scheide, damit ich es begutachten kann.“
„Das habe ich ihm geschenkt“, sagte Arquimaes. „Es ist Teil seines Lohnes. Ich habe es von einem emedianischen Waffenschmied erstanden.“
„Seid ihr Emedianer?“, fragte der Soldat. „Habt ihr an der Schlacht gegen Demónicus teilgenommen?“
„O nein, Herr! Wir leben in Drácamont, einem kleinen Marktflecken in der Nähe des Schlosses unseres ehemaligen Herrn, des Königs Benicius, auf dessen Thron nun König Frómodi sitzt.“
„Dann seid ihr Benicianer …? Gehört ihr etwa zu den aufständischen Bauern?“
„Ich versichere Euch, nein, Herr“, antwortete Arquimaes. „Ich bin nur ein untröstlicher Vater, der seine Tochter verloren hat und sie würdig bestatten möchte … Ich handle mit Stoffen.“
Quilian sah ihn argwöhnisch an, bevor er sagte: „Ich traue euch nicht. Ihr habt diese Krieger vor unsere Stadt geführt, und das ist ein schlechtes Omen. Bis zu eurer Weiterreise steht ihr unter Bewachung. Wir wollen hier keine Rebellen und Verräter.“
Und so wurden Arquimaes, Arturo und Crispín unter strenger Bewachung in die befestigte Stadt Carthacia eingelassen.
***
N ÁRNICO STELLTE DEN Weinkrug auf den Tisch und beobachtete die Schweine, die grunzend durch die Küche liefen.
„Was haben sie nur?“, fragte er.
„Keine Ahnung“, sagte die Köchin gleichgültig, „sie benehmen sich schon die ganze Zeit so merkwürdig.“
Da sah Nárnico durchs Fenster König Frómodi, der im strömenden Regen mit einem Glas Wein in der Hand weinend neben dem Schweinestall hockte. Dem Wirt tat der König leid. Er nahm einen Mantel vom Haken und ging hinaus, um seinen Gast ins
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