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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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in der Hoffnung, dem furchtbaren Einfluss dieser schrecklichen Klagelaute zu entgehen. Aber das war sinnlos. Es waren nicht die Ohren, mit denen sie das Jammern der Blumen vernahmen; es wurde direkt in den Geist eines jeden der anwesenden Elben übertragen.
»Nein, sie haben keine Seele«, erwiderte Lirandil mit fester Stimme. »Dies ist nichts weiter als ein raffinierter Schutzmechanismus, der sich über die Ewigkeiten entwickelt hat. Ihr dürft nicht zulassen, dass die Pflanzen euren Geist beeinflussen. Alles, was ihr zu sehen oder zu hören glaubt, kommt in Wahrheit aus der Tiefe eurer eigenen Seelen.«
Quälend lange Augenblicke waren die Elben der Flut aus grauenvollen, Mitleid erregenden Gedankenbildern ausgesetzt. Dann erhob sich Nathranwen. Sie hatte entschieden, genug Blumen gesammelt zu haben. Vielleicht hatte sie auch einfach
nicht länger die Kraft, sich der geistigen Angriffe dieser außergewöhnlichen Pflanzen zu erwehren. Ihr Gesicht wirkte eingefallen, und unter ihren Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet, so als hätte sie nächtelang nicht geschlafen und ein Jahrzehnt schlimmster körperlicher und seelischer Strapazen hinter sich.
Branagorn erschrak über diese Wirkung der Blumen; Nathranwen schien einen Teil ihrer Lebenskraft verloren zu haben. Wer immer auch mit dem Gedanken spielte, sich der offenbar kaum vorstellbaren Kräfte zu bedienen, die in diesen Blüten lag, musste bereit sein, einen hohen Preis dafür zu bezahlen. Und Nathranwen hatte genau dies getan, ging es Branagorn durch den Kopf.
Sie kehrte zu den anderen zurück und murmelte dabei noch immer leise zischend die uralten Formeln, während der Chor der Blumenstimmen einen immer wütenderen Unterton annahm und schließlich den Klang eines Hornissenschwarms bekam. Dann hatte es die Heilerin endlich geschafft, die Blumenkolonie zu verlassen.
»Es war klug, nicht noch mehr Blumen zu sammeln«, erklärte Lirandil, nachdem Nathranwen mit ihrem wispernden Singsang aufhörte und schwer aufatmete.
Sie drehte sich um und schaute hin zu den Blumen, deren Kelche ihr nachzublicken schienen. »Schnell!«, rief sie. »So schnell wie möglich weg von hier! Einige Momente wirkt meine Magie noch, aber wer weiß, wie lange das sein wird!«
Die Elben setzten sich sofort in Bewegung, zumal Branagorn und Isidorn diesen Befehl der Heilerin nachdrücklich unterstützten. Sie entfernten sich von der Blumenkolonie, über der wenige Augenblicke später eine ätzende Wolke aus weißem Gas hing, ausgestoßen aus mehreren tausend blau leuchtenden Blütenkelchen. Wie gebannt blieb Branagorn stehen und sah, wie ein grauer Vogel, der wohl glaubte, die
Blumenkolonie einfach überfliegen zu können, von dieser Wolke mitten im Flug erfasst wurde und im nächsten Moment bereits völlig zersetzt auf dem Boden aufschlug.
Nathranwen blickte auf die Blumen in ihrem Arm. »Das ist viel mehr, als ich je zu erhoffen wagte.«
In diesem Augenblick ließen Geräusche aus dem dichten Unterholz sie alle aufhorchen. Laute waren zu hören, welche die Athranor-Geborenen des Trupps an das Schnauben von Pferden erinnerte, und an das Stampfen von Hufen.
Thamandor griff nach seinen Einhandarmbrüsten, Lirandil nahm den Bogen von der Schulter und legte einen Pfeil auf die Sehne, während Branagorns Hand den Griff seines Schwertes umfasste. Von überall her schien der Hufschlag zu kommen.
»Das sind keine Pferde!«, flüsterte Lirandil. »Auch wenn sich der Hufschlag ähnlich anhören mag. Aber es gibt da ein paar feine Unterschiede.«
Da tauchten die Schatten von Kreaturen im Halbdunkel des Waldes auf, mindestens anderthalb Mannslängen hoch. Auf den ersten Blick wirkten sie wie die Schatten von Reitern, dann aber erkannten die Elben, dass die Oberkörper dieser
»Reiter« fest verwachsen waren mit ihren »Reittieren«; tatsächlich stellte beides nur eine Hälfte eines Zwitterwesens dar, dessen untere einem Pferd, die obere einem Elben glich.
»Zentauren!«, stieß Lirandil hervor.
7

ZENTAUREN UND TRORKS
    Die Zentauren bedachten die Elben mit Blicken, in denen sich Neugier und Misstrauen die Waage hielten. Sie waren gut gerüstet, schützten den hoch aufragenden Torso mit einem Harnisch und trugen Helme mit bunten Federbüschen. In den Händen ihrer durchweg kräftigen Arme hielten sie Bögen und Pfeile oder Speere.
»Ich hätte nie gedacht, dass sie tatsächlich existieren!«, brachte Thamandor hervor. In den Legenden der Vorzeit war von Zentauren die Rede – aber der Überlieferung

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