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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Würfel oder das
Knochenorakel befragt?«
»Weder noch.«
»Woher wisst Ihr es dann?«
»Es ist einfach Intuition, Ruwen. Wir beide können Keandir vertrauen. Davon abgesehen bin ich überzeugt davon, dass er sich im Augenblick der Gefahr durchaus zur Wehr setzen kann, auch wenn diese Eigenschaft in der langen Zeit unserer
Irrfahrt sicherlich nicht immer so trainiert werden konnte, wie es wünschenswert gewesen wäre.«
»Wie gern würde ich Eure Zuversicht teilen, Nathranwen«, sagte Ruwen und seufzte. »Allein, ich warte auf ein Zeichen, dass sich doch noch alles zum Guten wendet.«
»Was erwartet Ihr denn noch für Zeichen, Ruwen?«, fragte die Heilerin verständnislos und schüttelte energisch den Kopf; eine Geste, die so ganz im Gegensatz stand zu ihrer ansonsten sehr weichen, fließenden Art sich zu bewegen. Offenbar erregte Ruwens Äußerung ihren Widerspruch auf besondere Weise. Nathranwen trat auf Ruwen zu und fasste ihre Königin bei den schmalen Schultern. »Seht mich an, Ruwen.«
Die Gemahlin des Elbenkönigs hob den Kopf, und die Blicke der beiden Frauen begegneten sich. Weisheit und Zuversicht suchte Ruwen in den Zügen der Heilerin. Im Grunde wollte sie nichts anderes als ihr glauben, wollte dies aus tiefster Seele. Aber sie konnte nicht.
Ihre Gedanken bewegten sich in immer wiederkehrenden Schleifen, verloren die Verbindung zur unmittelbaren Gegenwart, und die Stimme der Heilerin klang wie aus weiter Ferne an ihr Ohr.
»Ruwen, Ihr habt das größte Glückszeichen erhalten, das die Mächte des Schicksals einer Elbin geben können: Ihr tragt werdendes Elbenleben unter Eurem Herzen! Dieses Zeichen des Glücks gilt Euch wie auch Eurem Gemahl, dem König der Elben, und somit unserem ganzen Volk. Also zweifelt nicht länger daran, dass alles gut werden wird!«
»Ihr zweifelt selbst, Nathranwen – wie soll ich da Zuversicht haben?«
Nathranwen stutzte, und für einen Moment verloren ihre Züge den Ausdruck der hoffnungsvollen Gleichmut, den sie Ruwen gegenüber so oft zeigte.
»Ich weiß nicht, was genau es ist«, fuhr die Königin fort,
»aber da ist etwas, das mir Eure Unsicherheit verrät. Ein Flackern in den Augen, das nicht zu Eurem Lächeln passen will – ein Zucken in Eurem Gesicht, das zu Euren Worten in stummem Widerspruch steht.«
»Ihr wisst, dass ich Euch niemals belügen würde, Ruwen«, beteuerte Nathranwen. »Bei meinem Leben und allen Göttern!«
»Das weiß ich sehr wohl…« Ruwen wandte den Blick ab und schaute hinaus zum nebelverhangenen Ufer, wo die hoch aufragenden Felsen wie schattenhafte Ungeheuer wirkten, die ständig ihre Gestalt änderten. Ein Ort böser Magie schien ihr diese Küste. So sehr sie sich auch anfangs gefreut hatte, dass endlich Land in Sicht war, so sehr wünschte sie sich inzwischen, dass diesen einsamen Strand nie ein Elbenfuß betreten hätte.
Ein Kloß steckte ihr im Hals. Sie war kaum noch in der Lage zu sprechen. Ihre eigene Stimme schien ihr fremd, klang in ihren Ohren wie ein heiseres Krächzen, eine Parodie elbischer Erhabenheit. »Nein, Nathranwen, belügen würdet Ihr mich nie. Aber ist es deshalb die Wahrheit, die Ihr sprecht? Belügt Ihr Euch vielleicht selbst?«
»Ihr wisst, meine Königin, dass ich Euch auch unbequeme Wahrheiten nie vorenthalten habe«, verteidigte sich Nathranwen.
»Auf jeden Fall nicht wissentlich«, entgegnete Ruwen mit einem matten Lächeln auf farblos gewordenen Lippen. »Doch Euch ist vielleicht selbst noch nicht bewusst, was Eure Sinne bereits klar zu erkennen vermögen.« Sie nickte, den Blick noch immer in den Nebel gerichtet. »Das geht mir auch oft so. Am Anfang steht nur ein leises Unbehagen, das sich nicht erklären oder mit irgendeinem Ereignis in Zusammenhang bringen lässt. Manchmal dauert es eine Weile bis zur Erkenntnis.
Manchmal…« Ruwen machte eine Pause und legte die Hände auf den Bauch – jenen Bauch, der sich in den nächsten Monaten wölben und schließlich neues Leben hervorbringen sollte. Sie seufzte, so als müsste sie nach Atem ringen, ehe sie in der Lage war weiterzusprechen. »Manchmal«, fuhr sie schließlich fort, und ihre Stimme klang belegt und war so leise, dass sie selbst für das feine Gehör der Heilerin nur schwer zu verstehen war, »manchmal möchte man die Wahrheit auch gar nicht wissen…«
»Ja, manchmal ist es so«, stimmte Nathranwen zu, »aber vergesst nicht, dass es nur allzu oft zu meinen Aufgaben als Heilerin gehört, auch unangenehme Wahrheiten zu verkünden. Denn nicht immer

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