Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
und Branagorn hatte es seine Festigkeit anscheinend aufgegeben – für die geflügelten Affen hingegen stellte es nach wie vor ein unüberwindliches Hindernis da. Durch das transparente Gestein war zu sehen, wie sie tobten und mit ihren Waffen sinnloserweise auf die Steinwand eindroschen. Sie konnten es einfach nicht fassen, dass ihre sicher geglaubte Beute, ihre schon dem Tod geweihten Gegner für sie plötzlich nicht mehr erreichbar waren.
Die Durchsichtigkeit des Gesteins ließ innerhalb weniger Herzschläge nach. Schon bald wurde der Blick hinaus milchig und verschwommen, bis von den tobenden Bestien mit ihren wild flatternden Lederflügeln und den barbarischen Hauern nichts mehr zu sehen war.
»Wo sind wir hier?«, stieß Keandir verwirrt hervor.
»Ich hoffe nur, dass es nicht die Magie des Bösen ist, die hier herrscht«, sagte Branagorn skeptisch.
Keandir zuckte mit den Schultern. »Es soll mir gleichgültig sein, welche Art der Hexerei hier wirksam ist. Sie hat uns das Leben gerettet, Branagorn. Daran sollten wir immer denken.«
»Gewiss, mein König.«
Es war auch dunkel geworden, als sich das Gestein wieder verfestigt hatte. Vollkommene Finsternis umgab die beiden Elben. Selbst ihre übersensiblen Augen hatten nicht mehr genug Helligkeit, um etwas erkennen zu können. Keandir berührte mit der Hand die kalte Felswand, die wieder vollkommen massiv und undurchdringlich war. Es war kaum zu glauben, dass dieser Stein noch vor wenigen Augenblicken dem Druck eines grazilen Elbenkörpers nachgegeben hatte.
Plötzlich hörten Keandir und Branagorn Schritte aus der dunklen Tiefe hinter ihnen. Schritte in absoluter Dunkelheit.
Die beiden Elben hielten den Atem an.
Die Schritte näherten sich, ehe sie schließlich stoppten.
»Wer ist da?«, fragte Keandir. Aber das Wesen in der Dunkelheit antwortete nicht. Nur sein Atem war zu hören, und der Geruch unvorstellbaren Alters breitete sich aus. Ein Geruch, der nichts zu tun hatte mit Verwesung oder Verfall. Das Atmen wurde heftiger und ging in ein Röcheln über, das vibrierte und zischte.
»Sprich, Geschöpf der Finsternis!«, rief Keandir, der in seine Stimme alle Entschlossenheit und Autorität legte, zu denen er noch fähig war. »Ich bin König Keandir, Herrscher der Elben! Nun sage mir, wer du bist!«
Wieder erhielt er keine Antwort. Stattdessen loderte plötzlich eine Flamme auf. Dann eine weitere. Innerhalb weniger Augenblicke entzündeten sich ein halbes Dutzend Fackeln, die in metallenen Halterungen an den Wänden angebracht waren.
Schatten tanzten über den Fels und über die blassen Gesichter der Elben.
Eine massige und auf zwei dicke Wanderstäbe gestützte Gestalt stand gekrümmt vor den beiden Elben. Der unförmige, verwachsene Körper war von einem groben Gewand aus grauem Tuch bedeckt. Das Erschreckendste war der kantige, unregelmäßig geformte Kopf mit dem ebenso deformierten Gesicht. Der Mund stand offen und war vollkommen zahnlos. Darüber prangte eine breite, knollige Nase. Doch dort, wo eigentlich die Augen hätten sein müssen, war – nichts.
Gar nichts!
Nicht einmal Höhlen.
Die Haut spannte sich über den Schädel. Die Stirn begann schon in Höhe der Wangenknochen.
Der Augenlose trat einen Schritt näher. Mit seinen knorrigen, sechsfingrigen Händen umfasste er die beiden Wanderstäbe. Der zur rechten war aus einem hellen Holz, das plötzlich für einen kurzen Moment von innen heraus zu strahlen schien. Schnitzereien bedeckten den gesamten Stab. Gesichter, die an Totenmasken erinnerten. Oben auf dem Stab thronte die Figur eines geflügelten Wesens, das große Ähnlichkeit mit einem Affen hatte. Die Figur war aus purem Gold.
Der zweite Stab glich dem ersten von der Größe und Form her, nur dass er aus dunklem Ebenholz war. Zahllose winzige Figuren waren hineingeschnitzt. Geisterhafte Totems mit verzerrten Gesichtern. Auf der Spitze dieses Stabes steckte ein Totenschädel, der jedoch nicht größer als eine elbische Faust war.
»Ich selbst brauche das Licht nicht – aber für Euch ist es angenehmer so, König Keandir.« Dem Elbenkönig fiel auf, dass der Augenlose zwar sprach, sich sein Mund aber nicht bewegte. Keandir war sich nicht sicher, ob er die Worte seines Gegenübers tatsächlich mit den Ohren hörte oder eine
Geisterstimme direkt mit seiner Seele sprach. Der Augenlose hob den Stab mit dem Totenkopf leicht an, woraufhin sich drei weitere Fackeln entzündeten. Eine davon steckte kaum anderthalb Schritte vom König entfernt in einem

Weitere Kostenlose Bücher