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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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Rande der Steilklippe entlang. Hier wuchsen mehrere niedrige Büsche, sodass sie die Reiter gut im Auge behalten konnten, ohne selbst entdeckt zu werden. Lena bemühte sich, ihm leise zu folgen und auf keinen Ast zu treten.
    »Wie ist es eigentlich bei denen, die nicht dem Bergvolk angehören und sterben?«
    Ragnar schnaubte missbilligend. »Die Menschen in den Städten reizen ihr Leben bis zum Letzten aus, viele von ihnen sind uralt und gebrechlich und würden den Weg hinauf in die Berge nicht mehr bewältigen. Sie sterben in den Städten, manchmal auch qualvoll. Aber letztendlich zieht auch ihr Geist hinauf in die Nebel der Ewigkeit. Die Tuavinn spüren es, wenn eine Seele auf die Reise geht, gleichgültig, ob Mensch oder Tier. Deshalb halten sie sich auch meist in den Bergen auf und ziehen umher. Nur glauben sie, manche Seelen zu spät zu finden. Diese irren umher, verwirrt und hilflos, und werden dann zu Rodhakan. Davon sind zumindest die meisten Tuavinn überzeugt.«
    »Wow, das ist schon beeindruckend, ich meine, dass die Tuavinn die Menschen trotzdem begleiten.«
    »Sie sind die Hüter der Ewigkeit und der Meinung, die Menschen würden, sobald sie ihre körperliche Hülle verlassen haben, erkennen, was wirklich zählt.«
    »Wie ist es eigentlich mit den Tuavinn?«, wollte Lena noch wissen. »Wer führt sie?«
    Ragnar hob die Schultern. »Sofern sie einen Anam Cara haben, begleitet der sie oder ein guter Freund. Großvater behauptet jedoch, die Seele eines Tuavinn würde auch allein in die Ewigkeit finden.«
    »Das ist schon alles sehr fremd für jemanden wie uns, oder nicht?«
    »Man gewöhnt sich daran.« Noch immer starrte er aufmerksam in die Tiefe.
    »Denkst du, das dort unten sind Bergleute, Ragnar?«
    »Nein, dafür sind sie zu stark bewaffnet. Ich tippe auf Krieger aus Crosgan, sieh dir nur die langen Schnurrbärte an. Außerdem tragen einige Helme mit dem eingeprägten Eberkopf – die meisten Crosganianer sind ähnlich traditionsbewusst wie die Bewohner von Erborg.«
    »Und was wollen die?«
    »Vermutlich nach Kraftorten in den Bergen suchen.«
    »Die Leute aus Crosgan sind doch diejenigen, die unbedingt zurück in unsere … ähm, in meine Welt wollen, oder nicht?«
    »Richtig.«
    Die Männer und Frauen, schwer bewaffnet mit Schwertern, Lanzen und teilweise auch Schilden, erinnerten sie unangenehm an Fürst Nemetos’ Krieger.
    »Kennen sie denn die Höhlen? Sollen wir Maredd und die anderen warnen?«, fragte Lena aufgeregt.
    »Nein, ich denke, das ist nicht nötig, solange sie sich nicht weiter bergauf bewegen.«
    »Aber wie haben sie denn hierhergefunden?«
    »Immer wieder wagen sich Crosganianer weit in die Berge hinein. Maredd ist der Meinung, einige von ihnen spüren es, wo die Kraftlinien am stärksten sind, eine Fähigkeit, die sie von ihren Vorfahren geerbt haben, denn auch in unserer alten Welt gab oder gibt es Menschen, die diese Gabe besitzen.« Abrupt blieb Ragnar stehen, fasste sie am Handgelenk und drückte sich an einen Felsen.
    »Was ist?«
    Er hatte noch nicht geantwortet, als Schreie aus der Tiefe zu ihnen klangen, und in diesem Moment spürte Lena dieses unangenehme Prickeln im Nacken, das sie schon einmal gefühlt hatte.
    »Rodhakan«, wisperte sie.
    Ragnar riss sein Schwert aus der Scheide, blickte angespannt hinab. Auch Lena beugte sich vor, bereute es jedoch sofort. In der Tiefe bot sich ihr ein Bild des Grauens. Gerade schnellte eine Schattengestalt herbei und zerrte einen Reiter vom Pferd. Die undeutlichen Konturen waberten umher, wirkten nur entfernt menschlich, dann schnellten die Arme des Rodhakan um den Mann. Dieser schrie auf und flehte um Gnade. Der Mann wand sich, versuchte zu entkommen, aber es war deutlich, dass es aus der Umarmung des Rodhakan kein Entkommen gab. Schon wurden seine Bewegungen langsamer, seine Augen, die kurz in Lenas Richtung blickten, wirkten leblos.
    Pferde suchten indes panisch das Weite, Krieger fochten einen aussichtslosen Kampf gegen die Schattenwesen, die vor den Klingen nicht einmal zurückwichen.
    »Lena!« Ragnar zerrte sie zurück, denn sie war wie erstarrt stehen geblieben, das Entsetzen ließ sie nicht los. »Nimm Devera und reite zu den Höhlen, sag Maredd und den anderen, was passiert ist.«
    »Ja«, stammelte Lena. »Aber was ist mit dir?«
    »Ich muss ihnen helfen!« Er wollte bereits losstürmen, doch Lena hielt ihn am Arm fest.
    »Nein, Ragnar, du bist ganz allein!«, presste sie bestürzt hervor.
    »Ich kann sie nicht sterben

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