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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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er Ragnar wieder fremd. Was gab ihm das Recht, sein Volk als Zukunft des Landes zu bezeichnen? »Ich weiß nicht, mir kommt das alles seltsam vor. Ich habe Everon und Luvett in der anderen Welt getroffen, und ich glaube kaum, dass sie Gutes im Schilde führen.«
    »Die beiden.« Ein verärgerter Zug legte sich um Lucas’ Mund. »Sie sind versehentlich über die Schwelle gelangt. Ragnar«, nun klangen seine Worte wieder sanft, vertraut und tröstend, »einige Male haben wir Rodhakan mitbekommen, wie du – versehentlich und ohne es zu wissen – die Pfade nach Elvancor geöffnet hast. Streit brach aus, und zunächst wurden zwei von uns hinübergesandt.«
    »Damals, in Island«, vermutete Ragnar mit dünner Stimme.
    »Richtig. Nur haben sich die Pfade immer an anderer Stelle aufgetan, und durch solch einen Zufall konnten Everon und Luvett übertreten. Sie haben tatsächlich nichts Gutes im Sinn. Und wenn du uns hilfst, mir hilfst, verspreche ich dir, werden wir sie aufspüren und vernichten.«
    »Wie soll ich dir denn helfen?« Ragnar hätte gern gewusst, was sein Vater von ihm verlangte, was noch lange nicht hieß, dass er ihm auch half.
    Sein Vater trat ganz dicht an ihn heran, seine Augen fixierten ihn. »Öffne einen Pfad in die andere Welt«, verlangte er drängend.
    War es Begierde, was Ragnar da in seinem Vater zu erkennen glaubte, oder schlichte Verzweiflung, die Angst um sein Volk?
    »Hier in Elvancor werden wir verfolgt, ermordet, aber dort drüben könnten wir mächtig sein«, beschwor ihn Lucas.
    »Macht?«, wiederholte Ragnar. »Macht ist ein sehr niederer Beweggrund.« Großes Misstrauen keimte in ihm auf, aber Lucas hielt ihn mit seinem Blick gefangen.
    »Wir werden die Geschicke der anderen Welt lenken. Vieles läuft dort in falschen Bahnen, wie du weißt. Wenn wir erst feste Gestalt angenommen haben, können wir die andere Welt neu erschaffen.«
    »Richtig oder falsch!« Ragnar hörte den Spott in seiner eigenen Stimme. Er löste sich von Lucas’ Blick und starrte zu Boden. »Wer kann schon beurteilen, was richtig und was falsch ist?«
    »Klingt es denn so falsch, den Bund der Seelen einzugehen? Verbunden zu sein mit denen, die dir wichtig sind, und sie nie zu verlieren?«
    Es klingt gut, sogar höchst verlockend , schoss es Ragnar durch den Kopf. Doch ihm kam auch ein anderer Gedanke.
    »Du bist in der anderen Welt gestorben, du kannst nicht zurück«, gab er seinem Vater zu bedenken.
    »Ich bin zu einem Rodhakan geworden. Ich mag Kraft einbüßen, wenn ich über die Schwelle trete.«
    »Und diese zurückerlangen, indem du in der anderen Welt weitere Menschen ermordest«, schlussfolgerte Ragnar. Sofern das hier tatsächlich sein Vater war, so hatte der sich doch sehr verändert, denn der Lucas, den er gekannt hatte, hätte niemals jemanden getötet. Allerhöchstens in Notwehr.
    »Wir würden achtsam sein.« Erneut lächelte Lucas einnehmend, dann streckte er seine Hand nach Ragnar aus, zog sie jedoch eilig zurück, als er bemerkte, wie dieser zurückzuckte. »Denkst du nicht, es gebe jenseits der Schwelle genügend Menschen, ohne die jene Welt besser aufgehoben wäre?« Er legte eine Pause ein, sicher gewollt. »Mörder, Diebe, korrupte Politiker, Drogenbosse, um nur einige zu nennen.«
    O ja, die gibt es! Da hatte sein Vater recht. Dennoch war Ragnar bei dem Gedanken daran mehr als unbehaglich zumute. »Natürlich gibt es genügend Verbrecher«, wandte er daher ein. »Doch es ist anmaßend, sich zum Richter über Leben und Tod und zum Henker der Verurteilten aufzuschwingen!«
    Lucas schmunzelte. »Einer muss es tun. Sonst wuchert die Verderbnis wie ein böses Geschwür. Außerdem würden wir lediglich ihre Lebenskraft nehmen. Die Seelen können wiedergeboren werden und mit einem besseren Leben neu beginnen.«
    »Maredd sagt, wer durch einen Rodhakan getötet wird, ist endgültig verloren. Seine Seele geht nicht in die Ewigkeit.«
    »Maredd.« Kurz lachte Lucas bitter auf, dann runzelte er die Stirn. »Dein Großvater ist ein kluger Mann, aber woher soll er das wissen? Hat er jemals einem Rodhakan zugehört?«
    »Nein, vermutlich nicht«, räumte Ragnar ein. »Aber sie sagen, diejenigen, die von Rodhakan getötet wurden, hat noch keiner der Tuavinn in die Ewigkeit begleitet.«
    Lucas schwieg, musterte Ragnar, dann sprach er erneut. »Auch wir Rodhakan vermögen Seelen in die Ewigkeit zu führen. Nur nehmen die Tuavinn diese Gabe für sich allein in Anspruch.«
    »Die Tuavinn, und nur die Tuavinn

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