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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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flüsterte Ragnar.
    »Ich weiß es nicht. Es bewegt sich jenseits meiner Wahrnehmung, aber was auch immer es sein mag, wir müssen achtsam sein.«
    »Gut.« Ragnar nickte dem größeren Tuavinn kurz zu, dann tat er so, als würde er in Richtung des Lagers gehen, aber nachdem er sich außerhalb von Targons Sichtweite wähnte, entfernte er sich noch weiter von den Feuern. Die Nebelschwaden umschlossen ihn wie feuchte Watte. Weich, sanft, aber gleichzeitig kroch eine eisige Furcht Ragnars Nacken empor, und er umklammerte sein Schwert fester. Die Verlockung, zurück zum tröstenden Schein des Feuers zu gehen, wurde übermächtig, und er wollte schon umdrehen, als sich eine Gestalt aus dem Nebel herausschälte.
    Ragnars Herzschlag beschleunigte sich. Er spürte, wie jene Energie ihn durchströmte, die den Tuavinn zu eigen war und die es ihnen ermöglichte, sehr viel schneller und ausdauernder zu laufen als normale Menschen. Die schemenhafte Gestalt verdichtete sich, trat auf ihn zu – und Ragnar war nicht in der Lage, sich zu rühren.
    Auch Lena fand in dieser Nacht keine Ruhe. Eine Rastlosigkeit, die sie sich selbst nicht erklären konnte, hatte sie ergriffen. Nicht weit von ihr entfernt schlief Kian, beneidenswert tief und ruhig. Auch die Fürsten lagen nahe dem Feuer in ihre Felle gewickelt, während ihre Wachen am Rande des Flammenscheins verharrten und aufmerksam in die Nacht blickten. Schon seit einiger Zeit war Etron verschwunden, sicher traf er sich mit Graha. Lenas Fingerspitzen fuhren über die Intarsien in ihrem Bogen.
    Plötzlich fuhr sie auf. Hatte sie da etwas Verdächtiges gehört? Oder spielten ihre Sinne nur verrückt? In ihr vibrierte es förmlich, und dieser Zustand machte ihr Angst. Rasch streckte sie ihre Hand aus, wollte Kian schon wachrütteln. Allerdings bemerkte sie auch, dass die Wachen ruhig blieben. Also ließ sie Kian schlafen, erhob sich aber und lauschte in die Nacht. Nichts! Nur allgegenwärtige Stille. Doch was verbarg sich in ihr?
    Sollte er die anderen warnen, um Hilfe rufen? War er am Ende schon von Rodhakan umzingelt? Ragnar spürte, wie Schweiß seinen Rücken hinabrann, seine Sinne waren seltsam geschärft. Jeden Moment konnte ihn ein Pfeil, eine Lanze oder ein Speer treffen, bestrichen mit dem Gift der Rodhakan und somit tödlich für ihn. Aber nichts dergleichen geschah.
    Nur die eine Gestalt näherte sich, streckte die Hand aus. »Ragnar, endlich. Schon seit Tagen warte ich darauf, dass du dich weit genug vom Lager entfernst.«
    Abermals stand sein Vater vor ihm, und Ragnar entspannte sich – zumindest ein wenig. Seine Augen suchten die Umgebung ab, doch kein weiterer Rodhakan zeigte sich. Dennoch, das seltsame Gefühl von Gefahr blieb.
    »Ich sehe, du misstraust mir, und das ist auch nicht verwunderlich. Aber darf ich mit dir sprechen, mein Junge?«
    »Ja«, antwortete er zögernd. So gern er sich ehrlich und von ganzem Herzen gefreut hätte, seinen Vater zu sehen, er konnte es nach wie vor nicht glauben, dass er hier war.
    »Würdest du mich noch ein Stück begleiten? Tuavinn sind in der Nähe, und ich möchte ungestört mit dir reden.«
    Zögernd nickte Ragnar, er war auf der Hut, als er seinem Vater folgte – weg von dem Lager. Am Rande einer nebelverhangenen Senke blieben sie stehen.
    »Zu gerne würde ich dich jetzt umarmen«, sagte Lucas, »aber ich denke, das wäre dir nicht recht.«
    Tatsächlich wich Ragnar sogleich zurück. »Die Umarmung eines Rodhakan ist tödlich!«
    »Also glaubst du, dass ich einer von ihnen bin.«
    »Du kommst und gehst, wie es die Schattenwesen tun. Dennoch siehst du aus wie mein Vater, weißt Dinge, die nur er wissen kann.«
    Ein Schmunzeln legte sich über Lucas’ Gesicht. »Weil ich dein Vater bin, aber auch ein Rodhakan!«
    »Das solltest du mir erklären«, forderte Ragnar ihn auf und fuhr sich über das Gesicht. »Es ist lange her, mehr als zehn Jahre, dass wir uns gesehen haben.«
    »Ich bin Lucas, wie du ihn kanntest, nur in einer anderen Daseinsform.«
    »Dein Anam Cara wurde von Rodhakan getötet. Und du willst mir erzählen, du wärst freiwillig einer von ihnen geworden?«
    »Zu Anfang war es nicht aus freien Stücken«, räumte Lucas ein, was Ragnar verwunderte. »Ich war voller Zorn und ritt mitten hinein in eine Gruppe meiner Feinde.«
    So hatte Maredd Lucas’ Tod geschildert.
    »Doch sie verschonten mich.«
    »Noch niemals hat eine Gruppe Rodhakan einen Tuavinn verschont«, fuhr Ragnar ihn an. »Und genau das bist du nämlich,

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