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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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langen Nüsse des schlanken Laubbaumes, aus denen die Tuavinn gerne Brot backten. Ein leises Jauchzen kam über ihre Lippen. Sie nahm die Zügel wieder auf und wendete ihr Pferd. Da stand Etron schon an der heruntergefallenen Frucht und nickte ihr anerkennend zu.
    »Eine gute Leistung, Lena.«
    Freudig klopfte sie ihr Pferd am Hals. »Seitdem du mir den Bogen geschnitzt hast, klappt es viel besser!«
    »Er gehört zu dir«, erwiderte Etron einfach. Seine Augen wanderten gen Himmel, dort wo Graha seine einsamen Kreise zog.
    »Du vermisst ihn, nicht wahr?«
    »Er kommt nachts zu mir, damit die Menschen ihn nicht entdecken«, verriet Etron mit gedämpfter Stimme. »Aber jetzt komm, lass uns deine Beute rösten.« Er hob die Frucht in die Höhe und begab sich zum Feuer.
    »Etron«, rief sie ihm hinterher, woraufhin er sich umdrehte, »ich glaube, ich möchte meinen Bogen dem Wind weihen. Ich bin von ihm abhängig, der fliegende Pfeil ein Teil von ihm. Nur wenn die Windverhältnisse richtig sind, treffe ich mein Ziel.«
    »Eine gute Wahl, Lena.« Etron neigte seinen Kopf. »Die Windgeister werden erfreut sein.«
    Wie auf Kommando erhob sich eine leichte Brise, wirbelte Lenas Haare auf, und für einen Moment hatte sie den Eindruck, durchscheinende Wesen würden um ihren Bogen tanzen. Fragend sah sie zu Etron hinüber, aber der schmunzelte nur.
    Nach fünf Tagen erreichten sie ein hügeliges Gebiet. Schon die ganze Zeit über hatte Lena bemerkt, wie nervös Ragnar war. Häufiger als bei den anderen Kriegern schweifte sein Blick umher, so als würde er etwas suchen. Bei der Rast am Abend ging sie zu ihm. Sie lagerten im Schutz einer bewaldeten Hügelkette, denn der Wind hatte während des Tages empfindlich aufgefrischt. Abseits der anderen saß Ragnar an einem Baum, sein Blick wanderte ruhelos umher.
    »Hast du schon gegessen?«, fragte sie ihn. Sie hielt ihm ein Stück Fladenbrot hin, aber er nahm es nur in die Hand, ohne es weiter zu beachten.
    »Danke, Lena.« Selbst als er sprach, ließ er die Umgebung nicht aus den Augen.
    »Denkst du, hier greift uns jemand an?« Besorgt beobachtete sie, wie sich die Wachen postierten.
    »Was?« So als hätte sie ihn aus seinen Gedanken gerissen, zuckte er leicht zusammen.
    »Du bist ziemlich nervös. Was ist denn los?«
    »Ich bin nicht nervös, nur vorsichtig«, behauptete er, erhob sich ruckartig und ging ohne ein weiteres Wort davon.
    Seufzend schaute Lena ihm nach. Nach wie vor war es manchmal schwer, an Ragnar heranzukommen.
    Schon seit Tagen hoffte Ragnar darauf, wieder auf seinen Vater zu treffen. Noch hegte er Zweifel daran, dass es sich wirklich um Lucas handelte, und die Ungewissheit nagte an ihm. Er war ein Kind gewesen, als Lucas gestorben oder eben nach Elvancor gegangen war, dennoch hatte er noch immer ein Bild seines Vaters vor Augen, und das, was er als Rodhakan erachtet hatte, hatte Lucas so ähnlich gesehen. Auch die vielen kleinen Begebenheiten aus ihrer gemeinsamen Zeit, von denen er erzählt hatte – all das konnte doch kein Zufall sein.
    »Aravyn, ich löse dich ab«, sagte er zu seiner Geliebten, die nicht weit entfernt Wache hielt. Auch die Krieger der Keltenfürsten nahm er in der Dämmerung wahr.
    »Gut. Du kannst Targon wecken, wenn du müde wirst.« Aravyn küsste ihn sanft auf die Lippen, und er schloss sie kurz in seine Arme, bevor er sich an einen Baum lehnte.
    Vom nahen Fluss stieg Nebel auf, wogte wie von Geisterhand bewegt zwischen den Bäumen und Büschen umher und machte es selbst Ragnar beinahe unmöglich, weiter als ein paar Schritte zu sehen.
    »Entzündet Feuer um das Lager und zieht den Wachkreis enger«, vernahm er den Befehl von Fürst Nemetos. Seine energische, scharfe Stimme war unverkennbar.
    Doch Ragnar blieb, wo er war. Die Unruhe der letzten Tage hatte sich heute noch gesteigert. Irgendetwas lag in der Luft, ein Kribbeln in seinem Inneren ließ ihn nicht zur Ruhe kommen, nicht greifbar, erklärbar, dennoch war es da. Die Nacht schritt weiter voran, und irgendwann kam Targon von selbst zu ihm. Seine hochgewachsene Gestalt erkannte Ragnar selbst durch die Nebelschwaden.
    »Geh schlafen«, sagte Aravyns Onkel knapp und nicht sehr freundlich.
    »Ich bin nicht müde, du kannst dich wieder hinlegen.«
    Strafend blickte Targon auf ihn herab. »Es ist wichtig, dass eine ausgeschlafene Wache die Gegend im Auge behält.« Unruhig spähte Targon in den Nebel. »Etwas lauert dort draußen, ich spüre es schon die ganze Zeit.«
    »Rodhakan?«,

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