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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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das Problem.« Orteagon betrachtete sie von oben herab. »Sie waren es nie!«
    »Verräter«, schrie Lena ihn an.
    Orteagon drehte sich um, das Gesicht vor Wut verzerrt, aber bevor er bei ihr war, sprang Ruven vor und schlug ihr ins Gesicht. »Schweig! Die Fürsten zu beleidigen bestätigt nur deine Schuld.« Brutal zwängte er ihr ein schmutziges Tuch als Knebel zwischen die Zähne, sodass sie nur noch gedämpfte Protestlaute von sich geben konnte.
    »Sehr gut, Ruven, bewache sie«, befahl Orteagon und schritt das Podest hinab.
    Verzweifelt schluchzte Lena auf. »Hol Kian her, bitte«, keuchte sie durch den Knebel hindurch.
    »Sei still«, knurrte Ruven jedoch nur, und ob er sie verstanden hatte, wusste sie nicht. Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte grimmig von dem Podest hinab, wo sich das Volk langsam zerstreute. Blicke streiften Lena, in einigen las sie Mitleid, in anderen Sensationsgier. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie hatte Angst, denn auch sie sollte geopfert werden, aber im Augenblick galten ihre Gedanken Ragnar. Wo hatte man ihn hingebracht? Bis sie selbst an der Reihe war, mochte noch einiges passieren. Vielleicht hatte Etron schon Hilfe gesucht. Aber Ragnar – befand er sich am Ende bereits in den Fängen der Rodhakan?
    Nachdem ihm die Wachen eine bittere Flüssigkeit eingeflößt hatten, bekam Ragnar erneut alles nur wie durch einen Schleier mit. Gefesselt hatte man ihn auf einen Wagen geworfen, nun kreisten seine Gedanken träge um Lena. Er hatte Angst um sie, niemals hätte sie dieses gefährliche Land betreten dürfen. Soweit Ragnar es feststellen konnte, brachte man ihn nach Osten. Der Wagen rumpelte auf die Berge zu, und erst als die Nacht hereinbrach, hielten sie an. Auf einem baumlosen Plateau zerrten ihn Krieger aus Erborg von der Ladefläche des Gefährts, schleiften Ragnar mit sich und banden ihn zwischen zwei schlanken Birken fest. Von hier aus konnte er hinab ins Tal sehen und auch die Monde sowie die unzähligen Sterne am Himmel erkennen.
    Martegos, eine der Wachen von Erborg, stellte sich an den Rand der Klippe und breitete die Arme aus. »Mächtige Herren der Schatten. Dies ist unser Opfer an Euch. Wir erbitten Eure Gnade, und als besondere Opfergabe werden wir Euch auch noch das Mädchen von jenseits der Schwelle bringen, auf dass Ihr uns im Kampf gegen die Tuavinn unterstützt.«
    Als würde er eine Antwort erwarten, blieb Martegos regungslos stehen, spielte nervös an den Holzperlen am Ende seines langen Schnurrbarts herum. Schließlich wandte er sich um, bedeutete den übrigen Kriegern, ihm zu folgen, und setzte sich auf den Wagen. Noch einmal warf er einen Blick zurück, dann verklang das Geräusch des Gefährts in der Ferne.
    Langsam klärten sich Ragnars Sinne. Er zerrte an seinen Fesseln, suchte mit den Augen nervös die Gegend ab. Würde sein Vater erscheinen, könnte er einen Weg finden zu überleben? Tief in sich verspürte Ragnar sogar den Wunsch, sich den Rodhakan anzuschließen, und sei es nur, um die Fürsten zu töten. Sie hatten sich mit den Schattenwesen verbrüdert, brachten Opfer, um sie zu einem Bündnis gegen die Tuavinn zu bewegen. Aber er wusste nicht, ob es Lucas sein würde, der ihn fand, oder andere dieser dunklen Brut. Nein, er durfte nicht tatenlos abwarten, musste unbedingt versuchen, sich zu befreien. Doch die Fesseln saßen stramm. Es gelang ihm lediglich einen Schritt vor- oder zurückzutreten. Niemals hatte Ragnar vor der Dunkelheit Furcht verspürt, sie eher als Freund willkommen geheißen. Doch nun hatte er das Gefühl, sie würde näher kriechen, ihn erdrücken. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Jeder Muskel war angespannt. Plötzlich glaubte er Schatten zwischen den Bäumen und Felsen zu erkennen. Er blinzelte, dachte schon, er hätte sich getäuscht. Doch da – wieder. Zwei, drei menschliche Gestalten manifestierten sich, dann lösten sich weitere aus der Dunkelheit und nahmen feste Gestalt an. Immer schneller und hektischer ging Ragnars Atem, das Blut raste durch seine Adern, und er hatte das Gefühl, zerbersten zu müssen. Was würde nun geschehen? Ein heller Feuerschein weiter im Norden ließ nicht nur Ragnar, sondern auch die Rodhakan verharren. Ein dumpfes Grollen drang aus den Tiefen der Erde. Erneut brach der Vulkan aus, und ganz unverhofft fielen auch Schneeflocken vom Himmel.

Kapitel 24
    Im Schatten der Angst
    A ngst – seitdem Lena gemeinsam mit Ragnar auf Schatzsuche gegangen war und den ersten Rodhakan in

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