Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
Vom Netzwerk:
, schoss es ihm durch den Kopf. Aravyn wird Halt bei den Tuavinn finden, selbst wenn ich nicht mehr lebe. Dann schüttelte er seine verworrenen Gedanken ab und blickte nach vorne. Ragnar wusste, dies war das Ende – so oder so.
    Doch da trat eine bekannte Gestalt vor, und Ragnars Anspannung steigerte sich sogar noch. »Vater!«, stieß er hervor.
    Lucas lächelte ihn an, gab den übrigen Rodhakan ein Zeichen, die sich nun zu Menschengestalten, teils auch zu Tieren wie Wölfen oder Bären verdichteten. Die Schattenwesen bildeten einen Kreis um ihn, und Ragnar wusste nicht, wie er die Situation einschätzen sollte.
    Ein Messer erschien in Lucas’ Hand, sein Vater schritt auf ihn zu, das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. Ragnar spannte sich an, als er mit der Waffe ausholte – und mit einer raschen Bewegung seine Fesseln durchtrennte. Er strauchelte, doch Lucas stützte ihn. In diesem Moment zuckte Ragnar zurück, riss die Augen weit auf.
    »Siehst du, du stirbst nicht, wenn ich dich berühre. Ich habe die Wahrheit gesprochen.«
    Verwirrt stand er vor seinen Vater, versuchte erneut, das Gefühl von Fremdheit zu überwinden. Er wollte ihm näherkommen, sehnte sich danach, verbunden zu sein. Sie gaben mir etwas sehr viel Wertvolleres, als mit einem Seelenfreund verbunden zu sein – den Bund der Schatten ,hallten ihmLucas’ Worte durch den Kopf, und als sein Vater die Arme ausbreitete, ließ Ragnar es zu. Seltsam fühlte sich diese Umarmung an. Es war nicht die starke, feste Umarmung, wie er sie in seiner Erinnerung trug. Stattdessen war sie kühl und substanzlos. Aber das mochte daran liegen, dass sein Vater zu einem Rodhakan geworden war. Wurde er selbst gerade zu einem? Er verspürte ein Drängen in seinem Inneren, sich tiefer in diese Umarmung fallen zu lassen, eine Art Ziehen in seinem Geist, doch da ließ Lucas ihn von selbst los. Ragnar blickte verwundert an sich hinab. Er sah aus wie immer und fühlte sich auch nicht anders.
    »Die Menschen haben dich betrogen, Ragnar«, sagte Lucas. »Sie wollten dich opfern, um ihre eigene Haut zu retten.«
    »Lena!«, stieß er hervor. »Wenn sie sie hierherbringen, dürft ihr ihr nichts tun!«
    »Schon einmal habe ich dir mein Wort gegeben.« Lucas machte eine ausladende Handbewegung. »Unser Wort. Wir werden sie retten, so wie wir dich gerettet haben.«
    »Gut.« Er seufzte erleichtert auf.
    Der Kreis der Rodhakan öffnete sich, und zwei von ihnen trieben einen Mann vor sich her. Dessen Augen waren in Panik geweitet, er bebte am ganzen Körper und ging, als würde er im Traum schlafwandeln. Nun erkannte ihn Ragnar als einen der Männer, die ihn hierhergebracht hatten. Wut keimte in ihm auf, drängte an die Oberfläche – so wie die Fontänen aus Lava, die noch immer aus dem Vulkankrater emporschossen und den Nachthimmel erhellten. Er spürte, wie seine Wangen glühten und das gelegentliche Kitzeln, wenn Schneeflocken darauffielen und sogleich dahinschmolzen.
    »Wir töten ihn, und du, du öffnest das Tor in deine alte Welt.« Lucas sah ihm eindringlich in die Augen. »Hilf uns, schließ dich uns an.«
    Nun schreckte Ragnar zurück. Schon Everon hatte ihn zwingen wollen, einen Menschen zu töten. »Lena ist aber nicht in der anderen Welt«, entgegnete er. »Sie ist hier, bei den Menschen!«
    »Ich habe dir meine Hand gereicht, Ragnar«, erklärte Lucas, der wie ein Raubtier kurz vor dem Sprung aussah. Er musterte Ragnar aus zusammengekniffenen Augen. »Reich mir nun deine Hand, während du die Pforte öffnest. Danach werden wir das Mädchen befreien.« Er zog den Kopf des wimmernden Kriegers an den Haaren in die Höhe. »Er wollte dich opfern, hätte dich ohne jegliche Skrupel denen überlassen, die er selbst fürchtete. Ohne Bedenken hätte er dich – und auch das Mädchen – sterben lassen.«
    Widerstrebende Gefühle kämpften in Ragnar. Aber letztendlich gaben Lucas’ Worte den Ausschlag. Lena – auch sie sollte hingerichtet werden. Also senkte er langsam den Kopf, beobachtete, wie Lucas dem Krieger das Messer in den Rücken rammte. Für einen Moment schloss er die Augen vor diesem Grauen, an dem auch er seinen Anteil hatte.

Kapitel 25
    Das Bergvolk
    M ächtig erhob sich die steinerne Brücke am Ostende des Berges, auf dem die Fürstensiedlung Erborg stand.
    »Zieh dir eine Kapuze ins Gesicht, Kian«, befahl Ruven. »Lena, wir müssen dich lose fesseln und knebeln, damit unsere Flucht gelingt.«
    »In Ordnung.« Sie hielt Devera an und ließ sich von Ruven

Weitere Kostenlose Bücher