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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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könnte es auch anders sein , dachte Lena gereizt.
    »… allerdings war ich damals noch ein Kind, und ich konnte mich doch nicht mehr an den Weg erinnern.« Nun huschte ein Schatten über Aravyns Gesicht. »Dann spürte ich die Anwesenheit von Rodhakan. Es waren viele, also floh ich. Unterwegs traf ich eine Frau vom Bergvolk, die mich mit hierhernahm. Sie versprach, mich mit einem Tuavinn zusammenzubringen, der unter ihnen lebt. Auf ihn warte ich nun schon seit einer Weile.«
    »Wie es aussieht, haben wir alle noch einmal Glück gehabt.«
    »Beim Licht der Ewigkeit«, stieß Aravyn hervor. »Ich bin unendlich froh, dass es Ragnar gut geht und dass er – nein, dass ihr beide«, sie legte Lena eine Hand auf die Schulter und sah ihr in die Augen, »entkommen konntet und in Sicherheit seid.«
    Lena lächelte zaghaft. In Aravyns Blick konnte sie nur Aufrichtigkeit erkennen. Vielleicht könnten wir sogar Freundinnen werden, wärst du nicht in denselben Mann verliebt wie ich , überlegte sie, und natürlich teilte auch sie Aravyns Sorge um Ragnar. »Ragnar wollte nach Nordwesten zu eurem Lager«, erwiderte sie, und dabei kam ihr ein Gedanke. Sie wollte, so schnell es ging, wieder bei Ragnar sein und fragte sich, ob sie und Aravyn nicht mithilfe der Naturwesen rasch zu ihm aufschließen konnten. Andererseits plagte sie sogleich ein schlechtes Gewissen Kian gegenüber. Zusammen mit seinem Bruder hatte er sie gerettet – Ruvens Tod war der Preis dafür gewesen. Zudem war Kian verletzt, und Lena mochte ihn nicht allein lassen. Fast schon fühlte sie sich zwischen ihm und Ragnar hin- und hergerissen.
    »Denkst du …« Es fiel ihr schwer, Aravyn um Hilfe zu bitten, aber es war besser, zumindest sie an seiner Seite zu wissen, als Ragnar allein durch die Gegend reiten zu lassen. Daher drängte Lena ihre noch immer vorhandene Eifersucht zurück. »Könntest du ihm folgen? Ich vermute, er ist bei diesem Schnee noch nicht weit gekommen. Du könntest doch die Naturgeister beschwören.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es mir gelingt«, gab Aravyn zu bedenken. »Auch als ich in diese Berge kam, hat mir weder ein Berg- noch ein Wassergeist geholfen.«
    Lena schwang sich aus dem Becken, griff nach einem Tuch und band sich dieses um den Körper. »Dann streng dich an, verdammt noch mal. Ragnar braucht dich, er ist ganz allein.«
    Überrascht sah Aravyn zu Lena auf. »Ich will es versuchen«, versprach sie. »Wenn ich mit dem Tuavinn geredet habe, von dem die Frau sprach.«
    »Du solltest besser schnell gehen«, drängte Lena. »Ragnar braucht dich wirklich dringend.«
    »Stimmt etwas nicht mit ihm?«, fragte Aravyn alarmiert. Auch sie kam aus dem Wasser und trocknete sich eilig ab.
    »Nein … ja …«, druckste Lena herum. »Findest du nicht, er verhält sich in letzter Zeit seltsam?«
    Aravyn hob die Schultern. »Sicher macht ihm die Bedrohung durch das Bündnis der Menschen mit den Rodhakan zu schaffen. Obendrein ist mein Onkel auch noch gegen unsere Verbindung.«
    Nicht nur dein Onkel , schoss es Lena durch den Kopf, doch sie schob diesen Gedanken beiseite und überlegte, ob sie Aravyn von Ragnars Begegnung mit Lucas erzählen sollte. Allerdings hatte sie Ragnar ihr Wort gegeben, dies nicht zu tun. Daher schwieg sie, auch wenn sie nicht wusste, ob das wirklich klug war. »Ich habe einfach ein schlechtes Gefühl«, meinte sie nur. »Also, Aravyn, tu mir den Gefallen und versuch, ihn zu finden.«
    Die junge Tuavinn-Kriegerin kleidete sich an, warf Lena dabei immer wieder fragende Seitenblicke zu. Sicher ahnte sie, dass Lena mehr wusste.
    »Weißt du, welche Strecke er nehmen wollte?«, erkundigte sich Aravyn, nachdem sie hinausgegangen waren. Im Gegensatz zu der dampfigen Höhle war es hier klirrend kalt, und Lena war froh um die dicken Wollhosen, das Hemd und den Mantel aus dunklem Pelz. Schwer lag er auf ihren Schultern, aber er hielt den Wind hervorragend ab.
    »Er ist mit Devera in Richtung Norden geritten. Wahrscheinlich wird er Erborg in großem Bogen umgehen, ehe er sich nach Westen wendet.«
    »Gut.« An einem der vielen kleinen Bäche, die sich aus dem Fluss am oberen Rand des Talkessels ergossen, blieb Aravyn stehen. Sie schloss die Augen, streckte ihre Hände in Richtung des träge dahinströmenden Wassers aus und verharrte eine ganze Weile. Unruhig trat Lena von einem Bein aufs andere.
    Bitte, Aravyn, du musst es schaffen ,flehte sie stumm.
    Eine lange Zeit stand die Kriegerin bewegungslos da. Als sich – scheinbar aus

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