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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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wütend auf mich bist und mich hasst, könnte ich das verstehen …«
    Ruckartig fuhr er herum. »Weshalb sollte ich dich hassen?«, fragte er ungläubig.
    »Ihr habt mich befreit. Ruven ist meinetwegen gestorben.«
    »Bei allen Geisern Elvancors, Lena, ich mache dich nicht dafür verantwortlich!«, beteuerte er. Zumindest klang er jetzt wieder so wie immer, seine Augen, wenn auch traurig, zeigten endlich Leben. Er nahm ihre Hand und zog sie ein Stück zu sich heran. »Ruven war ein Krieger. Es war seine Aufgabe, andere zu beschützen. Es hätte jederzeit geschehen können, und das war ihm auch bewusst.« Er seufzte tief. »Aber ich mache mir Vorwürfe, weil ich ihn völlig falsch eingeschätzt habe und wir uns so oft gestritten haben. Ich wünschte, wir hätten uns versöhnen können.«
    »Ihr wart Brüder, die streiten eben«, versuchte Lena ihn zu trösten.
    »Nein, unsere Zwietracht ging weit über normalen Streit hinaus«, widersprach Kian, dann schüttelte er betrübt den Kopf. »Zeitweise haben wir uns regelrecht gehasst. Alles nur wegen eines Mädchens, das es nicht wert war.«
    »Aber am Ende hat Ruven sich für dich eingesetzt, dich und auch mich gerettet.«
    »Ja.« Kian fuhr sich durch seine Haare. »Ruven hatte schließlich durchschaut, was die Menschen im Schilde führten, und mir gestanden, schon seit geraumer Zeit Zweifel an der Ehrbarkeit der Fürsten zu hegen. Lena, er war gar kein schlechter Mensch.«
    »Nein«, bestätigte sie und hob zaghaft einen Mundwinkel. »Nur ein Aufschneider, aber letztendlich ein liebenswerter.«
    »O verdammt, Lena, er fehlt mir so sehr.« Kian versteckte sein Gesicht in den Händen und drehte sich zur Wand.
    Eine Welle der Zuneigung durchflutete Lena. Sie legte ihre Arme um ihn und drückte ihr Gesicht in seine Haare. »Es muss dir nicht peinlich sein, wenn du um ihn weinst.«
    »Es ist gut, dass du hier bist«, sagte er heiser, dann ließ er seinem Kummer freien Lauf, und Lena war dankbar, ihm zumindest mit ihrer Anwesenheit Trost spenden zu können.

Kapitel 27
    Neue Zeiten
    L ena und Kian unterhielten sich noch lange miteinander, erzählten von ihren Geschwistern, ihren Familien. Kian hatte von seiner Kindheit in dem Bergdorf gesprochen, an die er sich nur noch undeutlich erinnern konnte, und davon, wie sich die Wege seines Bruders und seine eigenen einst in Talad getrennt hatten, nachdem ihre Eltern gestorben waren. Doch mitten in seiner Erzählung schlief er ein, sein Kopf sackte gegen ihre Schulter. Zärtlich strich sie ihm eine dunkelblonde Haarlocke aus der Stirn. Auch Lena war müde und erleichtert, hier im Warmen und Trockenen zu sein. Trotz ihrer Gedanken, die um Ragnar kreisten, fiel sie bald in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
    Kian war bereits wach, als sie am Morgen die Augen aufschlug. Mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht betrachtete er sie, und Lena fuhr sich verlegen durch die Haare.
    »Bist du schon lange wach?«
    »Nein, erst seit einer Weile.« Unter sichtbarer Anstrengung erhob er sich. »Kommst du mit hinaus?«
    »Bist du sicher, dass das gut für dein Bein ist?«, erkundigte sich Lena kritisch.
    »Ich weiß nicht, aber ich brauche dringend frische Luft und möchte mich ein bisschen bewegen und mich an dieser heißen Quelle säubern.«
    »Also gut.« Lena fasste ihn am Arm, sodass er langsam neben ihr herhumpeln konnte. Die Hütte war leer, und auch draußen waren kaum Menschen zu sehen. Sie begleitete Kian zu der Höhle mit der heißen Quelle, wartete draußen, bis er fertig war, und stapfte anschließend noch eine Weile mit ihm durch den Schnee. An einem flachen Felsen hielt er an, ließ sich mit einem Seufzen darauf nieder und blickte in die Höhe.
    »War wohl doch ein wenig viel mit deinem Bein, oder?«, fragte sie.
    Er zuckte lediglich die Schultern und ließ seinen Blick schweifen. »Ein faszinierendes Tal. Völlig abgeschieden, friedlich und fernab des Wahnsinns, der Elvancor befallen hat.«
    »Das ist richtig«, Lena beäugte die zu Eis erstarrten Wasserfälle, die Steilhänge und die Bäume, die an bizarre Märchengestalten erinnerten. »Nur befürchte ich, der Wahnsinn wird auf lange Sicht auch vor diesem Tal nicht haltmachen.«
    Eine mächtige Gestalt am Himmel erregte ihre Aufmerksamkeit, und auch Kians Augen weiteten sich.
    »Ein Drache«, flüsterte er, dann wurde seine Stimme ganz leise und wehmütig. »Unsere Urgroßmutter hat Ruven und mir, als wir noch ganz klein waren, immer Geschichten erzählt. Sie behauptete, wenn

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