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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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halbblütigen Tuavinn, der den Wald von Wakkarin zerstörte und dabei umkam.« Arihans dunkle Augenbrauen zogen sich zusammen. »Oder eben nicht wirklich dabei umkam.«
    »Was meinst du damit?«
    »Lena, für diese Theorie haben mich viele Tuavinn gehasst, und ich erzähle sie dir auch nur, weil ich hoffe, du kannst deinen Freund vor einem ähnlichen Schicksal bewahren.«
    »Ja, dann mach schon«, drängte sie.
    »Die meisten Geister Elvancors sind freundlich, friedlich und hilfsbereit, sofern man sie achtet und sie ehrt. Für mich sind sie die Seele Elvancors. Doch keine Seele trägt nur Gutes in sich, in jeder schlummert etwas Düsteres.«
    Ein Schauer lief über Lenas Rücken, und sie nickte gebannt. »Es gibt Wassergeister, die uns Tuavinn rasche Reisen ermöglichen, aber auch andere, weniger mächtige wie die Maryden, die gerne Menschen in ihr Reich ziehen, denn die sind nicht so stark wie Tuavinn. Und dann gibt es noch die Eibengeister. Von jeher hielten sie sich für die Herrscher der Wälder, lagen mit friedlichen Baumgeistern im Streit, wollten weder Mensch noch Tuavinn helfen und gaben uns nichts freiwillig vom Holz ihrer Bäume. Sie hielten – und halten – sich den anderen Naturwesen Elvancors überlegen, und es dürstet sie nach Macht. In übertriebenem Maße verlangen sie, verehrt zu werden, und so hielten wir uns von ihnen fern, was sie vermutlich noch mehr erzürnte. Als Tions Gefährtin an jenem schicksalhaften Tag während eines Sturmes von einer Eibe erschlagen wurde, brannte er in seinem grenzenlosen Zorn den Wald nieder. Ich war nicht dabei, aber einige von uns versuchten, ihn aufzuhalten, doch er soll von tobenden Eibengeistern mitten in die Flammen gezerrt worden sein.«
    »Aber dann ist er doch verbrannt, tot«, wunderte sich Lena.
    »Das dachten auch wir. Doch nach langer Zeit stand ich einem Rodhakan gegenüber, einem mächtigen, der bereits recht feste Formen aufwies. Zunächst die einer Bergkatze, dann die eines Tuavinn. Er nannte sich Mitras, wollte mich töten, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Vielleicht besaß er noch nicht genügend Substanz, um sicher zu sein, mich besiegen zu können, und in seinem damaligen Zustand fürchtete er meinen Schutzschild, meine Aura, wenn du es so nennen möchtest. Sie begehren und fürchten unsere Stärke in gleichem Maße. Er griff mich an, provozierte mich und sagte plötzlich: Du konntest nicht einmal einem Schwarm Maryden widerstehen, wie willst du dann mir trotzen? Das konnte nur Tion wissen, Lena. Es war ein gemeinsames Kindheitserlebnis, von dem ich niemals jemandem erzählte, weil es meinen Stolz verletzt hatte.«
    »Dann denkst du, Mitras ist in Wirklichkeit Tion?«, fragte Lena verdutzt.
    »Ich bin der Überzeugung, Tion war der erste Rodhakan. Die Eibengeister bemächtigten sich seines schwachen und von seinem Verlust angeschlagenen und verwirrten Ichs. Tion hatte ihren Wald vernichtet, und indem sie von ihm Besitz ergriffen und sich damit über jemanden erhoben, in dessen Adern Tuavinn-Blut floss, versetzten sie sogar reinblütige Tuavinn in Angst und Schrecken.« Arihan schritt langsam durch den Schnee weiter, und Lena folgte ihm. »Es dauerte, ehe mir all dies klar wurde. Aber diese Tatsache, dass Tuavinn-Mischlinge regelrecht den Verstand verlieren, wenn sie ihren Anam Cara nicht bei sich haben, dass sie angreifbar werden, einfach spurlos verschwinden, bestärkte mich in meiner Annahme. Dazu kommt die Tatsache, dass wir Tuavinn nicht von den Eibengeistern in der Nähe ihrer Wälder geduldet werden, denn sie richten ihre dunklen Kräfte auf uns. Ähnlich beklemmende Gefühle überkommen uns auch, wenn wir einem Rodhakan gegenüberstehen. Das alles brachte mich zu meiner Erkenntnis.«
    »Und weshalb glaubt dir niemand? Ich meine, deine Überlegungen klingen ein bisschen wild, aber grundsätzlich kann das doch möglich sein.« Einen Augenblick war Lena über ihre Worte selbst erstaunt, denn vor noch nicht allzu langer Zeit hätte sie nichts von all dem, was sie derzeit erlebte, für möglich gehalten.
    »Zum einen«, erklärte Arihan »beging ich jenen großen Fehler mit dem Fürsten, zum anderen halten sich die meisten Tuavinn für so stark und überlegen, dass sie nicht glauben können, von einem Eibengeist überwältigt zu werden. Ihrer Überzeugung nach können wir uns nur deshalb keiner Eibe mehr nähern, weil die Eibengeister uns nach wie vor wegen Tions Tat zürnen.«
    »Aber das ist doch so. Maredd hat mir erzählt, wegen der

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