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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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Kräften des Lebens zu lehren, um Frieden zu finden und die Seelen, die hierherkamen, ein Stück zu begleiten. Gewiss, die Tuavinn waren herausragende Krieger. Aber das Üben der Kampfkünste sollte lediglich der Vollendung ihrer geistigen Fähigkeiten dienen, dem Einswerden mit sich selbst und Elvancor. Denn eine rasch geführte Klinge ließ keine Zeit für Gedanken, die nur einen Keil zwischen Körper und Geist trieben, es blieb kein Raum für bohrende Fragen, wie sie sich nun in Maredds Kopf ausbreiteten. Hatten die Tuavinn am Ende an den Menschen versagt? Hätten sie nicht schon viel früher Maßnahmen ergreifen müssen, um den Fürsten den wahren Weg zu weisen? Stattdessen hatte sich die Verderbnis ihre eigenen Pfade eröffnet, Pfade, auf denen nun auch noch die Rodhakan wanderten. Es war ein düsterer Tag, nicht nur in des Wortes wahrer Bedeutung, sondern auch in der Geschichte von Maredds Volk. Die Tuavinn hätten eigentlich Kriegern der Seelen sein sollen, heute jedoch waren sie zu Krieger von Blut und Schatten geworden. Selbst das graue Zwielicht und der vom blutroten Widerschein des Vulkans überzogene Himmel spiegelten diese traurige Erkenntnis wider. Und so war es nicht einmal Maredd selbst, der diesen Gedanken beiseitefegte, sondern der Rodhakan, der aus einer vom Wind aufgewirbelten Schneefontäne heraus plötzlich auf ihn zuraste. Klauenhände schossen aus einem konturlosen Körper nach vorne. Doch Maredd war schneller. Er glitt zur Seite, der Rodhakan stürmte ins Leere. Noch während dieser Bewegung hatte der Tuavinn sein Schwert erhoben und hieb damit nach seinem Angreifer, der sich daraufhin auflöste und von heulenden Winden davongetragen wurde. Eine rasch geführte Klinge lässt keine Zeit für Gedanken , schoss es Maredd durch den Kopf, daher warf er sich wieder in den Kampf.
    »Ich verstehe das alles nicht«, vernahm Ragnar wie aus weiter Ferne die Stimme seiner Großmutter, »schon seit Tagen wird es kaum noch hell.« Amelia stand am Höhlenausgang und spähte, die Arme um den Körper geschlungen, hinaus in dieses sonderbare Zwielicht, das es sonst nur gab, kurz bevor der Tag zur Nacht wurde.
    »Es ist, als würden die Rodhakan alles Licht verschlucken«, erfolgte Aravyns düstere Antwort.
    Auch in dieser Nacht hatte Ragnar keinen Schlaf gefunden, musste aber gegen Morgen dennoch eingedöst sein. Er erhob sich, zog Hose, ein zweites Hemd und auch seinen Umhang an, denn Eiseskälte hatte sich in der Höhle breitgemacht.
    »Ragnar, du hättest doch noch schlafen können.« Zärtlich strich Aravyn ihm über die Wange, aber er wandte sich ab.
    »Wozu denn?«
    »Du hast seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen, du solltest dich ausruhen.«
    Höhnisch lachte er auf. »Damit ich weiter hier in dieser Höhle festsitze? Dazu brauche ich nun wirklich nicht ausgeruht sein.«
    Aravyn biss sich auf die Lippe. »Du weißt, es ist besser, du bleibst hier.«
    Wut, grenzenlose Wut flammte in ihm auf. Er stellte sich vor Aravyn und seine Großmutter. »Dort unten, am Fuße der Berge, da sterben unsere Leute, ebenso wie das Bergvolk. Ich könnte ihnen helfen und vielleicht sogar alles beenden.«
    »Du weißt, was Arihan gesagt hat – ein Bund mit den Rodhakan ist zu gefährlich«, erwiderte Amelia sanft. »Du willst die Ehre deines Vaters wiederherstellen, möchtest für dich selbst klarmachen, dass es ihn noch immer gibt, aber Lucas, der nicht nur dein Vater, sondern auch …«, Amelia brach ab, Tränen traten in ihre Augen, »auch mein Sohn war, gibt es nicht mehr.«
    Ragnar ballte die Fäuste, weigerte sich, diesen Worten Gehör zu schenken. »Lasst mich doch alle in Ruhe!«, schrie er, stürmte an den beiden Frauen vorbei in die Haupthöhle, wo noch immer zahlreiche Verletzte lagen. Diese Unruhe, dieses Gefühl, nutzlos zu sein, machte Ragnar wahnsinnig. Er wollte hinaus, gegen die Rodhakan kämpfen, die anders waren als sein Vater, und er wollte den Übrigen beweisen, dass Lucas nichts Schlechtes im Sinn hatte. Dazu kamen die ständigen Gedanken an Lena. Würde es ihr gelingen, ein Mittel zu finden, das den Tuavinn half? Vor zwei Nächten war Gheros gestorben. Taramin selbst hatte seinen Geist zu den Gipfeln von Avarinn begleitet und war noch immer nicht zurückgekehrt. Vermutlich führte sie weitere Seelen in die Ewigkeit, denn Opfer gab es viele zu betrauern.
    Wie stets seit der Abreise von Etron, Lena und Eryn stand Arihan am Höhleneingang. Groß, düster und, wie Ragnar wusste, nur dazu da, um ihn

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