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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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Zinken. »Das kann ich riechen.«
    »Ich achte auf sie«, erfolgte Kians gelassener Kommentar. Nachdem die Alte aus der Tür verschwunden war, murmelte er jedoch: »Sie sollte besser an ihrem Hemd riechen und es mal wieder waschen.«
    Das brachte Lena zum Kichern, denn die alte Frau hatte in der Tat einen strengen Duft verströmt. Voller Dankbarkeit lächelte sie den jungen Mann an und hoffte, sie möge sich in ihm nicht täuschen.
    Draußen auf dem Marktplatz herrschte großes Gedränge. Frauen und Kinder, Krieger und Alte bepackten ihre Fuhrwerke. Wieder andere waren zu Fuß auf dem Weg, mit einem Bündel auf dem Rücken oder kleinen Karren, die sie hinter sich herzogen.
    »Wir können auf diesem Bierwagen mitfahren.« Kian steuerte auf ein mit Fässern beladenes Fuhrwerk zu.
    Dummerweise saß ausgerechnet die alte Irba neben dem Kutscher und warf Lena giftige Blicke zu, als sie sich mit Kian auf dem letzten freien Platz der Ladefläche niederließ. Als der Wagen losrumpelte, mussten sich die beiden kräftigen Braunen mächtig ins Zeug legen, denn die Fässer mit ihrem Inhalt wogen vermutlich schwer.
    Der Weg bergab war von Menschen übersät, sie schienen aus der ganzen Stadt zu kommen. Nachdem Talad auf einem Hügel lag, musste Lena spontan an einen Ameisenhaufen denken. Dennoch blieben alle gelassen. Die Fußgänger machten den Reitern oder Kutschen Platz, und am Tor wurden sie nacheinander hindurchgewunken.
    »Wie lange werden wir unterwegs sein?«, erkundigte sich Lena.
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Weshalb nicht? Ist das etwa verboten, weil ich eine Gefangene bin?«, regte sich Lena auf.
    »Nein!«, entgegnete Kian empört. »Ich vermag es nicht zu sagen. Manchmal geht die Sonne fünfmal auf, dann wieder zwanzigmal.«
    »Hä?« Lena verstand die Welt nicht mehr, aber Kian schien nicht minder verwirrt. »Du musst doch wissen, wie lange eine Reise dauert. Man kann ja nicht immer unterschiedlich lange unterwegs sein.«
    »Doch, selbstverständlich ist es so.«
    Beim besten Willen konnte Lena nicht sagen, ob Kian sie jetzt gerade verspottete oder die Wahrheit sprach. Sie betrachtete ihn eingehend. Doch seine Miene war ernst, keineswegs wirkte er wie jemand, der sie gerade auf den Arm nahm. Stattdessen las sie in seinen Augen eine Spur von Verwirrung. Vermutlich irritierten ihn ihre Fragen genauso sehr wie sie seine Antworten.
    Bald hatte auch ihr Gefährt Talad verlassen, und sie entschloss sich dazu, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Entweder Kian wollte ihr nicht verraten, wie lange sie brauchten, oder das war wieder so eine Besonderheit Elvancors. Noch einmal drehte sie sich um. Mächtig ragten die nördlichen Berge von Avarinn hinter Talad auf. Wie Lena mittlerweile wusste, umringte dieses Gebirge ganz Elvancor wie eine gewaltige Mauer, die allerlei Geheimnisse verbarg, zum Beispiel die Ewigkeit. Allerdings konnte sie sich darunter kaum etwas vorstellen. Daher wandte sie sich lieber wieder dem Land vor ihr zu. Die Gegend hier war größtenteils gerodet, zahlreiche Felder lagen vor der Stadt, auf denen hier und da sogar gearbeitet wurde. Die meisten Bewohner dieses Landstriches wanderten, ritten oder fuhren jedoch auf der breiten Straße in Richtung Süden. Unweit eines Flusses führte der von vielen Füßen oder Wagenspuren ausgetretene Weg entlang, der nur an wenigen Stellen mit Steinen befestigt war. Lena überlegte, dass sie heute, da die Sonne angenehm warm vom Himmel schien, Glück hatten. Bei Regen würde sich diese Straße sicher in einen kaum passierbaren Sumpf verwandeln. Sie krempelte sich die Ärmel hoch, dabei beobachtete sie Kian heimlich. Der blickte jedem der Reiter, die sie überholten, mit gerunzelter Stirn hinterher.
    »Was ist?«, fragte sie.
    Ertappt fuhr er herum. »Nichts«, antwortete er unfreundlich.
    Aber Lena bemerkte sehr wohl, dass ihm irgendetwas überhaupt nicht gefiel. Später trabte ein junger Krieger heran. Wie Kian trug er eine helle Lederhose, ein weites Hemd und einen Lederharnisch darüber. Lässig saß er im Sattel. Sein sonnengebräuntes Gesicht bildete einen interessanten Kontrast zu dem schulterlangen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen, blonden Haar, aus dem sich ein paar Strähnen gelöst hatten und ihm ins Gesicht fielen.
    »Na, Kian, so ist das, wenn man ein Leben rettet. Anschließend muss man Kindermädchen spielen.«
    »Halt den Mund, Ruven«, knurrte Kian, wobei sich seine Miene noch mehr verfinsterte.
    Der junge Mann dagegen lachte lauthals, stieß

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