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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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und berührend, dass Lena einfach stehen bleiben musste. Sie besangen die magische Triade, das Geschenk des Lebens und die Geister des Windes. Begleitet wurden sie von einer leisen Flöte, welche die klaren Stimmen so wunderbar untermalte, dass sich Lena sämtliche Haare an den Unterarmen aufstellten.
    Kian bemerkte erst ein paar Schritte später, dass sie nicht mehr hinter ihm war, und drehte sich eilig um. »Was hast du?«
    »Das ist wunderschön«, flüsterte sie ergriffen.
    Auch Kian lauschte eine Weile, dann lächelte er. »Komm, es werden noch viele Sänger das Triadenfest bereichern.«
    Nur widerstrebend ließ sie sich von Kian weiterführen. Der Gesang folgte ihnen auch noch in die nächste Gasse, verblasste aber, als sie einen kleinen Platz erreichten. Mehrere Wagen standen hier nebeneinander, die Pferde fraßen Heu aus einer langen Holzraufe, und überall wuselten Menschen geschäftig umher. Kian sah sich um, dann steuerte er direkt auf seinen Onkel zu, wechselte kurz einige Worte mit ihm, die Lena nicht verstand, und eilte davon. Bevor sie fragen konnte, ob sie mitkommen sollte, war Ureat schon bei ihr. Er musterte sie kurz und fasste sie am Arm.
    »Kannst du dich erinnern? Stammst du aus Ceadd?«
    »Ich denke nicht«, antwortete Lena vorsichtig.
    Er seufzte tief, schob sie dann zu einem der Wagen. »Du kannst den Männern und Frauen beim Abladen der Waren helfen.«
    Der Klang seiner Worte ließ keinen Zweifel daran, dass Lena zu gehorchen hatte, und so lud sie Gemüse, Brot und Tonwaren von den Wagen. Heute sah sie zum ersten Mal auch den Messermann mit den vielen Narben an den Armen wieder – eine Frau nannte ihn Teros. Schon beim Rat war er ihr aufgefallen. Er nickte ihr zu, diesmal nicht einmal unfreundlich, und machte sich daran, kleine Fässer aufzuschichten.
    Nachdem das meiste Gemüse abgeladen war, erschien auch Kian wieder. Seine Haare sahen frisch gewaschen aus und waren zu einem Pferdeschwanz gebunden, was sein markantes Gesicht noch mehr betonte. Jetzt trug er eine dunkle Lederhose, hohe Stiefel, ein dunkelrotes Hemd sowie einen sauber polierten Lederharnisch darüber.
    Nicht übel , schoss es Lena durch den Kopf. Unter anderen Umständen hätte Kian ihr durchaus gefallen. Aber sie sehnte sich nach Ragnar, wollte eigentlich nur fort von hier. Außerdem musste sie plötzlich an zu Hause denken. Vermisste sie schon jemand? Vermutlich nicht. So unvorstellbar es für sie war, falls Maredd die Wahrheit gesagt hatte, war für ihre Eltern und ihre Oma kaum Zeit vergangen, sodass sich niemand wunderte, wo sie abgeblieben war. Dort wusste ja kein Mensch, dass es Elvancor überhaupt gab, dass Ragnar lebte, ebenso wie Amelia.
    »Lena?« Auf einmal stand Kian vor ihr und ruckelte an dem breiten Silberring herum, der um seinen Hals hing.
    »Ja?«
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Doch, doch.« Auch wenn sie ihm jetzt gerne gesagt hätte, dass er gut aussah, verkniff sie sich das. Am Ende hätte er ihre Worte falsch ausgelegt. Daher stemmte sie die Hände in die Hüften. »Und jetzt?«, fragte sie unternehmungslustig.
    Kian sah hinauf in den Himmel. Die wenigen Wolken waren in einen sanften rötlichen Glanz getaucht, Vögel zogen weit oben in keilförmigen Formationen vorbei. »Wir gehen zum Hauptplatz und hören uns die Ansprache der Fürsten an.«
    Auf diese Fürsten war Lena schon lange gespannt, daher nickte sie eifrig. Sicheren Schrittes führte Kian sie durch die Stadt. Bald wurde das Gedränge immer dichter, und Kian legte seinen Arm um sie, damit sie nicht getrennt wurden. Das war Lena ganz recht, denn die meisten Männer und selbst die Frauen waren deutlich größer als sie; bestimmt hätte sie Kian schnell aus dem Blick verloren.
    Viele der Menschen trugen prächtige Waffen und stellten allerlei Schmuck aus Gold, Silber oder Edelsteinen zur Schau. Kian manövrierte Lena durch die Menschenmassen, und bald schon hatten sie einen völlig überfüllten Platz erreicht. In der Mitte ragte eine Säule empor; silbern schillernd und so hoch wie das höchste Gebäude ganz am Ende dieses Hofes dominierte sie die Szenerie. In dem schimmernden Metall spiegelten sich die Menschen, und als Lena und Kian näher kamen, konnte auch sie sich betrachten. Auch wenn sie mit ihrem Äußeren immer recht kritisch war, musste sie zugeben, dass ihr dieses Kleid gut stand. Normalerweise trug sie höchstens mal einen Minirock, aber ihr neues Gewand passte zu ihr, und so drehte sie sich von rechts nach links. Zumindest fiel sie

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