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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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dagegen.«
    »Ich will keine Waffen.« Lena zupfte an ihren Kleidern herum. »Aber ich hätte gerne etwas anzuziehen, das mir passt.«
    »Ach, wirklich?«
    »Ja, ich sehe aus wie eine Vogelscheuche, und die ganzen anderen Frauen haben so hübscheGewänder.« Bewundernd schaute sie einer Frau nach, deren dunkelblaues Kleid in weichen Wellen auf den Boden herabhing und zu ihrem hüftlangen Zopf passte. Kleine blaue Perlen hatte sie in ihr hellblondes Haar geflochten.
    »Vogelscheuche?« Er verzog den Mund. »Welche Vögel sollten denn von dir verscheucht werden?« Aber bevor Lena zu einer Erklärung ansetzen konnte, nahm er sie an der Hand und geleitete sie zu einem Stand an der Mauer. Dort wurden zahlreiche Kleider angeboten. Manche üppig verziert, andere eher schlicht gehalten.
    »Wir kommen aus Talad«, erklärte Kian mit fester Stimme dem Mann, der die Kleider anbot. »Lena benötigt ein neues Kleid, Tuchmacher.«
    Die Augen des Tuchmachers wanderten über Lena. Seine längliche Nase kräuselte sich zu zahlreichen Falten, als er sie betrachtete. »Wir werden ein Kinderkleid nehmen müssen, sie ist klein und dürr«, bemerkte er mit heiserer Stimme.
    Sofort schoss Lena die Schamesröte in die Wangen.
    Schneller als sie etwas entgegnen konnte, hatte der Tuchmacher Kians Schwert an der Kehle liegen. »Du sollst sie nicht beleidigen, sondern einkleiden.«
    Der Mann zog ein säuerliches Gesicht und schob das Schwert behutsam zur Seite. »Das war keine Beleidigung, es entspricht den Tatsachen«, entgegnete er trocken, begann jedoch gleichzeitig, in einer Kiste zu wühlen.
    Am liebsten wäre Lena wieder gegangen. Sie hatte sich eigentlich immer für halbwegs ansehnlich gehalten, aber womöglich hatte man hier etwas andere Schönheitsideale als in ihrer eigenen Welt.
    Kian schien ihre Stimmung zu bemerken und zwinkerte ihr zu. »Manch kleiner Mensch hat mehr Größe in sich als ein Riese«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Das war nett gemeint, dennoch ärgerte sie sich, wurde jedoch abgelenkt, als der Tuchmacher mehrere Kleider auf seiner Holztheke ausbreitete. Nacheinander hielt Lena sie sich vor den Körper. Einige waren zu lang, andere seltsam geschnitten. Ein hellblaues Kleid gefiel ihr recht gut, aber Kian schüttelte den Kopf. »Nimm das hier.«
    Dieses Gewand war von einem zarten Grünton, das Oberteil korsettartig geschnürt, mit langen Ärmeln, der Ausschnitt mit dunkelgrünen Knoten verziert. »Es passt zu deinen Augen.«
    Lena nahm das Kleidungsstück an sich, zu gerne hätte sie jetzt einen Spiegel gehabt.
    »Du kannst es dort anziehen«, knurrte der Tuchmacher, wobei er auf ein Holzgestell mit Vorhang deutete.
    Also verschwand sie dahinter, hatte zunächst Schwierigkeiten mit der Schnürung und trat nach einer Weile hervor. Kian stand einfach nur da, betrachtete sie stumm und sagte keinen Ton.
    »So schlimm?« Lena drehte sich unsicher um. »Soll ich doch lieber das blaue nehmen?«
    »Nein!«, hielt sie Kians Ruf zurück. »Du siehst bezaubernd aus.«
    Lena stutzte und blickte an sich herab. Bezaubernd – das hatte noch niemals jemand zu ihr gesagt. Scharf, cool, stylisch – das waren Begriffe aus Kevins Wortschatz gewesen. Aber Kian sah nicht so aus, als hätte er einen Witz gemacht, und Lena räusperte sich verlegen. »Es ist ein bisschen zu lang.«
    »Ich wollte es ja nicht erwähnen«, fauchte der Tuchmacher, »sonst hätte der junge Krieger mich bestimmt gleich wieder bedroht.« Mit gerümpfter Nase blickte er zu Kian. »Darf ich es abändern?«
    Dieser nickte nur stumm, woraufhin sich der Tuchmacher vor Lena auf den Boden kniete und ihren Saum umnähte.
    Lena zupfte an ihrem Ausschnitt herum, wünschte sich eine üppigere Oberweite. Zumindest an der Taille saß es gut, war weder zu weit noch zu eng und durch die Schnürung gut zu regulieren. Ab der Hüfte fiel es in weichen Falten bis auf den Boden. Zum Glück war der Tuchmacher bald fertig, nickte zufrieden und wandte sich schließlich einer älteren Frau zu, die sich ebenfalls Stoffe besah.
    Lena nahm ihre alten Sachen und stopfte sie in den Beutel mit ihrer Jeans und Ragnars Pullover, denn Rock und Tunika wollte sie für die Rückreise aufheben.
    »Wir gehen zum Haus von Onkel Ureats Schwester. Dort werden die meisten aus Talad ihr Lager aufgebaut haben.«
    Kian führte sie durch weitere Gassen, gesäumt von prächtigen Häusern, kleinen Plätzen mit Brunnen und Marktständen. Auf einer Bühne sangen drei Frauen ein Lied. Ihre Stimmen waren so intensiv

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