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Das Reich der Schatten

Das Reich der Schatten

Titel: Das Reich der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aileen P. Roberts
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könnten.
    »Seid auf der Hut, wenn ihr hinübertretet«, warnte Maredd dennoch seine Freunde. »Ihr wisst, in diesem Moment seid ihr am verwundbarsten.«
    »Sind die Kraftlinien in der Tat so schwach in der anderen Welt?«, fragte Wenlann.
    »Schwächer als hier – nur noch wenige besitzen das alte Wissen.«
    Bevor Lena nachhaken konnte, hielten sie inne. Eigentlich hatte sie etwas Spektakuläres erwartet. Eine prächtige Höhle, einen Wasserfall oder vielleicht auch besondere Kristalle. Stattdessen befanden sie sich nun in einer Grotte, die kaum mehr als zehn Menschen fassen würde.
    Die Tuavinn starrten allesamt auf den Boden, kurz darauf nickten sie nacheinander. Lena hingegen wusste gar nicht, was es da zu nicken gab. Damals, an der Esperhöhle, hatte sie die magischen Linien gesehen; auch ihr Amulett wurde nicht warm so wie beim ersten Mal, als sie über die Schwelle getreten war.
    Sie knieten sich auf den Boden, und Maredd bedeutete ihr mit einem Blick, es ihnen gleichzutun.
    »Geister der Steine, wir erbeten den Einlass in die Tiefen der Berge von Avarinn zu den Orten der Macht.«
    Lena schrie leise auf, als der Boden unter ihr unvermittelt zu beben begann, nein, er bebte nicht, sondern verwandelte sich in einen Strudel, so als würde das Gestein sich verflüssigen. Dann ging alles ganz schnell. Lena wurde nach unten gezogen, die Welt um sie herum färbte sich grau, und plötzlich fanden sie sich in einer weiteren Höhle wieder – Lena mit zitternden Beinen und rasendem Puls. Dieser Raum erstreckte sich weit in sämtliche Richtungen. Von den Decken hingen so viele nadelspitze Tropfsteine, dass Lena glaubte, im Maul eines Drachen eingeschlossen zu sein. Überall ragten Stalagmiten empor und erinnerten an einen Steinkreis. Etwas Warmes drückte plötzlich auf ihre Brust, und nun erkannte sie es wieder – das magische Pulsieren des Amuletts. Die Silber- und Bronzestränge wirbelten umher, und auch auf dem Boden entdeckte sie zahlreiche filigrane Linien.
    Fasziniert sah Lena zu Maredd, und dieser lächelte beruhigend. Ilragar und Wenlann verbeugten sich vor Lena.
    »Wir bedanken uns für deine Hilfe und werden deine Welt von den Rodhakan befreien.« Wenlanns Worte klangen wie ein Versprechen, und wenn es tatsächlich so etwas wie Jagdfieber gab, so hatte Lena es soeben in den Augen der beiden aufblitzen sehen.
    Das Licht wirbelte um die zwei Männer herum, schloss sie ein, und für einen winzigen Moment glaubte Lena, schemenhaft etwas hinter dem Leuchten ausmachen zu können. Vielleicht war es ebenfalls eine Höhle oder auch nur ein großer Felsen. Aber da waren die beiden Tuavinn schon verschwunden. Die Linien blieben, ebenso der helle Schimmer in dem Stalagmitensteinkreis. Ein weiteres Erlebnis, das sie mit Staunen erfüllte.
    »Komm«, verlangte Maredd. Seine Stimme hallte unnatürlich laut durch die Stille, die zurückgeblieben war. »Du solltest dich entfernen, damit die Schwelle wieder verschlossen wird.«
    Sogleich sprang Lena aus dem magischen Kreis.
    Maredd blieb in der Mitte stehen, hob eine Hand und wirkte höchst konzentriert. »Ich möchte nur sichergehen, dass kein Rodhakan hier hindurchschlüpft.«
    Lena wich weiter zurück und verharrte an der Höhlenwand. Sie hielt den Atem an.
    Wie gebannt starrte sie auf die verschlungenen Linien, und eine Gänsehaut kroch ihr über die Arme, als sie daran dachte, dass Rodhakan unbemerkt über die Schwelle treten könnten. »Kannst du es fühlen, wenn einer hier auftaucht?«, fragte sie und merkte selbst, wie dünn ihre Stimme klang.
    Maredd antwortet nicht, er wartete ab.
    Endlich verblassten die Linien im Fels, und Lena stieß erleichtert die Luft aus.
    »Wollen Rodhakan die Schwelle überqueren, nehmen sie für kurze Zeit die Gestalt von Rauch oder feinem Nebel an. Doch nichts dergleichen ist geschehen, sonst hätte ich es gespürt.«
    »Sehr gut.« Trotz seiner Erklärung war Lena nervös und ausgesprochen froh, als Maredds angespannte Schultern sich senkten.
    Er nahm seine Hand vom Schwertknauf und trat aus dem Stalagmitenkreis. »Ich bin glücklich, dass die Kraftlinien sich stets so rasch lösen und sich der Übergang schließt, wenn man das Amulett benutzt. An Tagen, an denen sich die Linien von selbst verbinden, bleiben sie manchmal bis zum folgenden Tag oder länger bestehen, und wir Tuavinn müssen sehr achtsam sein.«
    »Das alles ist mir so fremd«, flüsterte Lena.
    Väterlich streichelte Maredd ihr über die Haare. »Auch wir haben das

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