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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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    Duiker verließ das Zeltlager, immer noch gebückt wegen des unaufhörlich niederprasselnden Regens. Ein Stück voraus ragten die Tore der imperialen Befestigung auf. Gut möglich, dass er innerhalb der nächsten Stunde ein paar Antworten auf seine Fragen erhalten würde, denn dann würde er Coltaine vom Krähen-Clan Auge in Auge gegenüberstehen.
    Er überquerte den von tiefen Furchen durchzogenen Weg, platschte durch die matschigen Pfützen, die sich in den Spuren von Pferdehufen und Wagenrädern gebildet hatten, und stieg dann die schlammige Steigung zum Torhaus hinauf.
    Zwei Wachen, die ihre Kapuzen hochgeschlagen hatten, kamen in Sicht, als er den schmalen Seiteneingang des Tores erreichte.
    »Heute gibt's keine Petitionen, Dosii«, sagte einer der malazanischen Soldaten. »Versuch's morgen wieder.«
    Duiker löste die Spange seines Mantels und öffnete ihn, um die imperiale Brosche an seiner Tunika vorzuzeigen. »Die Faust hat eine Besprechung einberufen, stimmt's?«
    Die beiden Soldaten salutierten und traten einen Schritt zurück. Der, der eben gesprochen hatte, lächelte entschuldigend. »Ich wusste nicht, dass Ihr zu dem anderen gehört«, sagte er.
    »Zu welchem anderen?«
    »Er ist gerade vor ein paar Minuten hier durchgekommen, Historiker.«
    »Ah, ja, natürlich.« Duiker nickte den beiden Männern zu und trat durch das Seitentor ein. Auf dem Steinfußboden des schmalen Durchgangs zeichneten sich schlammige Fußstapfen von einem Paar Mokassins ab. Stirnrunzelnd ging der Historiker weiter, bis er den innen liegenden Hof erreichte. Links von ihm verlief ein überdachter, erhöhter Fußweg an der Mauer entlang; wahrscheinlich führte er zum Seiteneingang des flachen, fantasielosen Gebäudes, das das Hauptquartier beherbergte. Da er ohnehin schon nass war, beschloss Duiker, den Weg zu ignorieren und stattdessen den Hof in Richtung des Haupteingangs zu überqueren. Während er dahinschritt, stellte er fest, dass der Mann, der kurz vor ihm gekommen war, das Gleiche getan hatte. Seine mittlerweile voll Wasser stehenden Fußspuren verrieten einen säbelbeinigen Gang. Das Stirnrunzeln des Historikers verstärkte sich.
    Er erreichte den Eingang, in dem eine weitere Wache auftauchte, die Duiker den Weg zum Besprechungszimmer wies. Als er sich der doppelflügeligen Tür näherte, suchte der Historiker nach den Fußspuren des Mannes, doch hier gab es keine. Anscheinend hatte er einen anderen Raum in diesem Gebäude aufgesucht. Mit einem Achselzucken öffnete Duiker die Tür.
    Das Ratszimmer hatte eine niedrige Decke, und die Wände waren unverputzt und mit weißer Farbe gestrichen. Der Raum wurde von einem langen Marmortisch beherrscht, der etwas merkwürdig Unfertiges hatte, was daran liegen mochte, dass es keine Stühle gab. Mallick Rel, Kulp, Coltaine und ein weiterer wickanischer Offizier waren bereits da. Alle drehten sich um, als der Historiker den Raum betrat. Reis Augenbrauen hoben sich in gelinder Überraschung. Anscheinend hatte er nicht gewusst, dass Coltaine Duiker eine Einladung zu dieser Besprechung geschickt hatte. War es die Absicht der neuen Faust gewesen, den Priester aus dem Gleichgewicht zu bringen, indem er ihn ganz bewusst in Unkenntnis gelassen hatte? Nach kurzem Zögern schob der Historiker diesen Gedanken beiseite. Es war weitaus wahrscheinlicher, dass der neue Kommandostab noch nicht voll durchorganisiert war.
    Die Stühle waren ganz gezielt für diese Besprechung entfernt worden, wie man an den Spuren sehen konnte, die die Stuhlbeine im weißen Staub auf dem Fußboden hinterlassen hatten. Sowohl Mallick Rel als auch Kulp konnte man das Unbehagen anmerken, das daher rührte, dass sie nicht wussten, wo oder wie sie sich hinstellen sollten. Der Jhistal-Priester Maels verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere; er hatte seine Hände in die Ärmel gesteckt, und auf seiner schweißbedeckten Stirn spiegelte sich der grelle Schein der Laternen, die auf dem Tisch standen. Kulp sah aus, als suchte er verzweifelt nach einer Wand, gegen die er sich lehnen konnte, doch er war ganz offensichtlich unsicher, wie die Wickaner auf eine solch lässige Pose reagieren würden.
    Innerlich lächelnd zog Duiker seinen nassen Umhang aus und hängte ihn an einen alten Fackelhalter neben der Tür. Dann drehte er sich um und trat ein paar Schritte vor, um sich der neuen Faust vorzustellen; Coltaine stand an der ihm zugewandten Seite des Tisches, und zu seiner Linken befand sich ein Offizier – ein

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