Das Reich der Sieben Städte
Bult.
»Ich fürchte, in einigen Dingen noch nicht genug«, sagte Duiker langsam. Er blickte Coltaine an. »Ich wäre dreist genug, Euch in dieser Besprechung zu beraten, Faust.«
Während Coltaine antwortete, wanderte sein Blick zu Mallick Rel. »Und Ihr fürchtet, anmaßend zu sein, denn Ihr werdet Dinge sagen, die mir nicht gefallen werden. Vielleicht werde ich Bult den Auftrag erteilen, das zu Ende zu bringen, was er vor vielen Jahren begonnen hat, wenn ich höre, was Ihr mir erzählt. Das verrät mir viel«, schloss er, »über die Situation in Aren.«
»Davon weiß ich nicht allzu viel«, sagte Duiker. Er spürte, wie ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. »Aber von Euch weiß ich noch weniger, Faust.«
Coltaines Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Duiker fühlte sich unwillkürlich an eine Kobra erinnert, die sich mit kaltem, starrem Blick langsam vor ihm aufrichtete.
»Eine Frage«, erklang Mallick Reis Stimme. »Hat die Besprechung begonnen?«
»Noch nicht«, erwiderte Coltaine langsam. »Wir warten noch auf meinen Waerloga.«
Bei diesen Worten sog der Priester Maels scharf die Luft ein. Kulp trat einen Schritt vor.
Duiker hatte plötzlich eine furchtbar trockene Kehle. Er räusperte sich, dann sagte er: »Hat die Imperatrix in ihrem ersten Jahr auf dem Thron nicht befohlen, dass alle wickanischen Magier, äh ... ausgerottet werden sollten? Und hat es daraufhin nicht Massenhinrichtungen gegeben? Ich erinnere mich daran, die äußeren Wälle von Unta gesehen zu haben ...«
»Es hat mehrere Tage lang gedauert, bis sie gestorben sind«, sagte Bult. »Sie hingen von eisernen Dornen, bis die Krähen gekommen sind, um ihre Seelen einzusammeln. Wir haben unsere Kinder zur Stadtmauer gebracht, damit sie sich die Stammesälteren ansehen konnten, die auf Befehl der kurzhaarigen Frau ihr Leben lassen mussten. Wir haben ihnen Narben der Erinnerung gegeben, um die Wahrheit am Leben zu halten.«
»Nun, inzwischen dient Ihr der Imperatrix«, sagte Duiker und beobachtete Coltaines Gesicht.
»Die kurzhaarige Frau weiß nichts von den Gepflogenheiten der Wickaner«, sagte Bult. »Die Krähen, die in ihrem Inneren die Seelen der mächtigsten Waerlogas getragen hatten, sind zu unserem Volk zurückgekehrt und haben auf jede neue Geburt gewartet; so ist die Macht der Älteren zu uns zurückgekehrt.«
Ein Seiteneingang, den Duiker zuvor überhaupt nicht bemerkt hatte, öffnete sich. Eine große, krummbeinige Gestalt betrat den Raum; ihr Gesicht war im Schatten einer Ziegenkopf-Kapuze verborgen. Als sie sie jetzt zurückschlug, enthüllte sie das glatte Gesicht eines Jungen, der nicht mehr als zehn Jahre zählen konnte. Der Blick aus den dunklen Augen des Jungen kreuzte sich mit dem des Historikers.
»Dies ist Sormo E'nath«, sagte Coltaine.
»Sormo E'nath war ein alter Mann, und er ist vor Unta hingerichtet worden«, schnappte Kulp. »Er war der mächtigste Waerloga, und die Imperatrix hat ihm eine ganz besondere Behandlung zukommen lassen. Es heißt, dass er elf Tage an der Mauer gebraucht haben soll, um zu sterben. Das da ist nicht Sormo E'nath. Das ist ein Junge.«
»Elf Tage«, brummte Bult. »Eine Krähe allein konnte seine Seele nicht aufnehmen. Deshalb ist jeden Tag eine andere gekommen, bis nichts mehr da war. Elf Tage, elf Krähen. So groß war Sormos Macht, sein Lebenswille, und so groß war die Ehre, die ihm die schwarz gefiederten Geister erwiesen haben. Elf sind zu ihm gekommen. Elf.«
»Zauberei der Älteren«, flüsterte Mallick Rel. »Die ältesten Schriftrollen enthalten Hinweise auf solche Dinge. Dieser Junge wird Sormo E'nath genannt. Ist er wirklich der wieder geborene Waerloga?«
»Auch die Rhivi von Genabackis glauben an derartige Dinge«, sagte Duiker. »Ein Neugeborenes kann das Gefäß für eine Seele werden, die das Tor des Vermummten noch nicht passiert hat.«
Jetzt sprach der Junge. Seine Stimme war noch hell, doch sie kippte gelegentlich ab; dieser Junge würde schon bald ein Mann sein. »Ich bin Sormo E'nath, der in seinem Brustbein die Erinnerung an einen eisernen Dorn mit sich herumträgt. Elf Krähen waren bei meiner Geburt zugegen.« Er schob seinen Umhang über die Schultern zurück. »Heute war ich zufällig bei einem Ritual der Weissagung zugegen, und in der Menge habe ich den Historiker Duiker gesehen. Gemeinsam wurden wir Zeugen einer Vision, die von einem Geist mit großer Macht gesendet wurde, einem Geist, dessen Gesicht eines unter vielen ist. Dieser Geist hat
Weitere Kostenlose Bücher