Das Reich der Sieben Städte
finster dreinblickender Veteran, dessen breites, flaches Gesicht sich in eine diagonale Narbe zu falten schien, die von der Kinnlinie rechts unten zur linken Augenbraue verlief.
»Ich bin Duiker«, sagte der Historiker. »Imperialer Historiker des Imperiums.« Er verbeugte sich halb. »Willkommen in Hissar, Faust!« Aus der Nähe konnte er erkennen, dass vierzig Jahre auf den nordwickanischen Ebenen von Quon Tali nicht spurlos am Kriegsführer des Krähen-Clans vorbeigegangen waren. Sein schmales, ausdrucksloses Gesicht war von Falten durchzogen, er hatte tiefe Kerben um den schmallippigen, breiten Mund, und häufiges Blinzeln hatte ein Netz von Fältchen um seine dunklen, tief in ihren Höhlen liegenden Augen herum entstehen lassen. Ölige Zöpfe, in die Krähenfedern-Fetische eingeflochten waren, hingen ihm über die Schultern. Er war groß und trug ein ziemlich mitgenommenes Kettenhemd über einem Fellwams; ein Umhang aus Krähenfedern, der ihm bis zu den Kniekehlen reichte, hing von seinen breiten Schultern. Er trug Reithosen, die an der Außenseite bis hinauf zur Hüfte geschnürt waren, und unter seinem linken Arm war der Horngriff eines Langmessers zu sehen.
Als Antwort auf Duikers Worte neigte er leicht den Kopf. »Als ich Euch das letzte Mal gesehen habe«, sagte er mit seinem rauen wickanischen Akzent, »habt Ihr fiebernd auf dem Feldbett des Imperators gelegen, und es hatte den Anschein, als würdet Ihr gleich aufstehen und das Tor des Vermummten durchschreiten.« Er machte eine kurze Pause. »Bult war der junge Krieger, dessen Lanze Euch die Seite aufgerissen hatte, und für diese Tat hat ein Soldat namens Dujek Bult sein Schwert schmecken lassen.« Coltaine drehte sich langsam zur Seite, um den narbigen Wickaner neben ihm anzulächeln.
Der finstere Gesichtsausdruck des grauhaarigen Reiterkriegers änderte sich nicht, als er Duiker anstarrte. Nach einem kurzen Augenblick schüttelte er den Kopf und holte tief Luft. »Ich erinnere mich an einen Mann ohne Rüstung. Da er keine Waffen in den Händen hielt, habe ich meine Lanze im letzten Moment zur Seite gelenkt. Ich erinnere mich an Dujeks Schwert, das mir meine Schönheit gestohlen hat, obwohl ihn im gleichen Augenblick mein Pferd in den Arm biss und den Knochen zermalmte. Ich erinnere mich, dass Dujek diesen Arm an die Feldscher verloren hat, da er vom Atem meines Pferdes faulig war. Unter uns gesagt habe ich den Schlagabtausch verloren, denn der Verlust eines Armes hat Dujeks glorreicher Karriere nicht geschadet, wohingegen der Verlust meiner Schönheit mich mit dem einen Weib sitzen ließ, das ich schon hatte.«
»War sie nicht deine Schwester, Bult?«
»Das war sie, Coltaine. Und blind.«
Beide Wickaner verstummten; der eine runzelte die Stirn, während der andere noch immer finster dreinblickte.
Von der Stelle, wo Kulp stand, kam so etwas wie ein ersticktes Grunzen. Duiker wölbte langsam eine Augenbraue. »Es tut mir Leid, Bult«, sagte er. »Obwohl ich damals auf dem Schlachtfeld war, habe ich weder Coltaine noch Euch gesehen. Wie auch immer, ich hatte nichts von einem irgendwie gearteten Verlust Eurer Schönheit bemerkt.«
Der Veteran nickte. »Man muss schon genau hinsehen, das stimmt.«
»Vielleicht«, sagte Mallick Rel, »wäre es jetzt an der Zeit, auf die Scherze zu verzichten, so unterhaltsam sie auch sein mögen, und mit der Besprechung zu beginnen.«
»Wenn ich so weit bin«, sagte Coltaine beiläufig; er musterte Duiker noch immer.
Bult brummte. »Sagt mir, Historiker, was hat Euch dazu gebracht, das Schlachtfeld ohne Waffen zu betreten?«
»Vielleicht hatte ich sie in dem Durcheinander verloren.«
»Nein, das hattet Ihr nicht. Ihr habt keinen Gürtel getragen, keine Schwertscheide, keinen Schild ...«
Duiker zuckte die Schultern. »Wenn ich Ereignisse aufzeichnen will, die für das Imperium von Wichtigkeit sind, dann muss ich mittendrin sein, mein Herr.«
»Werdet Ihr einen genauso verwegenen Eifer an den Tag legen, um die Ereignisse unter Coltaines Kommando aufzuzeichnen?«
»Eifer? Oh, ja, mein Herr. Wie verwegen er allerdings sein wird ...«, sagte Duiker seufzend, »nun, um meinen Mut ist es heutzutage leider nicht mehr so bestellt wie früher. Jetzt trage ich eine Rüstung, wenn ich in die Schlacht ziehe, und ein kurzes Schwert und einen Schild. Und einen Helm. Ich bin von Leibwächtern umgeben und mindestens eine Länge vom eigentlichen Kampf geschehen entfernt.«
»Die Jahre haben Euch Weisheit geschenkt«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher