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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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die Zeit, in der seine Macht in voller Blüte steht. Habt Ihr ihn beobachtet? Er hat einen Pfeil auf den Priester abgeschossen und dann schweigend dagestanden und abgewartet, was passieren würde.«
    »Aber Ihr habt behauptet, dass das alles nur erlogen wäre.«
    »Es besteht keine Notwendigkeit, Sormo wissen zu lassen, wie empfindlich meine Nase ist. Und ich werde ihn auch in Zukunft so behandeln, als wäre er ein Knabe, ein Hochstapler. Wenn ich Glück habe, wird er mir einfach keine Beachtung schenken.«
    Duiker zögerte. Die Luft in dem Raum war abgestanden, und als er tief Atem holte, hatte er den Geschmack von Staub auf der Zunge. »Kulp«, sagte er schließlich.
    »Also gut, Historiker, worum wollt Ihr mich bitten?«
    »Es hat nichts mit Coltaine zu tun, auch nicht mit Mallick Rel oder Sormo E'nath. Ich brauche Eure Hilfe.«
    »Wobei?«
    »Ich möchte einen Gefangenen befreien.«
    Der Kader-Magier hob die Brauen. »Einen, der im Gefängnis von Hissar hockt? Ich habe keine Macht über die Stadtwache, Historiker.«
    »Nein, er ist nicht im Stadtgefängnis. In diesem Fall handelt es sich um einen Gefangenen des Imperiums.«
    »Und wo wird er gefangen gehalten?«
    »Er wurde in die Sklaverei verkauft, Kulp. Er ist in den Otataral-Minen.«
    Der Kader-Magier starrte ihn entgeistert an. »Beim Atem des Vermummten, Duiker, Ihr bittet einen Magier um Hilfe? Ihr glaubt wirklich, ich würde freiwillig auch nur in die Nähe der Otataral-Minen gehen? Otataral vernichtet Magie, treibt Magier in den Wahnsinn -«
    »Ihr müsst nicht in die Minen, Kulp. Ihr müsst nur auf ein Boot vor der Küste der Insel, nicht weiter«, unterbrach ihn Duiker. »Das verspreche ich Euch.«
    »Um den Gefangenen aufzulesen – und dann was zu tun? Von einer Kriegsgaleere der Dosii verfolgt wie ein Wahnsinniger zu rudern?«
    Duiker grinste. »Irgendwas in dieser Richtung, ja.«
    Kulp starrte auf die geschlossene Tür, dann schaute er sich die zertrümmerten Möbelstücke an, als würden sie ihm erst jetzt auffallen. »Wer hat dieses Zimmer früher benutzt?«
    »Es war das Dienstzimmer von Faust Torlom«, antwortete Duiker. »Hier hat der Dryjhna-Assassine sie in jener Nacht gefunden.«
    Kulp nickte langsam. »Und war es Zufall, dass wir uns ausgerechnet dieses Zimmer ausgesucht haben?«
    »Ich hoffe es.«
    »Ich auch, Historiker.«
    »Werdet Ihr mir helfen?«
    »Dieser Gefangene – wer ist es?«
    »Heboric Leichte Hand.«
    Kulp nickte ein zweites Mal langsam. »Lasst mich darüber nachdenken, Duiker.«
    »Darf ich fragen, was Euch zu denken gibt?«
    Kulp machte ein finsteres Gesicht. »Der Gedanke, das dann noch ein verräterischer Historiker mehr in der Welt herumläuft, was sonst?«
     
    Die Heilige Stadt Ehrlitan war eine Stadt aus weißen Steinen, die vom Hafen aus anstieg und einen großen Hügel mit flacher Kuppe umgab und einschloss, der als Jen'rahb bekannt war. Man glaubte, dass eine der ersten Städte der Welt unter Jen'rahb begraben lag und dass irgendwo in dem zusammengepressten Schutt der Thron der Sieben Beschützer wartete, der den Legenden nach gar kein Thron war, sondern ein Zimmer, in dem sich ein Kreis aus sieben erhöhten Podesten befand, die jeweils von einem der sieben Aufgestiegenen geweiht worden waren, die ausgezogen waren, das Reich der Sieben Städte zu gründen. Ehrlitan war tausend Jahre alt, doch man glaubte, dass Jen'rahb, die alte Stadt, die nun ein Hügel aus Schotter war, neunmal so alt sein sollte.
    Ein früher Falah'd von Ehrlitan hatte damit begonnen, ausgedehnte, prachtvolle Bauwerke auf der flachen Kuppe von Jen'rahb zu errichten, um die Stadt zu ehren, die unter den Straßen begraben lag. Die Steinbrüche entlang der Nordküste waren ausgeplündert und ganze Hänge völlig abgetragen worden, zehn Tonnen schwere Blöcke aus weißem Marmor waren geglättet und mit dem Schiff nach Ehrlitan transportiert, dann durch die tiefer liegenden Viertel gezogen und zu den Rampen geschafft worden, die hinauf zur Hügelkuppe führten. Wie Edelsteine auf der Krone einer Jungfrau erhoben sich Tempel, Herrenhäuser, Gärten, Kuppeln, Türme und der Palast des Falah'd auf Jen'rahb.
    Zehn Jahre, nachdem der letzte Block an seinen Platz gebracht worden war, hatte die uralte, begrabene Stadt... gezuckt. Unterirdische Bogengänge waren unter der gewaltigen Last der Falah'd-Krone zusammengebrochen, Mauern waren eingestürzt, Fundamente waren seitwärts in Straßen hineingerutscht, die völlig von Staub ausgefüllt gewesen waren.

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