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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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was du zurückweist«, brummte Beneth.
    »Bula würde mich mit in ihr Bett nehmen«, sagte sie. »Du könntest zusehen, vielleicht auch mitmachen. Sie würde uns sicher was aufwärmen. Sogar noch eine zweite Portion.«
    »Sie ist alt genug, um deine Mutter zu sein«, grollte Beneth.
    Und du könntest mein Vater sein. Doch sie hörte, wie sich der Rhythmus seiner Atemzüge veränderte. »Sie ist rund und weich und warm, Beneth. Überleg es dir.«
    Sie wusste, dass er das tun würde, und der Gedanke, dass sie bei ihm einziehen sollte, würde vergehen. Zumindest für diese Nacht. Heboric hat Unrecht. Es hat keinen Sinn, an morgen zu denken. Nur an die nächste Stunde, jede Stunde. Bleib am Leben, Felisin, und lebe gut, wenn du kannst. Eines Tages wirst du deiner Schwester von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, und das Meer aus Blut, das dann aus ihren Adern fließen wird, wird nicht genug sein – obwohl es ausreichen wird, wenn all ihr Blut geflossen ist. Bleib am Leben, Mädchen, das ist alles, woran du denken musst. Versuche, zu überleben – diese Stunde, die nächste Stunde...
    Sie schob ihre Hand in die von Beneth, als sie die Tür der Schänke erreichten, und spürte in seiner Handfläche den Schweiß, der von den Gedanken und Wünschen herrührte, die sie in ihm geweckt hatte.
    Eines Tages, Schwester, von Angesicht zu Angesicht!
     
    Heboric war noch wach; in Decken eingewickelt hockte er neben dem Herdfeuer. Er schaute auf, als Felisin in das Zimmer hochgestiegen kam und die Bodenluke schloss. Sie nahm ein Schaffell aus einer Kiste und legte es sich um die Schultern.
    »Willst du mich glauben machen, du würdest an dem Leben, das du dir erwählt hast, allmählich Gefallen finden? In Nächten wie dieser frage ich mich das manchmal.«
    »Ich habe gedacht, du wärst es langsam leid, Urteile zu fällen, Heboric«, sagte Felisin, während sie einen Weinschlauch von einem Haken nahm und auf der Suche nach einem sauberen Gefäß einen Stapel Flaschenkürbis-Schalen durchsuchte. »Ich nehme an, Baudin ist noch nicht zurück. Es scheint, als wäre selbst die kleine Aufgabe, unsere Tassen sauber zu machen, zu viel für ihn.« Sie fand schließlich eine Schale, die als sauber durchgehen konnte, wenn man nicht allzu genau hinschaute, drückte den Weinschlauch und füllte sie.
    »Das wird dich austrocknen«, bemerkte Heboric. »Und es ist auch nicht die erste Schale Wein in dieser Nacht, da könnte ich wetten.«
    »Hör auf damit, meinen Vater zu spielen, alter Mann.«
    Der tätowierte Mann seufzte. »Der Vermummte soll deine Schwester holen«, murmelte er. »Sie hat nicht einfach nur gewollt, dass du stirbst. Sie hat lieber dafür gesorgt, dass ihre vierzehn Jahre alte Schwester zur Hure wird. Wenn Fener meine Gebete erhört, wird Tavores Schicksal weit schlimmer sein als ihre Verbrechen.«
    Felisin leerte die Schale zur Hälfte, während sie Heboric aus verschleierten Augen musterte. »Ich bin letzten Monat fünfzehn geworden«, sagte sie.
    Ihre Blicke kreuzten sich einen kurzen Moment lang, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder dem Herdfeuer zuwandte; seine Augen wirkten auf einmal sehr alt.
    Felisin füllte die Schale erneut, dann setzte sie sich zu Heboric an die rechteckige, erhöhte Feuerstelle. Der Dung in dem irdenen Becken brannte fast ohne Rauch. Das Podest, auf dem das Becken stand, war glasiert und mit Wasser gefüllt. Durch das Feuer warm gehalten, wurde das Wasser zum Waschen und Baden benutzt, während das Podest genügend Wärme ausstrahlte, um die Nachtkühle aus dem Zimmer zu vertreiben. Fetzen der bei den Dosii üblichen Spinnteppiche und Riedmatten bedeckten die Bodendielen. Das ganze Gebäude erhob sich auf Stelzen fünf Fuß hoch über dem Sand.
    Felisin setzte sich auf einen niedrigen Holzstuhl und streckte ihre kalten Füße dem Podest entgegen. »Ich habe dich heute bei den Karren gesehen«, sagte sie. Ihre Aussprache war ein bisschen undeutlich. »Gunnip ist mit einer Rute neben dir hergelaufen.«
    Heboric grunzte. »Darüber haben sie sich den ganzen Tag köstlich amüsiert. Gunnip hat den Wachen erzählt, er würde Fliegen totschlagen.«
    »Haben seine Hiebe dir die Haut aufgerissen?«
    »Hm. Aber du weißt, dass Feners Spuren mich schnell wieder heilen.«
    »Die Wunden schon, aber nicht den Schmerz. Ich habe schließlich Augen im Kopf, Heboric.«
    Der Blick, den er ihr zuwarf, passte zu seinen sarkastischen Worten. »Ich bin überrascht, dass du überhaupt etwas sehen kannst, Mädchen.

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