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Das Reich der Sieben Städte

Das Reich der Sieben Städte

Titel: Das Reich der Sieben Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Städte
    sich in gold'nem Glanz erheben,
    hat selbst der Staub Augen.
     
    Sprichwort der Debrahl
     
    E ine Gruppe verschwitzter, verdreckter Männer versammelte sich, als die letzten Leichen beiseite geschafft wurden. Noch immer hing die Staubwolke unbeweglich über dem Eingang zur Mine, so wie fast schon den ganzen Morgen, seit der Abschnitt am hinteren Ende der Tiefen Mine eingestürzt war. Von Beneth angetrieben, hatten die Sklaven wie die Verrückten geschuftet, um die gut dreißig Kameraden zu retten, die bei dem Einsturz verschüttet worden waren.
    Kein Einziger hatte überlebt. Mit ausdruckslosem Gesicht sah Felisin zusammen mit einem Dutzend anderer Sklaven von der Ruherampe an der Mündung von Krümmungen aus zu, während sie darauf warteten, dass die frisch gefüllten Wasserflaschen kamen. Die Hitze hatte selbst die am tiefsten gelegenen Abschnitte der Minen in kochende, triefende Öfen verwandelt. Unter der Erde brachen die Sklaven stündlich zu Dutzenden zusammen.
    Auf der anderen Seite der Grube pflügte Heboric die ausgetrocknete Erde von Tieferd. Er war jetzt schon mehr als eine Woche hier, und die bessere Luft sowie die leichtere Arbeit – schließlich brauchte er keine mit Steinen beladenen Karren mehr zu ziehen – hatten seiner Gesundheit gut getan. Genau wie die Ladung Limonen, die man ihm auf Beneths Geheiß gebracht hatte.
    Hätte sie nicht für seine Verlegung gesorgt, wäre Heboric jetzt tot, sein Körper zermalmt unter Tonnen von Felsgestein. Er verdankte ihr sein Leben.
    Diese Erkenntnis verschaffte Felisin nur wenig Befriedigung. Sie sprachen kaum noch miteinander. Den Kopf benebelt vom Durhang-Rauch, schaffte Felisin es gerade noch, sich jede Nacht von Bula nach Hause zu schleppen. Sie schlief viele Stunden, doch dieser Schlaf brachte keine Erholung. Die Tage in Krümmungen zogen wie unter einem langen, betäubenden Dunstschleier an ihr vorüber. Sogar Beneth hatte sich schon beklagt, dass sie so ... apathisch geworden sei, wenn sie miteinander im Bett waren.
    Das Poltern und Quietschen der Wasserkarren, die auf der unebenen Arbeitsstraße näher kamen, wurde lauter, doch Felisin konnte den Blick nicht von den Rettern abwenden, die die zerquetschten Leiber bereitlegten, damit der Leichenwagen sie abholen konnte. Dem, was sie von der Szene sehen konnte, schien ein Hauch des Jammers anzuhaften, doch selbst dieses bisschen Mitleid aufzubringen erschien ihr wie eine zu große Anstrengung.
    Trotz ihres betäubten Zustands ging sie zu Beneth und wollte benutzt werden, öfter und immer öfter. Sie spürte ihn auf, wenn er betrunken und großzügig war und dahintorkelte, wenn er sie seinen Freunden oder Bula oder anderen Frauen anbot.
    Du bist abgestumpft, Mädchen, hatte Heboric bei einem der wenigen Male gesagt, als er mit ihr gesprochen hatte. Doch dein Hunger nach Gefühlen wird größer und größer, bis schließlich schon Schmerz genügen wird. Aber du suchst an den falschen Orten.
    An den falschen Orten. Was wusste er denn schon von falschen Orten? Der hintere Abschnitt der Tiefen Mine war ein falscher Ort. Der Schacht, in den die Leichen hineingeworfen wurden, das war ein falscher Ort. Alle anderen Orte sind schon fast gut genug.
    Sie war jetzt bereit, zu Beneth zu ziehen und auf diese Weise die Wahl, die sie getroffen hatte, zu unterstreichen. Vielleicht schon in ein paar Tagen. Nächste Woche. Bald. Sie hatte immer so großes Aufhebens um ihre Unabhängigkeit gemacht, doch es zeigte sich, dass es gar nicht so schwer war, sie aufzugeben.
    »He, Mädel!«
    Blinzelnd schaute Felisin auf. Es war der junge malazanische Wächter, derjenige, der Beneth einst gewarnt hatte... vor langer, langer Zeit.
    Der Soldat grinste. »Hast du das Zitat schon gefunden?«
    »Was?«
    »Das Zitat aus dem Munde Kellanveds, Mädchen.« Der junge Soldat runzelte die Stirn. »Ich hatte dir vorgeschlagen, du solltest jemanden suchen, der den Rest der Stelle kennt, die ich zitiert habe.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
    Er griff ihr unters Kinn und hob ihr Gesicht an; sie konnte an ihrem Kinn und ihrer Wange die Schwielen an Zeigefinger und Daumen seiner Schwerthand spüren. Als er ihre Haare beiseite schob, zuckte sie in dem grellen Licht zusammen. »Durhang«, flüsterte er. »Beim Herzen der Königin, Mädchen, du siehst heute zehn Jahre älter aus als letztes Mal. Und es ist gerade mal zwei Wochen her, seit ich dich zuletzt gesehen habe.«
    »Frag Beneth«, murmelte sie und entzog sich seinem

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