Das Reich der Sieben Städte
Wirbelwind kommt.«
Sawark machte ein finsteres Gesicht. »Noch mehr von diesem Unsinn. Kein Wunder, dass du mir diese Informationen umsonst gibst, Beneth. Sie sind wertlos.«
»Das habe ich anfangs auch gedacht, aber dann ...«
»Was hast du mir sonst noch zu sagen?«
Beneth senkte den Blick zu dem Hauptbuch auf dem Tisch. »Ihr habt die Toten von heute Morgen eingetragen? Habt Ihr den Namen gefunden, den Ihr gesucht habt?«
»Ich habe keinen bestimmten Namen gesucht, Beneth. Du denkst, du hättest etwas erraten, aber da gibt es nichts. Ich verliere allmählich die Geduld.«
»Unter den Opfern waren vier Magier ...«
»Das reicht! Warum bist du hier?«
Beneth zuckte die Schultern, als würde er jedweden Verdacht, den er noch haben mochte, abschütteln. »Ein Geschenk«, sagte er und deutete auf Felisin. »Sehr jung. Fügsam und gelehrig, aber niemals gierig. Leicht lenkbar – macht mit ihr, was Ihr wollt, Sawark.«
Der Gesichtsausdruck des Hauptmanns wurde noch finsterer.
»Als Gegenleistung«, fuhr Beneth fort, »möchte ich nur die Antwort auf eine einzige Frage: Heute Morgen ist der Sklave Baudin eingelocht worden – warum?«
Felisin blinzelte. Baudin? Sie schüttelte den Kopf, versuchte, den Nebel zu vertreiben, der ihre wachen Stunden prägte. War das hier wichtig?
»Er wurde nach Beginn der Sperrstunde in der Peitschengasse angetroffen. Er konnte zunächst entkommen, doch einer meiner Männer hat ihn erkannt, und so konnte er heute Morgen festgenommen werden.« Der Blick aus Sawarks wässrigen Augen wanderte endlich zu Felisin hinüber. »Sehr jung, hast du gesagt? Wie alt – achtzehn, neunzehn? Du wirst alt, Beneth, wenn du das sehr jung nennst.«
Sie spürte, wie seine Blicke sie abtasteten wie geisterhafte Hände. Dieses Mal war das Gefühl alles andere als angenehm. Sie unterdrückte einen Schauder.
»Sie ist fünfzehn, Sawark. Aber erfahren. Ist mit der vorletzten Schiffsladung angekommen.«
Die Augen des Hauptmanns richteten sich erneut auf sie, sein Blick wurde noch prüfender. Und dann sah sie verwundert, wie alles Blut aus seinem Gesicht wich.
Beneth sprang auf. »Ich werde eine andere schicken. Zwei junge Mädchen aus der letzten Ladung.« Er trat zu Felisin und zog sie hoch. »Ich garantiere, dass Ihr mehr als zufrieden sein werdet, Hauptmann. Sie werden innerhalb der nächsten Stunde hier ...«
»Beneth.« Sawarks Stimme war sanft. »Baudin arbeitet doch für dich, oder?«
»Er ist ein Bekannter, Sawark. Keiner meiner Vertrauten. Ich habe gefragt, weil er in der Mannschaft von meinem Abschnitt ist. Ein starker Mann weniger wird uns langsamer werden lassen, wenn Ihr ihn auch morgen noch festhaltet.«
»Damit musst du leben, Beneth.«
Keiner glaubt dem anderen. Der Gedanke war wie das Aufflackern eines lang vergessenen Bewusstseins in Felisin. Sie holte tief Luft. Da passiert etwas. Ich muss darüber nachdenken. Ich muss zuhören. Jetzt zuhören.
Zur Antwort auf Sawarks Vorschlag seufzte Beneth schwer. »Dann werde ich wohl genau das tun müssen. Bis später also, Hauptmann.«
Felisin leistete keinen Widerstand, als Beneth sie auf die Treppe zuschob. Er würdigte den Wächter der Feste keiner Antwort, als der Mann in höhnischem Tonfall etwas sagte, sondern zerrte sie über den Ring. Schwer atmend stieß er sie in den Schatten einer Seitengasse und riss sie herum.
Seine Stimme klang rau und krächzend. »Wer bist du, Mädchen, seine Tochter, die er vor langer Zeit verloren hat ? Beim Atem des Vermummten! Komm zu dir! Erklär mir, was da gerade eben in diesem Zimmer passiert ist. Und was ist mit Baudin? Was für ein Verhältnis hast du zu Baudin? Los, antworte!«
»Er ... er ist nichts ...«
Sein Handrücken traf ihr Gesicht mit der Wucht eines Sacks voller Steine. Lichtblitze explodierten hinter Felisins Augen, als sie seitwärts hinfiel. Sie blieb reglos im verrottenden Abfall der Seitengasse liegen; Blut strömte aus ihrer Nase. Halb betäubt starrte sie den nur wenige Fingerbreit entfernten Erdboden an, sah zu, wie sich die rote Flüssigkeit im Staub verteilte.
Beneth riss sie hoch und stieß sie gegen eine holzverkleidete Mauer. »Dein vollständiger Name, Schätzchen! Na los, sag ihn mir!«
»Felisin«, murmelte sie, »nur Felisin ...«
Mit einem wütenden Knurren hob er erneut die Hand.
Sie starrte auf die Spuren, die ihre Zähne knapp oberhalb der Knöchel zurückgelassen hatten. »Nein, bitte nicht! Ich schwöre es! Ich war ein Findelkind ...«
Ein
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